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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0058
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Kaiser und Eremit: Otto III. und Romuald von Camaldoli 1 57

onsvorhaben nach Ungarn auf.13 In dem großgedachten Projekt der von West und
Ost, von dem Ottonen und dem in Gnesen im Jahre 1000 als amicus und coopera-
tor imperii geehrten Piasten14 gemeinsam betriebenen Mission, hatte Romuald als
Mitgestalter keinen Platz und mithin keinen Anteil an dem, was man als auffäl-
ligste Innovation mit Otto III. in Verbindung bringt.
Dennoch ist mit Romualds Wirken eine Nachricht verbunden, die in der For-
schung bis heute im Grunde Ratlosigkeit hinterlässt: Otto III. soll während sei-
nes Aufenthaltes in Romualds Einsiedelei in Pereum bei Ravenna im März 1001
dem Eremiten versprochen haben, binnen dreier Jahre Mönch werden und das
Reich einem Weiseren übergeben zu wollen.15 Eine Erklärung dieser Selbstver-
pflichtung fällt nicht schwer, solange man die seit langem etablierte historiogra-
phische Tradition einer machtpolitischen Meistererzählung fortschreiben und
dem damals 21-jährigen Kaiser eine Art religiöser Überreizung und „träumeri-
sche Natur" unterstellen will16 - seinen Vorsatz der Weltentsagung also gewis-
sermaßen pathologisiert - oder aber für schlicht „übereilt" und unbedacht hält.17
Dass der Kaiser zum damaligen Zeitpunkt noch auf das Ergebnis einer Braut-
werbung wartete, zu der Erzbischof Arnulf von Mailand einige Zeit zuvor nach
Byzanz aufgebrochen war,18 wird üblicherweise als entscheidendes Argument

13 Petrus Damiani, Vita beati Romualdi, hg. von Giovanni Tabacco (Fonti per la storia d'Italia
94), Roma 1957, cap. 39, S. 79-81; dazu Wong, 11 triplex bonum (wie Anm. 4), hier S. 272;
Paolo Tomea, La colpa e il martirio. Agiografia e autobiografia nella „Vita quinque fratrum"
di Bruno di Querfurt, in: San Romualdo (wie Anm. 1), S. 175-220, hier S. 207-212.

14 Gallus Anonymus, Chronicae et gesta ducum sive principum Polonorum I 6, hg. von Karol
Maleczynski (Monumenta Poloniae Historica. Nova Series 2), Krakau 1952, S. 19 Z. 17-
S. 20 Z. 3: Et tanta sunt illa die dileccione couniti, quod imperator eum fratrem et cooperato-
rem imperii constituit, et populi Romani amicum et socium appellavit. Die Titel sieht als zeit-
genössisch an: Roman Michalowski, Polen und Europa um das Jahr 1000. Mit einem
Anhang: Zur Glaubwürdigkeit des Berichts von Gallus Anonymus über das Treffen in Gne-
sen, in: Der Hoftag in Quedlinburg 973. Von den historischen Wurzeln zum Neuen Europa,
hg. von Andreas Ranft, Berlin 2006, S. 51-72, hier S. 63; Ders., The Gniezno Summit. The
Religious Premises of the Founding the Archbishopric of Gniezno, Leiden/Boston 2016,
S. 104-105. Zur komplexen Diskussion um den Gallus Anonymus vgl. Eduard Mühle, Neue
Vorschläge zur Herkunft des Gallus Anonymus und zur Deutung seiner Chronik, in: Zeit-
schrift für Ostforschung 60 (2011), S. 267-285.

15 Die Zusammenstellung der Quellen in: RI 11,3 n. 1404b, online verfügbar unter: http://www.
regesta-imperii.de/id/1001-03-25_l_0_2_3_0_1223_1404b (zuletzt abgerufen am 03.01.2020).

16 Ferdinand Gregorovius, Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter (erstmals 1859-1872),
zitiert nach der Neuausgabe Darmstadt 1978, Bd. I/2, S. 686: „träumerische Natur Ottos";
seitdem in Variationen häufig wiederholt.

17 RI 11,3 n. 1404b (wie Anm. 15); Uhlirz, Jahrbücher (wie Anm. 11), S. 368 Anm. 80: „unüber-
legte Äußerung". Ebenfalls sinngemäß oft wiederholt.

18 Uhlirz, Jahrbücher (wie Anm. 11), S. 341 Anm. 111 und S. 391f.
 
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