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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Editor]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0074
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Kaiser und Eremit: Otto III. und Romuald von Camaldoli 1 73

Ottos Versprechen gegenüber Romuald im Januar 1001 stand also am Ende
einer langen Reihe eindringlicher Demonstrationen seiner Büßfertigkeit. Brun
von Querfurt hielt es für den Ausdruck eines seit langem gehegten Wunsches,88
erklärt damit aber nicht, warum dem Kaiser nun plötzlich die bisherigen For-
men seiner Demut vor Gott als nicht mehr hinreichend für sein Seelenheil er-
schienen, das er zuvor doch noch mit der Ausübung seines Herrscheramtes ver-
einbaren konnte. Ottos Entschluss scheint durch die charismatische Person
Romualds geweckt worden zu sein. Ermahnungen, wie der Herrscher sein irdi-
sches und himmlisches Heil sichern konnte, gewannen ihre Eindringlichkeit
durch die persönliche Autorität dessen, der sie vortrug. Romualds Autorität
wurzelte in der individuellen Glaubwürdigkeit, mit der er die asketische Welt-
entsagung seiner eremitischen Lebensform vorlebte. Sein Vorbild traf im Früh-
jahr 1001 auf Ottos Bereitschaft zu einer exemplarisch frommen Lebensgestal-
tung, die seit Adalberts Martyrium unverkennbar gesteigert und durch die
persönlich übernommene Aufgabe der Glaubensverbreitung zusätzlich ge-
schärft war. Romuald experimentierte in Pereum bereits mit dem Modell, das
ihm bei Brun von Querfurt den erwähnten Beinamen pater rationabilium ere-
mitarum qui cum lege vivunt eintrug:89 Jeder Eremitensiedlung sollte ein
Mönchskonvent in untergeordneter, abhängiger Funktion zugehören, der für
die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Einsiedler sorgen, gleichzeitig aber auch als
Vorschule der Anachoreten dienen sollte. Mit Ottos Stiftung des dem heiligen
Adalbert geweihten Klosters in Pereum9° sollte der Eremitengemeinschaft Ro-
mualds wohl eine solche Struktur zur Verfügung gestellt werden. Denkbar ist,
dass das neue Kloster aus Romualds Perspektive die Heranführung des Kaisers
an das Ideal schroffer Weltentsagung erleichtern sollte.91 Das Ziel der Mission
oder gar des Martyriums in Ausübung der Mission, das Brun nach Adalberts
Vorbild für sich selbst,92 aber eben auch für den Kaiser in Anspruch nimmt,

88 Brun von Querfurt, Vita quinque fratrum (wie Anm. 2), cap. 7, S. 47 Z. 14-16: Huc accedit,
oculis hominum imperatorem esse, intus uero in corde ante oculos Creatoris presentem mo-
nachum portauit; Voigt, Brun (wie Anm. 2), S. 397; vgl. auch cap. 2, S. 34 Z. 3-4: in cuius
mente contemptus seculi multos dies iacebat; Voigt, Brun (wie Anm. 2), S. 383.

89 Das Zitat bereits oben in Anm. 3.

90 Ruggero Benericetti, San Romualdo e la fondazione del monastero di S. Alberto al Pereo
presso Ravenna, in: Benedictina 57/1 (2010), S. 71-89.

91 Fornaciari, Romualdo (wie Anm. 10), S. 245; vgl. Brun von Querfurt, Vita quinque fra-
trum (wie Anm. 2), cap. 2, S. 35 Z. 15-18: Plerique uidentes que fiebant, auariciam patris
Romaldi esse dicebant et scandalizabantur in eo, nescientes pensare eius celestem animum, qui
et in bono opere salutem imperatoris intendebat, et in monasterii utilitate animarum lucrum
aucupabat; Voigt, Brun (wie Anm. 2), S. 384.

92 Dazu Machilek, Der hi. Adalbert (wie Anm 11); Lotter, Das Bild des hl. Adalbert (wie
Anm. 75), S. 105-107.
 
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