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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0385
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384 I Vanina Kopp

als Ratgeber am politischen Diskurs teilnahmen, und was ihr besonderer Beitrag
dabei war. Im zweiten Schritt gehe ich auf die Verstrickung der Universität in
Regierungsgeschäfte ein. Im letzten Teil fokussiere ich mich auf die mannigfalti-
gen klerikalen Ratgeber. Dabei werde ich vor allem von jenen Rat gebenden Kle-
rikern sprechen, die sich in ihren Schriften explizit an den Königshof wendeten,
da sich in ihren Schriften die meisten Verweise auf ihre Aufgabe finden, die Herr-
schenden pour le bien commun, für das Allgemeinwohl, zu beraten. Der König
wiederum finanzierte in mehreren Kollegien und Bursen Studienplätze, wie bei-
spielsweise im bereits erwähnten College de Navarre.40 Dieses Kolleg war von
einer Königin, Johanna von Navarra, 1305 gegründet worden und erfreute sich
eines hohen Prestiges. Sowohl Nicole Oresme, Pierre d'Ailly oder Jean Gerson,
die brillante universitäre sowie auch politische Karrieren machten, waren Absol-
venten des Hauses. Auch über die Gründung hinaus war das College de Navarre
eng mit dem Königshaus verbunden: So setzte sich unter Karl V. die Praxis durch,
dass der Kaplan des Königs freiwerdende externe Studienplätze vergab.41 Ent-
sprechend erstaunt es nicht, dass zahlreiche Absolventen des Kollegs schon unter
den ersten Valois-Königen Philipp VI. und Johann II. in den königlichen Dienst
eintraten, als Physikus, als Notare oder als Sekretäre des Königs. Vor allem unter
Karl V. traten viele Juristen in die immer weiter ausufernde Verwaltung ein. Es
gab also einen guten Grund dafür, dass - wie es auch Christine de Pizan er-
wähnte - sowohl die Universität als auch die Könige bis ins späte 15. Jahrhundert
ihre Verbindung topisch als fille du roy stilisierten, die Universität als Tochter des
Königs bezeichneten.42
Die Nähe, nicht nur geographisch, sondern auch funktional, der Pariser Uni-
versität zum Königshaus wird häufig von beiden Seiten herausgestellt. In der
panegyrischen Biographie Karls V. von Christine de Pizan43 erhält die sagesse,

40 Nathalie Gorochov, Le College de Navarre de sa fondation (1305) au debut du XVe siecle
(1418). Histoire de 1'institution, de sa vie intellectuelle et de son recrutement (Etudes
d'histoire medievale 1), Paris 1997; allgemein zu den Colleges in Paris vgl. Jacques Verger,
Les universites au Moyen Age, Paris 1973, S. 71-76.

41 Natalie Gorochov, Entre la cour et l'ecole. Les etudiants au service de l'Etat en France ä la
fin du Moyen Age (XIVe-XVe siecle), in: Les serviteurs de l'Etat au Moyen Age: XXIXe Con-
gres de la S.H.M.E.S. (Pau, mai 1998), hg. von der Societe des historiens medievistes de
l'enseignement superieur public, Paris 1999, S. 249- 256.

42 „On peut voir combien le roi Charles V aimait les sciences et l'etude, dans le grand amour
qu'il portait a sa fille bien-aimee, 1'Universite de Paris.", zitiert aus Christine de Pizan, Le
Livre des faits et bonnes moeurs du roi Charles V le Sage, traduit et presente par Eric Hicks
et Therese Moreau, Paris 1997, p. 219. Vgl. Daisy Delogu, The King's two daughters:
Isabelle of France and the University of Paris, Fille du Roy, in: Republics of Letters. A Jour-
nal for the Study of Knowledge, Politics, and the Arts 3,2 (2013), bes. S. 11-21.

43 Christine de Pisan [Pizan], Le livre des faits et bonnes meurs du sage roi Charles V, hg. von
Suzanne Solente, Paris 1977 (Reprint von 1936) im französischen Original; für neuere
 
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