B. Die Mitglieder
heim, dessen Eingang von neoklassizistischen, steinernen Säulen und zwei antik
anmutenden, überlebensgroßen bronzenen Statuen flankiert war, und einem nicht
nur den humanistischen Geist einzuhauchen gedachte, sondern auch neun harte
Jahre des Latein- und Altgriechisch-Lernens bedeutete.
Nach dem Abitur und dem Zivildienst entschied die damals allmächtige
„Zentrale Vergabestelle für Studienplätze" für mich, dass ich mein Architektur-
studium an der Technischen Hochschule, wie sie damals noch hieß, in Darmstadt
beginnen möge, auf dem erbaulich klingenden Campus der Lichtwiese, allerdings
in einem eher dunklen Betonbau. Die Lehre dort war geprägt vom Massivbau, der
Stuttgarter Leichtbau in den Vorlesungen nur eine Randnotiz. Auch wenn sich
mir bis heute nicht vollständig erschließt, worin der Erkenntnisgewinn liegt, wenn
man Architektur-Studierende ganze Mauerwerkshäuser Backstein für Backstein
nächtelang von Hand in Tusche zeichnen lässt, selbstverständlich mit Mörtelfuge,
habe ich diese intensive erste Zeit des Studiums durchaus genossen.
Trotzdem empfand ich es wie einen Befreiungsschlag, mein Studium nach
dem Vordiplom durch den Erhalt eines DAAD-Stipendiums in London an der
Architectural Association fortsetzen zu können. Die AA, wie sie unter Kennern
genannt wird, ist die älteste unabhängige Architekturschule im Vereinigten König-
reich und hat einige der international herausragenden Architektinnen und Archi-
tekten des 20. Jahrhunderts hervorgebracht. Im Herzen Londons gelegen, residiert
sie in einem größeren Reihenhaus, von dem ein nicht unerheblicher Teil die schul-
eigene Bar ausmacht, in der seinerzeit auch schon vormittags Hochprozentiges
gereicht wurde. Vielleicht auch deswegen war hier freies Denken die Regel und
nicht Ausnahme, allerdings mit einer bis dahin nicht gekannten Intensität des Stu-
diums. Hinter der altehrwürdigen, georgianische Fassade wurden Konventionen
hinterfragt, offene Diskurse auf Augenhöhe zwischen Studierenden und Lehren-
den geführt und neue Lösungsansätze propagiert.
Die Architektur stand damals, also ungefähr um die Jahrtausendwende, unter
dem massiven Einfluss des Einzugs digitaler Technologien. In Deutschland, so wie
in weiten Teilen der Welt, verstand man zu diesem Zeitpunkt das digitale Planen
allerdings im Wesentlichen als direkte Fortsetzung tradierter Ansätze, also, etwas
überspitzt gesagt, dass man Backsteine nicht länger mit Tuschestift am Zeichen-
brett, sondern nun mit der Maus am Bildschirm zeichnet. Parallel zum Studium
in Darmstadt hatte ich mir allerdings schon außercurricular neue Methoden der
digitalen Modellierung angeeignet, zu deren Einsatz und Weiterentwicklung ich
mich nun in London mit den relevanten Fragestellungen und Entwurfsansätzen
gegenübergestellt sah, nicht nur während meines Studiums, sondern auch nach
dem Abschluss meines Diploms im Jahr 2002 als Lehrender und Forschender an
der Architectural Association.
Eine wesentliche, zu dieser Zeit noch offene Frage war, wie die digitale Pla-
nung im virtuellen Raum viel direkter an deren Materialisierung im physischen
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heim, dessen Eingang von neoklassizistischen, steinernen Säulen und zwei antik
anmutenden, überlebensgroßen bronzenen Statuen flankiert war, und einem nicht
nur den humanistischen Geist einzuhauchen gedachte, sondern auch neun harte
Jahre des Latein- und Altgriechisch-Lernens bedeutete.
Nach dem Abitur und dem Zivildienst entschied die damals allmächtige
„Zentrale Vergabestelle für Studienplätze" für mich, dass ich mein Architektur-
studium an der Technischen Hochschule, wie sie damals noch hieß, in Darmstadt
beginnen möge, auf dem erbaulich klingenden Campus der Lichtwiese, allerdings
in einem eher dunklen Betonbau. Die Lehre dort war geprägt vom Massivbau, der
Stuttgarter Leichtbau in den Vorlesungen nur eine Randnotiz. Auch wenn sich
mir bis heute nicht vollständig erschließt, worin der Erkenntnisgewinn liegt, wenn
man Architektur-Studierende ganze Mauerwerkshäuser Backstein für Backstein
nächtelang von Hand in Tusche zeichnen lässt, selbstverständlich mit Mörtelfuge,
habe ich diese intensive erste Zeit des Studiums durchaus genossen.
Trotzdem empfand ich es wie einen Befreiungsschlag, mein Studium nach
dem Vordiplom durch den Erhalt eines DAAD-Stipendiums in London an der
Architectural Association fortsetzen zu können. Die AA, wie sie unter Kennern
genannt wird, ist die älteste unabhängige Architekturschule im Vereinigten König-
reich und hat einige der international herausragenden Architektinnen und Archi-
tekten des 20. Jahrhunderts hervorgebracht. Im Herzen Londons gelegen, residiert
sie in einem größeren Reihenhaus, von dem ein nicht unerheblicher Teil die schul-
eigene Bar ausmacht, in der seinerzeit auch schon vormittags Hochprozentiges
gereicht wurde. Vielleicht auch deswegen war hier freies Denken die Regel und
nicht Ausnahme, allerdings mit einer bis dahin nicht gekannten Intensität des Stu-
diums. Hinter der altehrwürdigen, georgianische Fassade wurden Konventionen
hinterfragt, offene Diskurse auf Augenhöhe zwischen Studierenden und Lehren-
den geführt und neue Lösungsansätze propagiert.
Die Architektur stand damals, also ungefähr um die Jahrtausendwende, unter
dem massiven Einfluss des Einzugs digitaler Technologien. In Deutschland, so wie
in weiten Teilen der Welt, verstand man zu diesem Zeitpunkt das digitale Planen
allerdings im Wesentlichen als direkte Fortsetzung tradierter Ansätze, also, etwas
überspitzt gesagt, dass man Backsteine nicht länger mit Tuschestift am Zeichen-
brett, sondern nun mit der Maus am Bildschirm zeichnet. Parallel zum Studium
in Darmstadt hatte ich mir allerdings schon außercurricular neue Methoden der
digitalen Modellierung angeeignet, zu deren Einsatz und Weiterentwicklung ich
mich nun in London mit den relevanten Fragestellungen und Entwurfsansätzen
gegenübergestellt sah, nicht nur während meines Studiums, sondern auch nach
dem Abschluss meines Diploms im Jahr 2002 als Lehrender und Forschender an
der Architectural Association.
Eine wesentliche, zu dieser Zeit noch offene Frage war, wie die digitale Pla-
nung im virtuellen Raum viel direkter an deren Materialisierung im physischen
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