Übergabe des Präsidentenamts
das Vorschlagsrecht bei der Ernennung der Präsidenten durch den Reichsminis-
ter. Dieser Reichsminister verpflichtete die Arbeit der Akademien erstmals einem
politischen Nutzen, nämlich „dem deutschen Volke zu dienen, deutsche Art und
Überlieferung in der Wissenschaft zu wahren und die Weltgeltung der deutschen
Forschung zu fördern." (Wennemuth, S. 465). Der staatliche Zugriff schlug sich in
den Bestimmungen über das Präsidentenamt unserer Akademie nieder: „Der Prä-
sident hat als Leiter der Akademie in Zusammenwirkung mit dem Vizepräsidenten
und den Sekretären für den geeigneten Gang der Akademiearbeiten zu sorgen und
über die Beachtung der Satzung zu wachen. Das Plenum und die Klassen dienen
der Beratung des Präsidenten. Er trifft die Entscheidungen." (§ 7, Wennemuth,
S. 466).'
Nach 1945 musste unser Volk die vielen schrecklichen Bürden der Vergangen-
heit übeiwinden. Die Heidelberger Akademie der Wissenschaften lebte noch lange
mit den Schatten, und es wäre lohnend, dies kritisch aufzuarbeiten. Allerdings be-
hielten die deutschen Akademien das anfangs aufgenötigte Präsidentenamt bei und
kehrten nicht mehr zur Leitung durch Klassensekretare zurück. Freilich wurde
das Präsidentenamt in den mehrfach erneuerten Nachkriegssatzungen in demo-
kratischen Strukturen domestiziert. Unsere aktuelle Satzung von 2013 sieht einen
gleichberechtigten Vorstand aus drei Personen vor, ein Präsident und zwei Sekretä-
re (§ 9)- Die Klassen und die Mitglieder können es sich nicht mehr vorstellen, den
Präsidenten lediglich zu beraten. Unsere Stärke ist vielmehr die Widerständigkeit
selbstbewusster Kolleginnen und Kollegen.
Der kleine historische Ausflug lässt über die Anfechtungen von Wissenschaft
nachdenken. Heute vertrauen wir auf Freiheit und Verantwortung in Autonomie
und gelebter Kollegialität, in Menschlichkeit und Respekt. Deshalb weisen ich und
andere in den Gesprächen mit Politik und Öffentlichkeit immer wieder auf den
Charme einer wissenschaftsgeleiteten Forschung hin. Und gleichzeitig leben wir
die Verantwortung unserer Akademie gegenüber der Gesellschaft. Freiheit, Unab-
hängigkeit und Verantwortlichkeit sind jetzt bei Hans-Georg Kräusslich und sei-
nen beiden Sekretären Sabine Dabringhaus und Lutz Gade als dem ehrenamtlich
arbeitenden Vorstand in besten Händen, aber gewiss auch bei uns allen.
Statt eines langen Rechenschaftsberichts nenne ich im Rückblick auf dreijah-
re fünf Stichworte als Brücken von der Gegenwart in die Zukunft:
1) Am Anfang standen zwei Herausforderungen. Die Corona-Pandemie be-
schäftigte uns lange, und sie berührt uns noch immer. Trotz allen Leids haben wir
wie aus jeder Krise viel gelernt. Ich zum Beispiel kann jetzt ziemlich gut Zoom-
Konferenzen planen und durchführen. Wir alle mussten uns achtsam auf neue
Kommunikationsformen einlassen, und das erschloss uns auch neue Wege zur
Öffentlichkeit. Geprägt wurden diese ganz wesentlich von vier Arbeitsgruppen,
die wir als Antwort auf veränderte Bedingungen in der Zeit der Pandemie einrich-
teten. Das Format führte zu beachtlichen Ergebnissen und würde eine Erneue-
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das Vorschlagsrecht bei der Ernennung der Präsidenten durch den Reichsminis-
ter. Dieser Reichsminister verpflichtete die Arbeit der Akademien erstmals einem
politischen Nutzen, nämlich „dem deutschen Volke zu dienen, deutsche Art und
Überlieferung in der Wissenschaft zu wahren und die Weltgeltung der deutschen
Forschung zu fördern." (Wennemuth, S. 465). Der staatliche Zugriff schlug sich in
den Bestimmungen über das Präsidentenamt unserer Akademie nieder: „Der Prä-
sident hat als Leiter der Akademie in Zusammenwirkung mit dem Vizepräsidenten
und den Sekretären für den geeigneten Gang der Akademiearbeiten zu sorgen und
über die Beachtung der Satzung zu wachen. Das Plenum und die Klassen dienen
der Beratung des Präsidenten. Er trifft die Entscheidungen." (§ 7, Wennemuth,
S. 466).'
Nach 1945 musste unser Volk die vielen schrecklichen Bürden der Vergangen-
heit übeiwinden. Die Heidelberger Akademie der Wissenschaften lebte noch lange
mit den Schatten, und es wäre lohnend, dies kritisch aufzuarbeiten. Allerdings be-
hielten die deutschen Akademien das anfangs aufgenötigte Präsidentenamt bei und
kehrten nicht mehr zur Leitung durch Klassensekretare zurück. Freilich wurde
das Präsidentenamt in den mehrfach erneuerten Nachkriegssatzungen in demo-
kratischen Strukturen domestiziert. Unsere aktuelle Satzung von 2013 sieht einen
gleichberechtigten Vorstand aus drei Personen vor, ein Präsident und zwei Sekretä-
re (§ 9)- Die Klassen und die Mitglieder können es sich nicht mehr vorstellen, den
Präsidenten lediglich zu beraten. Unsere Stärke ist vielmehr die Widerständigkeit
selbstbewusster Kolleginnen und Kollegen.
Der kleine historische Ausflug lässt über die Anfechtungen von Wissenschaft
nachdenken. Heute vertrauen wir auf Freiheit und Verantwortung in Autonomie
und gelebter Kollegialität, in Menschlichkeit und Respekt. Deshalb weisen ich und
andere in den Gesprächen mit Politik und Öffentlichkeit immer wieder auf den
Charme einer wissenschaftsgeleiteten Forschung hin. Und gleichzeitig leben wir
die Verantwortung unserer Akademie gegenüber der Gesellschaft. Freiheit, Unab-
hängigkeit und Verantwortlichkeit sind jetzt bei Hans-Georg Kräusslich und sei-
nen beiden Sekretären Sabine Dabringhaus und Lutz Gade als dem ehrenamtlich
arbeitenden Vorstand in besten Händen, aber gewiss auch bei uns allen.
Statt eines langen Rechenschaftsberichts nenne ich im Rückblick auf dreijah-
re fünf Stichworte als Brücken von der Gegenwart in die Zukunft:
1) Am Anfang standen zwei Herausforderungen. Die Corona-Pandemie be-
schäftigte uns lange, und sie berührt uns noch immer. Trotz allen Leids haben wir
wie aus jeder Krise viel gelernt. Ich zum Beispiel kann jetzt ziemlich gut Zoom-
Konferenzen planen und durchführen. Wir alle mussten uns achtsam auf neue
Kommunikationsformen einlassen, und das erschloss uns auch neue Wege zur
Öffentlichkeit. Geprägt wurden diese ganz wesentlich von vier Arbeitsgruppen,
die wir als Antwort auf veränderte Bedingungen in der Zeit der Pandemie einrich-
teten. Das Format führte zu beachtlichen Ergebnissen und würde eine Erneue-
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