60 I Knut Görich
Teil von Damianis Selbstautorisierungsstrategie, mit der er seinen eigenen Status
als Eremit „außerhalb jeglicher weltlicher Macht als unabdingbare Quelle seiner
Autorität"24 begründete. Die Konversion des Kaisers wäre nicht nur der glanz-
volle Höhepunkt in einer ganzen Reihe von Konversionen weltlicher Großer,
die Romuald bewirkt,25 sondern auch mittelbare Legitimation des Auftretens
von Petrus Damiani selbst als Mahner und Ratgeber gegenüber den weltlichen
Großen seiner eigenen Gegenwart.26 Dass er Romuald dem Herrscher auch noch
zutreffend dessen frühen Tod voraussagen lässt, falls diesem die Bestrafung der
rebellischen Römer wichtiger sei als die sofortige Einlösung seines Verspre-
chens, fügt seiner hagiographischen Erzählung nur noch einen weiteren Topos
hinzu: Das Prophetentum des Eremiten, indem er Otto III. seinen frühen Tod
für den Fall verkündet, dass er vor seiner Mönchskonversion noch einen Zug
gegen das aufständische Rom unternehmen werde - ein klares vaticinium ex
eventu, das Petrus Damiani im Wissen um das Geschehen konstruierte.27
Auch Brun von Querfurt weiß von einem „feierlichen Versprechen" (sponsio)
Ottos III., Mönch werden zu wollen,28 aber die Nachricht hat in seinem Text
eine völlig andere erzählerische Funktion als bei Petrus Damiani. Brun berichtet
über das Ereignis in seiner nur in einer einzigen Handschrift des 12. Jahrhun-
derts überlieferten Vita quinque fratrum, die er um 1008 in Polen schrieb - ein
Text übrigens, der Petrus Damiani in seinem Kloster in den italienischen Mar-
ken 1042 nicht zur Verfügung stand.29 Brun entstammte dem sächsischen Adels-
24 Beyer, Autorschaft (wie Anm. 6), S. 191.
25 Sansterre, Otton III (wie Anm. 10), S. 407; zum Umgang Romualds mit den potentes saeculi
vgl. auch D'Acunto, Un eremita (wie Anm. 5), S. 109-118.
26 Vgl. dazu Beyer, Autorschaft (wie Anm. 6), S. 188.
27 Petrus Damiani, Vita Romualdi (wie Anm. 13), cap. 30, S. 66 Z. 10-S. 67 Z. 2; vgl. dazu
Beyer, Autorschaft (wie Anm. 6), S. 205-207.
28 Brun von Querfurt, Vita quinque fratrum (wie Anm. 2), cap. 2, S. 34 Z. 12-19: Erat autem
sponsio regis, ut que non amans sine fructu possedit, pro desiderio Ihesu Christi regno et diui-
ciis sponte careret, et quia aduersa que ad salutem dirigere solent nomine instabant, coram
certis testibus in conspectu Dei et angelorum mentem quam dudum habuit, uerbis patefecit, ut
in ore duorum et trium testium stet omne uerbum: Ex hac bora promitto Deo et sanctis eius:
post tres annos intra quo imperii mei errata corrigam, meliori meo regnum dimittam, et ex-
pensa pecunia quam mihi mater pro ereditate reliquit, tota anima nudus sequar Christum;
Voigt, Brun (wie Anm. 2), S. 383. Die Begrifflichkeit ist uneinheitlich: cap. 3, S. 38 Z. 18:f...J
regis nobile decretum et in confessione Christi absconditum consilium [...]; Voigt, Brun (wie
Anm. 2), S. 388; cap. 7, S. 45 Z. 1: [...J conversio quam autem Deo promisit [...]; Voigt, Brun
(wie Anm. 2), S. 394; cap. 9, S. 49 Z. 9: [...] conversio imperatoris [...]; Voigt, Brun (wie
Anm. 2), S. 399. - Eindringlich zu Bruns Bericht Michaeowski, Gnieznio Summit (wie
Anm. 14), S. 289-294.
29 Sansterre, Otton III (wie Anm. 10), S. 406 mit Anm. 115; Longo, La conversione (wie
Anm. 5), S. 219; Ders., Come angeli (wie Anm. 5), S. 23-80 zur Vita Romualdi. Irreführend
dagegen Ian N. Wood, Shoes and a fish dinner: the troubled thoughts of Bruno of Querfurt,
Teil von Damianis Selbstautorisierungsstrategie, mit der er seinen eigenen Status
als Eremit „außerhalb jeglicher weltlicher Macht als unabdingbare Quelle seiner
Autorität"24 begründete. Die Konversion des Kaisers wäre nicht nur der glanz-
volle Höhepunkt in einer ganzen Reihe von Konversionen weltlicher Großer,
die Romuald bewirkt,25 sondern auch mittelbare Legitimation des Auftretens
von Petrus Damiani selbst als Mahner und Ratgeber gegenüber den weltlichen
Großen seiner eigenen Gegenwart.26 Dass er Romuald dem Herrscher auch noch
zutreffend dessen frühen Tod voraussagen lässt, falls diesem die Bestrafung der
rebellischen Römer wichtiger sei als die sofortige Einlösung seines Verspre-
chens, fügt seiner hagiographischen Erzählung nur noch einen weiteren Topos
hinzu: Das Prophetentum des Eremiten, indem er Otto III. seinen frühen Tod
für den Fall verkündet, dass er vor seiner Mönchskonversion noch einen Zug
gegen das aufständische Rom unternehmen werde - ein klares vaticinium ex
eventu, das Petrus Damiani im Wissen um das Geschehen konstruierte.27
Auch Brun von Querfurt weiß von einem „feierlichen Versprechen" (sponsio)
Ottos III., Mönch werden zu wollen,28 aber die Nachricht hat in seinem Text
eine völlig andere erzählerische Funktion als bei Petrus Damiani. Brun berichtet
über das Ereignis in seiner nur in einer einzigen Handschrift des 12. Jahrhun-
derts überlieferten Vita quinque fratrum, die er um 1008 in Polen schrieb - ein
Text übrigens, der Petrus Damiani in seinem Kloster in den italienischen Mar-
ken 1042 nicht zur Verfügung stand.29 Brun entstammte dem sächsischen Adels-
24 Beyer, Autorschaft (wie Anm. 6), S. 191.
25 Sansterre, Otton III (wie Anm. 10), S. 407; zum Umgang Romualds mit den potentes saeculi
vgl. auch D'Acunto, Un eremita (wie Anm. 5), S. 109-118.
26 Vgl. dazu Beyer, Autorschaft (wie Anm. 6), S. 188.
27 Petrus Damiani, Vita Romualdi (wie Anm. 13), cap. 30, S. 66 Z. 10-S. 67 Z. 2; vgl. dazu
Beyer, Autorschaft (wie Anm. 6), S. 205-207.
28 Brun von Querfurt, Vita quinque fratrum (wie Anm. 2), cap. 2, S. 34 Z. 12-19: Erat autem
sponsio regis, ut que non amans sine fructu possedit, pro desiderio Ihesu Christi regno et diui-
ciis sponte careret, et quia aduersa que ad salutem dirigere solent nomine instabant, coram
certis testibus in conspectu Dei et angelorum mentem quam dudum habuit, uerbis patefecit, ut
in ore duorum et trium testium stet omne uerbum: Ex hac bora promitto Deo et sanctis eius:
post tres annos intra quo imperii mei errata corrigam, meliori meo regnum dimittam, et ex-
pensa pecunia quam mihi mater pro ereditate reliquit, tota anima nudus sequar Christum;
Voigt, Brun (wie Anm. 2), S. 383. Die Begrifflichkeit ist uneinheitlich: cap. 3, S. 38 Z. 18:f...J
regis nobile decretum et in confessione Christi absconditum consilium [...]; Voigt, Brun (wie
Anm. 2), S. 388; cap. 7, S. 45 Z. 1: [...J conversio quam autem Deo promisit [...]; Voigt, Brun
(wie Anm. 2), S. 394; cap. 9, S. 49 Z. 9: [...] conversio imperatoris [...]; Voigt, Brun (wie
Anm. 2), S. 399. - Eindringlich zu Bruns Bericht Michaeowski, Gnieznio Summit (wie
Anm. 14), S. 289-294.
29 Sansterre, Otton III (wie Anm. 10), S. 406 mit Anm. 115; Longo, La conversione (wie
Anm. 5), S. 219; Ders., Come angeli (wie Anm. 5), S. 23-80 zur Vita Romualdi. Irreführend
dagegen Ian N. Wood, Shoes and a fish dinner: the troubled thoughts of Bruno of Querfurt,