70 I Knut Görich
die zitierten Ermahnungen des Kaisers durch Adalbert.75 Zugespitzt gesagt
vermittelte erst Adalberts Tod das Modell vom richtigen, nämlich persönlich
nahen, demütigen, gehorsamen und bußfertigen Umgang des Kaisers mit dem
Geheiligten. Ganz offensichtlich war es die Begegnung mit einem zum Heiligen
gewordenen Zeitgenossen, mit dem Bischof, der sich zunehmend der mönchi-
schen Lebensweise zugewandt hatte, die den Kaiser tief bewegte - eine authen-
tische Erfahrung von Heiligkeit in der eigenen Gegenwart. Jedenfalls zeichnen
die Quellen unabhängig voneinander und übereinstimmend genau dieses Bild.
Brun von Querfurt bezeichnet Adalbert als Ottos Heiligen (suus sanctus) und
als „neuen Heiligen" (novus sanctus).76 Thietmar von Merseburg berichtet, der
Kaiser habe auf die Nachricht von Adalberts Tod demütig Gott gebührende
Loblieder dafür singen lassen, dass er zu seinen Lebzeiten einen solchen Diener
mit der Siegespalme des Martyriums zu sich genommen habe, und an Adalberts
Grab in Gnesen unter Tränen um Fürsprache des Märtyrers zur Erlangung der
Gnade Christi gebetet.77
Die moderne Forschung lässt mit der Nachricht von Adalberts Martyrium,
die den in Aachen versammelten Hof zu Anfang Oktober 997 erreicht haben
dürfte,78 jene Planungen beginnen, die nicht nur zur Verankerung des Adalbert-
kultes durch Gründung von Kirchen in Aachen und Lüttich, später auch in Rom
und Ravenna führten,79 sondern auch, wenngleich nicht sofort in gerader Linie,
75 Dazu Friedrich Lotter, Das Bild des hl. Adalbert in der römischen und der sächsischen
Vita, in: Adalbert von Prag. Brückenbauer zwischen dem Osten und dem Westen Europas,
hg. von Hans Hermann Henrix (Schriften der Adalbert-Stiftung 4), Baden-Baden 1997,
S. 77-107, hier S. 99; Hoffmann, Vita Adalberti (wie Anm. 70), S. 14f.; Johannes Fried,
Gnesen, Aachen, Rom. Otto III. und der Kult des hl. Adalbert. Beobachtungen zum älteren
Adalbertsleben, in: Polen und Deutschland vor 1000 Jahren. Die Berliner Tagung über den
„Akt von Gnesen", hg. von Michael Borgolte (Europa im Mittelalter 5), Berlin 2002,
S. 235-279, hier S. 251f.
76 Brun von Querfurt, Vita quinque fratrum (wie Anm. 2), cap. 2, S. 37 Z. 16 und cap. 10, S. 52
Z. 3; Voigt, Brun (wie Anm. 2), S. 387 und S. 401. Dazu auch Tomea, La colpa (wie Anm. 13)
S. 210 mit Anm. 98.
77 Thietmar von Merseburg (wie Anm. 67), IV 28, S. 165 Z. 30-S. 167 Z. 2: Imperator autem
Rome certus de hac re effectus, condignas Deo supplex retulit odas, quod suis temporibus
talem sibiper apalmam martirii a assumpsitfamulum; und IV 45, S. 185 Z. 2-4: [...] ecclesiam-
que introducitur et ad impetrandam sibi Christi graciam martiris sancti a intercessionem
profusis lacrimis invitavit.
78 Fried, Gnesen (wie Anm. 75), S. 254; Michaeowski, Gniezno Summit (wie Anm. 14), S. 97-98.
79 Fried, Gnesen (wie Anm. 75), S. 255-57; Petr KubIn, Die Bemühungen Ottos III. um die
Einsetzung eines Heiligenkultes für Bischof Adalbert von Prag (f 997), in: Böhmen und seine
Nachbarn in der Premyslidenzeit, hg. von Ivan HLAVÄCEK/Alexander Patschovsky (Vorträge
und Forschungen 74), Ostfildern 2011, S. 317-340. Ferner Leszek Pawel Seupecki, St Adalbert
(Wojciech) of Prague in Poland, in: Italien, Mitteldeutschland (wie Anm. 66) S. 57-66.
die zitierten Ermahnungen des Kaisers durch Adalbert.75 Zugespitzt gesagt
vermittelte erst Adalberts Tod das Modell vom richtigen, nämlich persönlich
nahen, demütigen, gehorsamen und bußfertigen Umgang des Kaisers mit dem
Geheiligten. Ganz offensichtlich war es die Begegnung mit einem zum Heiligen
gewordenen Zeitgenossen, mit dem Bischof, der sich zunehmend der mönchi-
schen Lebensweise zugewandt hatte, die den Kaiser tief bewegte - eine authen-
tische Erfahrung von Heiligkeit in der eigenen Gegenwart. Jedenfalls zeichnen
die Quellen unabhängig voneinander und übereinstimmend genau dieses Bild.
Brun von Querfurt bezeichnet Adalbert als Ottos Heiligen (suus sanctus) und
als „neuen Heiligen" (novus sanctus).76 Thietmar von Merseburg berichtet, der
Kaiser habe auf die Nachricht von Adalberts Tod demütig Gott gebührende
Loblieder dafür singen lassen, dass er zu seinen Lebzeiten einen solchen Diener
mit der Siegespalme des Martyriums zu sich genommen habe, und an Adalberts
Grab in Gnesen unter Tränen um Fürsprache des Märtyrers zur Erlangung der
Gnade Christi gebetet.77
Die moderne Forschung lässt mit der Nachricht von Adalberts Martyrium,
die den in Aachen versammelten Hof zu Anfang Oktober 997 erreicht haben
dürfte,78 jene Planungen beginnen, die nicht nur zur Verankerung des Adalbert-
kultes durch Gründung von Kirchen in Aachen und Lüttich, später auch in Rom
und Ravenna führten,79 sondern auch, wenngleich nicht sofort in gerader Linie,
75 Dazu Friedrich Lotter, Das Bild des hl. Adalbert in der römischen und der sächsischen
Vita, in: Adalbert von Prag. Brückenbauer zwischen dem Osten und dem Westen Europas,
hg. von Hans Hermann Henrix (Schriften der Adalbert-Stiftung 4), Baden-Baden 1997,
S. 77-107, hier S. 99; Hoffmann, Vita Adalberti (wie Anm. 70), S. 14f.; Johannes Fried,
Gnesen, Aachen, Rom. Otto III. und der Kult des hl. Adalbert. Beobachtungen zum älteren
Adalbertsleben, in: Polen und Deutschland vor 1000 Jahren. Die Berliner Tagung über den
„Akt von Gnesen", hg. von Michael Borgolte (Europa im Mittelalter 5), Berlin 2002,
S. 235-279, hier S. 251f.
76 Brun von Querfurt, Vita quinque fratrum (wie Anm. 2), cap. 2, S. 37 Z. 16 und cap. 10, S. 52
Z. 3; Voigt, Brun (wie Anm. 2), S. 387 und S. 401. Dazu auch Tomea, La colpa (wie Anm. 13)
S. 210 mit Anm. 98.
77 Thietmar von Merseburg (wie Anm. 67), IV 28, S. 165 Z. 30-S. 167 Z. 2: Imperator autem
Rome certus de hac re effectus, condignas Deo supplex retulit odas, quod suis temporibus
talem sibiper apalmam martirii a assumpsitfamulum; und IV 45, S. 185 Z. 2-4: [...] ecclesiam-
que introducitur et ad impetrandam sibi Christi graciam martiris sancti a intercessionem
profusis lacrimis invitavit.
78 Fried, Gnesen (wie Anm. 75), S. 254; Michaeowski, Gniezno Summit (wie Anm. 14), S. 97-98.
79 Fried, Gnesen (wie Anm. 75), S. 255-57; Petr KubIn, Die Bemühungen Ottos III. um die
Einsetzung eines Heiligenkultes für Bischof Adalbert von Prag (f 997), in: Böhmen und seine
Nachbarn in der Premyslidenzeit, hg. von Ivan HLAVÄCEK/Alexander Patschovsky (Vorträge
und Forschungen 74), Ostfildern 2011, S. 317-340. Ferner Leszek Pawel Seupecki, St Adalbert
(Wojciech) of Prague in Poland, in: Italien, Mitteldeutschland (wie Anm. 66) S. 57-66.