Lothar Ledderose
Abb. 2: Platte mit eingemeißeltem Sutratext, ca. 40 x 72 cm, Ende 1 l.Jh., Wolkenheimkloster, Kreis Fangshan
bei Beijing.
way, dessen Stationen mit Felszeichnungen von unserer Akademie dokumentiert
und erforscht wurden.
Die chinesischen Buddhisten übernahmen also den Text wie den architek-
tonischen Typus aus Indien, aber sie machten eine entscheidende Hinzufügung.
Am oberen Rand der acht Felder des unteren Stockwerks gravierten sie die acht
Trigramme ein, die aus je drei, teils unterbrochenen, teils durchgezogenen hori-
zontalen Strichen bestehen, und die Klüfte des Kosmos repräsentieren. Es sind
die berühmten Trigramme aus dem Buch der Wandlungen, welche schon Leibniz
wegen ihrer binären Struktur faszinierten.
Die indische Kette der zwölf Glieder von Ursache und Wirkung, die die
menschliche Existenz erklären, ist hier also komplementär ergänzt durch eine
achtfache chinesische Kette der kosmischen Klüfte. Dies ist ein frühes Beispiel da-
für, wie chinesische Buddhisten von außen kommende Elemente in ihre eigenen
Traditionen integriert und weiterentwickelt haben.
Der zweite Typ von Steinen, auf die Sutras eingemeißelt wurden, sind Stelen.
Der Typ lässt sich bis nach Ägypten und Vorderasien zurückverfolgen. Seit dem
4./5. Jh. bildeten die chinesischen Buddhisten eigene Formen aus. Die früheste
Stele mit einem eingemeißelten Sutratext ist auf 537 datiert. Wir behandeln sie im
fünften und letzten Band unserer Shandong-Serie. Der Text ist eine Passage aus
dem Diamantsutra (Vajracchedikä prajnapäramitä-sütra ^ ^] M^^11 ^).
Genau diese Passage steht auch am Ende des größten Beispiels des nächsten
Typs, nämlich Sutras eingemeißelt unter freiem Himmel. Das kolossalste Werk auf
2000 qm ist das Diamantsutra auf dem Berg Tai aus den 570er Jahren. Wir haben es
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Abb. 2: Platte mit eingemeißeltem Sutratext, ca. 40 x 72 cm, Ende 1 l.Jh., Wolkenheimkloster, Kreis Fangshan
bei Beijing.
way, dessen Stationen mit Felszeichnungen von unserer Akademie dokumentiert
und erforscht wurden.
Die chinesischen Buddhisten übernahmen also den Text wie den architek-
tonischen Typus aus Indien, aber sie machten eine entscheidende Hinzufügung.
Am oberen Rand der acht Felder des unteren Stockwerks gravierten sie die acht
Trigramme ein, die aus je drei, teils unterbrochenen, teils durchgezogenen hori-
zontalen Strichen bestehen, und die Klüfte des Kosmos repräsentieren. Es sind
die berühmten Trigramme aus dem Buch der Wandlungen, welche schon Leibniz
wegen ihrer binären Struktur faszinierten.
Die indische Kette der zwölf Glieder von Ursache und Wirkung, die die
menschliche Existenz erklären, ist hier also komplementär ergänzt durch eine
achtfache chinesische Kette der kosmischen Klüfte. Dies ist ein frühes Beispiel da-
für, wie chinesische Buddhisten von außen kommende Elemente in ihre eigenen
Traditionen integriert und weiterentwickelt haben.
Der zweite Typ von Steinen, auf die Sutras eingemeißelt wurden, sind Stelen.
Der Typ lässt sich bis nach Ägypten und Vorderasien zurückverfolgen. Seit dem
4./5. Jh. bildeten die chinesischen Buddhisten eigene Formen aus. Die früheste
Stele mit einem eingemeißelten Sutratext ist auf 537 datiert. Wir behandeln sie im
fünften und letzten Band unserer Shandong-Serie. Der Text ist eine Passage aus
dem Diamantsutra (Vajracchedikä prajnapäramitä-sütra ^ ^] M^^11 ^).
Genau diese Passage steht auch am Ende des größten Beispiels des nächsten
Typs, nämlich Sutras eingemeißelt unter freiem Himmel. Das kolossalste Werk auf
2000 qm ist das Diamantsutra auf dem Berg Tai aus den 570er Jahren. Wir haben es
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