II. Wissenschaftliche Vorträge
Union der Akademien positiv beurteilt, was uns Planungssicherheit bis 2028
gibt. Außerdem wird im April 2024 Herr Professor Michael Radich, der bisheri-
ge Vizeleiter des Projektes, die Leitung übernehmen. Ich werde dann sein Vize
sein.
In meinem Überblick über das Projekt als Ganzes stelle ich es zunächst in
den Kontext der deutsch-chinesischen Beziehungen der letzten Jahrzehnte. Bald
nach der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepu-
blik und China 1972 hatte ein kluger Ministerialbeamter die Idee, die Direkto-
ren der sieben wichtigsten Museen Chinas nach Deutschland einzuladen. In der
Folge sandte China drei Kunstausstellungen nach Deutschland, 1984 Bilder der
Ming und Qing-Zeit nach Baden-Baden; 1993 die größte Zahl von Figuren der
Terrakottaarmee des Ersten Kaisers, die je ins Ausland geschickt worden waren,
nach Dortmund; und 1985 die spektakuläre Show „Palastmuseum Peking, Schätze
aus der Verbotenen Stadt" nach Berlin. Sie war mit 390.000 Besuchern die erfolg-
reichste Ausstellung des Jahres in Deutschland.
Eine weitere Phase der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Chi-
na auf den Gebieten der Kunstgeschichte und Archäologie begann in den 1990er
Jahren. Fast zwei Jahrzehnte kooperierten zwei deutsche Spitzeninstitutionen der
Denkmalpflege, das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege in München und
das Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz, mit chinesischen Institu-
tionen. Die Ergebnisse wurden in zahlreichen Publikationen und auch wieder in
Ausstellungen, u. a. in Bonn, München, und London präsentiert. Die nächste Pha-
se war die Lancierung des Langzeitprojektes der Erforschung der Steinsutras durch
unsere Akademie im Jahr 2005. Es ist das umfangreichste Kooperationsprojekt in
den Geisteswissenschaften zwischen einem europäischen Land und China.
In der zweiten Vogelschau auf unser Projekt möchte ich das Corpus der in
Stein gemeißelten buddhistischen Sutras in China kunsthistorisch und historisch
verorten. Alle stammen im Wesentlichen aus dem 5. bis 9. Jahrhundert (mit einer
Ausnahme im Wolkenheimkloster). Wir haben inzwischen etwa 60 Fundstellen
dokumentiert und können nun in diesem Corpus eine Abfolge von fünf Haupt-
typen erkennen.
Die frühesten Beispiele sind eine Gruppe von Miniaturstupas im Nordwesten
Chinas. Die datierten Stücke beginnen 426. Ein undatierter kleiner Stupa befindet
sich heute im Humboldt-Forum in Berlin (Abb. 1). Eingemeißelt ist das Sutra von
der Kette von Ursache und Wirkung in zwölf Gliedern (Ski:: Pratitya samut pada-sutra).
Hier erklärt der Buddha, dass alles menschliche Leiden aus einer kausalen Kette
herrührt, deren erste Glieder Unwissenheit und Wollen sind, und er erklärt auch,
wie wir uns daraus befreien können.
Ein Stupa ist das buddhistische Monument katexochen, in seiner Ubiquität
vergleichbar dem Kreuz im Christentum. Er ist das Grab des Buddha und die axis
mundi. Der Typ erreichte China durch den Himalaya auf dem Karakorum High-
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Union der Akademien positiv beurteilt, was uns Planungssicherheit bis 2028
gibt. Außerdem wird im April 2024 Herr Professor Michael Radich, der bisheri-
ge Vizeleiter des Projektes, die Leitung übernehmen. Ich werde dann sein Vize
sein.
In meinem Überblick über das Projekt als Ganzes stelle ich es zunächst in
den Kontext der deutsch-chinesischen Beziehungen der letzten Jahrzehnte. Bald
nach der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepu-
blik und China 1972 hatte ein kluger Ministerialbeamter die Idee, die Direkto-
ren der sieben wichtigsten Museen Chinas nach Deutschland einzuladen. In der
Folge sandte China drei Kunstausstellungen nach Deutschland, 1984 Bilder der
Ming und Qing-Zeit nach Baden-Baden; 1993 die größte Zahl von Figuren der
Terrakottaarmee des Ersten Kaisers, die je ins Ausland geschickt worden waren,
nach Dortmund; und 1985 die spektakuläre Show „Palastmuseum Peking, Schätze
aus der Verbotenen Stadt" nach Berlin. Sie war mit 390.000 Besuchern die erfolg-
reichste Ausstellung des Jahres in Deutschland.
Eine weitere Phase der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Chi-
na auf den Gebieten der Kunstgeschichte und Archäologie begann in den 1990er
Jahren. Fast zwei Jahrzehnte kooperierten zwei deutsche Spitzeninstitutionen der
Denkmalpflege, das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege in München und
das Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz, mit chinesischen Institu-
tionen. Die Ergebnisse wurden in zahlreichen Publikationen und auch wieder in
Ausstellungen, u. a. in Bonn, München, und London präsentiert. Die nächste Pha-
se war die Lancierung des Langzeitprojektes der Erforschung der Steinsutras durch
unsere Akademie im Jahr 2005. Es ist das umfangreichste Kooperationsprojekt in
den Geisteswissenschaften zwischen einem europäischen Land und China.
In der zweiten Vogelschau auf unser Projekt möchte ich das Corpus der in
Stein gemeißelten buddhistischen Sutras in China kunsthistorisch und historisch
verorten. Alle stammen im Wesentlichen aus dem 5. bis 9. Jahrhundert (mit einer
Ausnahme im Wolkenheimkloster). Wir haben inzwischen etwa 60 Fundstellen
dokumentiert und können nun in diesem Corpus eine Abfolge von fünf Haupt-
typen erkennen.
Die frühesten Beispiele sind eine Gruppe von Miniaturstupas im Nordwesten
Chinas. Die datierten Stücke beginnen 426. Ein undatierter kleiner Stupa befindet
sich heute im Humboldt-Forum in Berlin (Abb. 1). Eingemeißelt ist das Sutra von
der Kette von Ursache und Wirkung in zwölf Gliedern (Ski:: Pratitya samut pada-sutra).
Hier erklärt der Buddha, dass alles menschliche Leiden aus einer kausalen Kette
herrührt, deren erste Glieder Unwissenheit und Wollen sind, und er erklärt auch,
wie wir uns daraus befreien können.
Ein Stupa ist das buddhistische Monument katexochen, in seiner Ubiquität
vergleichbar dem Kreuz im Christentum. Er ist das Grab des Buddha und die axis
mundi. Der Typ erreichte China durch den Himalaya auf dem Karakorum High-
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