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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0060
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Kaiser und Eremit: Otto III. und Romuald von Camaldoli 1 59

viele Menschen ihre gesteigerte Frömmigkeit ausdrückten, um unter Verzicht auf
weltliche Macht und Güter der ganz auf das Jenseits orientierten vita religiosa zu
folgen. Damit schließt sich auch der Kreis zu Romuald: Verdankt sich die in ot-
tonischer Zeit präzedenzlose Absicht Ottos III., zu Gunsten des monastisch-
eremitischen Lebens auf das weltliche zu verzichten und sein Amt niederzulegen,
dem Impuls des charismatischen Eremiten?
Angesichts der dürftigen Quellenlage verbietet sich eine Erörterung dieser
Frage nur auf der Basis von Nachrichten über die persönliche Beziehung zwi-
schen Otto III. und Romuald. Stattdessen muss eine weitere Kontextualisierung
versucht werden. Ausgangspunkt dafür sind zunächst die Nachrichten von Ot-
tos Vorsatz und die Frage nach ihrer Glaubwürdigkeit (I.). Es bleibt sodann
nach den Traditionen der Herrscherparänese zu fragen, mit denen Otto III.
konfrontiert wurde (II.), aber auch nach den Gründen für seine schon einige
Jahre vor 1001 einsetzende, auffällige Bußbereitschaft (III.). Lässt die Überliefe-
rung außerdem Hinweise auf ein Problembewusstsein des Kaisers hinsichtlich
der Folgen seines Amtsverzichts erkennen (IV.)? Ein kurzes Fazit nimmt noch-
mals die Frage nach der Innovativität Romualds und ihrem Stellenwert für das
Versprechen Ottos III. auf (V.).

Zunächst also zu den Quellen. Während eines Aufenthaltes in Pereum soll der
Kaiser Romuald seine Mönchskonversion versprochen haben.22 Wäre diese
Nachricht nur in der Vita beati Romualdi überliefert, die Petrus Damiani
1042/43 in S. Vincenzo al Furlo fünfzehn Jahre nach dem Tod des Eremiten ver-
fasste,23 wäre ihre Einschätzung als eine nur dem höheren Ruhm seines Protago-
nisten und der paränetischen Absicht des Erzählers geschuldete Episode wohl
unstrittig: Denn die Schilderung Romualds als eines in Weltflucht, Demut und
extremen Bußleistungen vorbildlichen Heiligen, dem die eremitische Lebens-
weise ein außerordentliches, religiös begründetes Prestige verschaffte, war ein

22 Petrus Damiani, Vita Romualdi (wie Anm. 13), cap. 25, S. 54 Z. 4-7: Promisit itaque beato
Romualdo, quod imperium relinquens, monacbicum susciperet babitum; cap. 30, S. 66 Z.
7-10: Videns ergo Romualdus quod secundum suae voluntatis ardorem ibi laborare non pos-
set, regem protinus adiit, et acceptae promissionis exactor, ut rex monacbus fieret insistere
vebementius cepit. Meysztowicz, Vocation (wie Anm. 19), vermutet S. 34 und S. 38 irrig
zwei verschiedene Versprechen Ottos III.

23 Zum Entstehungsort und -zeitpunkt vgl. Kurt Reindl, Die Briefe des Petrus Damiani, Bd. 1
(Die Briefe der Deutschen Kaiserzeit IV), München 1983, S. 104 Anm. 7; dazu auch Lohmer,
Heremi (wie Anm. 5), S. 45f.
 
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