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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0340
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Religiose Gemeinschaften in Mecklenburg und Pommern 1 339

Wenn man Vormoderne als Gesellschaft beschreibt, die aus Segmenten be-
steht, sind europäische Klöster als genauso distinkte Einheiten wie Höfe oder
Städte zu verstehen.94 Die eindeutige Mitgliedschaft in nur einem Personenver-
band und die scharfe Grenzziehung gegenüber anderen Verbänden bildete erst
die Voraussetzung für Zuständigkeiten wie geistliche Dienstleistungen.95 We-
gen der zugleich ganz unbestreitbaren Verflechtung von Personen dazwischen
entstanden neue Kommunikationsformen und eben auch besondere Dynami-
ken, die in den gegeneinander abgegrenzten, und doch intensiv in Kontakt ste-
henden Segmenten jeweils Eigendynamiken entwickelten.96 Aus der Struktur
vieler nebeneinander angeordneter Personenverbände wie Adel, Klöstern, Städ-
ten, Zünften und Universitäten ergeben sich spezifische Konstellationen, die
eine Dynamik auslösen und in neue, emergente Formen münden.97 Am Hof
etwa scheint die Beteiligung Geistlicher als Räte und Notare das Ergebnis solch
eigendynamischer Prozesse zu sein.98 Der Berater und Kanzleischreiber ist in
gewisser Weise einem herausragenden Grenzgänger oder einem Makler ver-

Historiker. Klöster als Zentren der Geschichtsschreibung im Mittelalter, in: Chronicon Au-
lae regiae. Die Königsaaler Chronik. Eine Bestandsaufnahme, hg. von Stefan Albrecht
(Forschungen zu Geschichte und Kultur der Böhmischen Länder 1), Frankfurt a. M. 2013,
S. 11-62.
94 Zu Leitbegriffen des Moderne/Vormoderne-Diskurses: Georg Simmel und die Moderne -
Neue Interpretationen und Materialien, hg. von Heinz-Jürgen DAHME/Otthein Ramms-
tedt (suhrkamp taschenbuch wissenschaft 469), Frankfurt am Main 1984.
95 Inventing Modernity in Medieval European Thought ca. 1100—ca. 1550, hg. von Bettina
Kocn/Cary J. Nederman (Studies in Medieval and Early Modern Culture 63), Berlin 2019;
Miri Rubin, Cities of Strangers. Making Lives in Medieval Europe, Cambridge 2020.
96 Niklas Luhmann, Evolution und Geschichte, in: Ders., Soziologische Aufklärung, Bd. 2:
Aufsätze zur Theorie der Gesellschaft, 6. Aufl. Wiesbaden 2009, S. 189-211; Ders., Interak-
tion, Organisation, Gesellschaft. Anwendungen der Systemtheorie, in: Ders., Soziologische
Aufklärung, Bd. 2: Aufsätze zur Theorie der Gesellschaft, Wiesbaden 41975, S. 9-22.
97 Franz-Josef Arlinghaus, Mittelalterliche Rituale in systemtheoretischer Perspektive.
Übergangsriten als basale Kommunikationsform in einer stratifikatorisch-segmentären Ge-
sellschaft, in: Geschichte und Systemtheorie. Exemplarische Fallstudien, hg. von Frank Be-
cker, Frankfurt a. M. 2004, S. 108-156; Rudolf Schlögl, Der frühneuzeitliche Hof als
Kommunikationsraum. Interaktionstheoretische Perspektiven der Forschung, in: Geschich-
te und Systemtheorie (wie Anm. 97), S. 185-225; Anne DiEKjOBST/Michael Hohlstein,
Ordensideal und Realität. Die Forderung nach Reformen in Frauenklöstern, in: Volkart-
Baumann, Thurgau (wie Anm. 62), S. 217-220.
98 Siehe Zugehörigkeit als andauernden Prozess sozialer (Selbst-)Verortung durch die Positio-
nierung zu Gruppen und die Identifikation mit Gemeinschaften, die zugleich sozialen Aus-
schluss und Segmentierung bewirken kann: Innen und außen - Grenzen der Zugehörigkeit
in multireligiösen Gesellschaften der Vormoderne, 27. Jahrestagung des Brackweder Ar-
beitskreises für Mittelalterforschung, Karl Jaspers Centre for Advanced Transcultural Stu-
dies, Heidelberg 20./21.11.2020. https://www.hsozkult.de/event/id/event-92616.
 
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