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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Editor]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0178
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Klösterliche Innovationsleistungen im technisch-ökonomischen Bereich 1 177

die Arbeit der Mönche. [...] in die Abtei eingelassen [...], stürzt er sich zuerst mit
Ungestüm in die Mühle [...], sowohl um den Weizen zwischen den Mühlsteinen
zu zerstoßen, als auch um das feine Sieb anzutreiben, welches das Mehl von der
Kleie trennt." Dies ist im Übrigen ein singuläres Zeugnis für die „mechanische
Trennung des Mehls von der Kleie in einem feinen Sieb", wobei dieser technische
Vorgang sonst erst in das 15. Jahrhundert datiert wird.33 Und weiter heißt es im
Text: „Schon ist er im benachbarten Gebäude; er füllt die Kessel [...]. Aber der
Fluss sagt sich nicht los. Die Walker, die sich nahe an der Mühle niedergelassen
haben, rufen ihn zu sich. [...] Er hebt und senkt abwechselnd diese schweren
Stampfer, die Holzschlegel [...], er erspart den Walkern eine große Strapaze [...].
Dort herausgehend, tritt er in die Lohgerberei, wo er, um die notwendigen Mate-
rialien für das Schuhwerk der Brüder zu bereiten, ebenso viel Aktivität wie Sorg-
falt zeigt; dann teilt er sich in eine Menge kleiner Arme, besichtigt während seines
willfährigen Laufes die verschiedensten Arbeiten und sucht überall aufmerksam
jene, die seinen Dienst benötigen, welches Objekt es auch sei, ob es sich darum
handelt zu kochen, zu sieben, zu zermalmen, zu begießen, zu waschen oder zu
mahlen [...]. Schließlich [...] entfernt er den Müll und lässt alles sauber hinter
sich. Nachdem er rüstig alles geleistet hat, wozu er gekommen war, eilt er auch
schon wieder in schnellem Lauf zum Fluss [...]."34
Eine besondere Spezialität des Wasserbaus stellte die künstliche Bewässerung
von Wiesen zur Ertragssteigerung mittels bestimmter Kanal- und Grabensys-
teme, sogenannter Wässermatten, dar.35
Von Mühlen war bereits im Zusammenhang der intensiven Wasserkraftnut-
zung im klösterlichen Bereich die Rede. Dabei kamen Mühlen zum Mahlen von
Getreide oder von Lohe für die Gerberei, zum Walken von Wolltuch oder auch
als Antriebskraft für Sägewerke regelmäßig zum Einsatz. Sogar Papiermühlen
lassen sich stellenweise und natürlich zeitversetzt ab dem ausgehenden 14. Jahr-
hundert auch im klösterlichen Kontext belegen.36 Wie viel Zeit- und Arbeitser-
sparnis dabei jeweils mit solchen technischen Errungenschaften verbunden war,
verdeutlicht die Tatsache, dass eine Walkmühle im Durchschnitt so viel leisten
konnte wie 40 Arbeiter.
Ganz im Sinne des vorhin zur allgemeinen Innovationsgeschichte Gesagten
sind die Zisterzienser dabei weniger oder eigentlich gar nicht als konkrete Erfin-
der, als Inventoren, zu betrachten. Ihre innovatorische Leistung lag vielmehr im

33 Karl-Heinz LuD\viG/Volker Schmidtchen, Propyläen Technikgeschichte, Bd. 2: Metalle
und Macht. 1000-1600, S. 88-92; Schich, Die Bedeutung (wie Anm. 28), S. 90.

34 Zit. nach der Übersetzung von Braunfels, Abendländische Klosterbaukunst (wie Anm. 31),
S. 305-306.

35 Tremp, Technische Leistungen (wie Anm. 16), S. 55.

36 Ebd., S. 55-58.
 
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