Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2023 — 2023(2024)

Citation link: 
https://digi.hadw-bw.de/view/jbhadw2023/0178
License: In Copyright

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
III. Veranstaltungen

zwischen die Wissenschaftlichen Sitzungen der Klassen und ihre Geschäftssitzun-
gen eingefügt.
Am 30.09.2023 beendete ich meine dreijährige Amtszeit als 25. Präsident un-
serer Akademie seit 1941. Da ich nun einmal Historiker bin, bleibt ein kleiner
Rückblick mit einer Prise Selbstironie nicht aus. 26 Präsidenten von 1941 bis 2023!
Ich lese die vielen Namen nicht vor, Sie können das im Internet nachsehen. Schaut
man genauer hin, so ermittelt man in 82 Jahren eine durchschnittliche Amtszeit
von etwa drei Jahren und zwei Monaten. Unsere Satzung von 2013 sieht für den
Präsidenten eine Amtszeit von drei Jahren vor und orientiert sich damit an den
Realitäten. Tatsächlich haben bislang nur zwei Präsidenten über sechs Jahre am-
tiert: der erste Amtsinhaber Gottfried Panzer von 1941 bis 1947 und Peter Graf
Kielmansegg im ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts. Die kürzeste Amtszeit von
1953 bis 1954 betrug ein Jahr. Bemerkenswert ist, dass der in der Satzung als Regel
vorgesehene Wechsel zwischen den beiden Klassen immer geklappt hat. Das spie-
gelt das Selbstverständnis der Akademie, herausragende Köpfe aus den großen Fä-
cherkulturen zusammenzubringen, Verantwortung auf Zeit zuzuweisen und der
Institution aus dem Wechsel der Personen Dauer zu verleihen.
Ich war der erste Historiker im Präsidentenamt. Hans-Georg Kräusslich ist
der fünfte Mediziner. Wenn ich sie neugierig gemacht habe: Viermal war bisher
ein Jurist, viermal ein Physiker oder Astronom Präsident. In der Hitliste folgen die
Altertumswissenschaftler mit drei Präsidenten, danach die Chemiker und Theo-
logen mit jeweils zwei. Schließlich waren ein Biologe, ein Germanist, ein Inge-
nieurwissenschaftler, ein Philosoph, ein Politologe und - ich sagte es bereits - ein
Historiker Präsident. 23 der 26 Präsidenten kamen oder kommen aus Heidelberg,
zwei aus Karlsruhe, einer aus Mannheim. Wenn Sie gerade gut zugehört haben: Da
ist also noch Luft für Variationen.
Wer sensibel ist für historische Daten, hat vielleicht bemerkt, dass ich zweimal
1941 als Anfangsjahr des Präsidentenamts nannte, ein schlimmes Jahr in der deut-
schen Geschichte. Freilich ist die Heidelberger Akademie der Wissenschaften älter.
Allerdings legte der Stiftungsbriefvon 1909 nachdrücklich fest, dass auf gar keinen
Fall ein Präsident ernannt werden dürfe. Vielmehr wurde die Akademie von den
beiden Sekretären geleitet, die sichjährlich in der Geschäftsführung abwechselten.
Dieses Modell war auch in anderen deutschen Akademien üblich.
Alles ging gut, bis die Nationalsozialisten auf allen Ebenen das Führerprin-
zip etablierten und einen Präsidenten befahlen. Seit 1936 mochte man sich ein
Leben ohne Führer und Befehlsherrschaft des Reichserziehungsministeriums
nicht mehr vorstellen. Sie können das alles in dem vorzüglichen Buch von Udo
Wennemuth über die Geschichte unserer Akademie von 1909 bis 1949 nachlesen;
Herr Wolgast betreute vor drei Jahrzehnten diese wichtige Dissertation. In Hei-
delberg sollte es bis 1941 dauern, bis sich die zunächst widerspenstigen Gelehrten
dem Führungsdruck aus Berlin beugten. Die Akademien verloren damals sogar

178
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften