Überblickskommentar, Kapitel 1.8: Struktur von UB I DS 67
sehen und der schriftstellerischen Seite des Buches differenziert: Während
Strauß als „theologischer Sektirer“ mit einem „curiosen Privatglauben“ Antipa-
thien auf sich zieht (207), erscheint er einer großen Lesergemeinde als „klas-
sischer Schriftsteller“ par excellence (207).
9.
Diese Thematik vertieft N. anschließend im 9. Kapitel (208-216), in dem er sich
zunächst der „Architektur des Buches“ zuwendet, um anschließend den „Sti-
listen und Sprachkünstler Strauss“ zum Gegenstand kritischer Analyse zu ma-
chen (209). Unter dem Aspekt der Proportionalität (209) und des logischen Zu-
sammenhangs stellt N. zunächst die Struktur des Buches in Frage: Schon bei
den „vier Hauptfragen“, die den gedanklichen Duktus von ANG bestimmen,
vermisst er logische Stringenz im Verhältnis der Fragen zueinander (209).
Darüber hinaus attestiert er Strauß, er habe den Übergang vom christli-
chen Theologen zum Philosophen nicht wirklich konsequent vollzogen (210).
Diese Diagnose formuliert er auf der Basis von zwei Indizien: Erstens transfor-
miere Strauß die philosophischen Fragestellungen im Sinne der christlichen
Tradition und übersehe dabei die Bedeutung der anderen Weltreligionen, etwa
den Stellenwert des Buddhismus. Und zweitens vermöge er „nicht zwischen
Glauben und Wissen zu unterscheiden“; infolgedessen spreche er dort vom
„neuen Glauben“, wo eigentlich von der „neueren Wissenschaft“ die Rede sein
müßte, ja er verwende die Begriffe erstaunlicherweise sogar synonym (210).
Wenn aber Strauß’ „neuer Glaube“ mit „der modernen Wissenschaft“ koinzi-
diere, dann sei er eigentlich „gar nicht Religion“ (211).
Als verfehlt betrachtet N. den Titel von Strauß’ ANG auch mit dem Argu-
ment, dass im Text „nur wenige zerstreute Seiten“ überhaupt mit einem „Glau-
ben“ zu tun haben (211). Sie konzentrieren sich auf eine „mysteriöse“ (215),
aber pietätvolle „Empfindung für das All“ (211), die N. als einen kompensatori-
schen „Nothglauben“ beschreibt (212). Primär sei der Autor darum bemüht,
seine Adressaten „auf den Glauben an den Naturforscher Strauss“ zu verpflich-
ten (212). Laut N. hat die „ganze moderne Natur- und Geschichts-Forschung“
jedoch nicht das Geringste zu tun mit diesem „Glauben an das All“, der sogar
für den Philister eigentlich bedeutungslos und deshalb überflüssig ist (212). Ein
überzeugendes „Gedankenschema“ (213) vermisst N. in ANG ebenso wie eine
„streng methodisch“ konzipierte systematische Ordnung und wissenschaftli-
che Originalität (213-214).
Dass Strauß selbst sein Buch als „leicht geschürzt“ bezeichnet, hält N. für
so ridikül, dass er sich dadurch zur Polemik herausgefordert sieht (213-214).
sehen und der schriftstellerischen Seite des Buches differenziert: Während
Strauß als „theologischer Sektirer“ mit einem „curiosen Privatglauben“ Antipa-
thien auf sich zieht (207), erscheint er einer großen Lesergemeinde als „klas-
sischer Schriftsteller“ par excellence (207).
9.
Diese Thematik vertieft N. anschließend im 9. Kapitel (208-216), in dem er sich
zunächst der „Architektur des Buches“ zuwendet, um anschließend den „Sti-
listen und Sprachkünstler Strauss“ zum Gegenstand kritischer Analyse zu ma-
chen (209). Unter dem Aspekt der Proportionalität (209) und des logischen Zu-
sammenhangs stellt N. zunächst die Struktur des Buches in Frage: Schon bei
den „vier Hauptfragen“, die den gedanklichen Duktus von ANG bestimmen,
vermisst er logische Stringenz im Verhältnis der Fragen zueinander (209).
Darüber hinaus attestiert er Strauß, er habe den Übergang vom christli-
chen Theologen zum Philosophen nicht wirklich konsequent vollzogen (210).
Diese Diagnose formuliert er auf der Basis von zwei Indizien: Erstens transfor-
miere Strauß die philosophischen Fragestellungen im Sinne der christlichen
Tradition und übersehe dabei die Bedeutung der anderen Weltreligionen, etwa
den Stellenwert des Buddhismus. Und zweitens vermöge er „nicht zwischen
Glauben und Wissen zu unterscheiden“; infolgedessen spreche er dort vom
„neuen Glauben“, wo eigentlich von der „neueren Wissenschaft“ die Rede sein
müßte, ja er verwende die Begriffe erstaunlicherweise sogar synonym (210).
Wenn aber Strauß’ „neuer Glaube“ mit „der modernen Wissenschaft“ koinzi-
diere, dann sei er eigentlich „gar nicht Religion“ (211).
Als verfehlt betrachtet N. den Titel von Strauß’ ANG auch mit dem Argu-
ment, dass im Text „nur wenige zerstreute Seiten“ überhaupt mit einem „Glau-
ben“ zu tun haben (211). Sie konzentrieren sich auf eine „mysteriöse“ (215),
aber pietätvolle „Empfindung für das All“ (211), die N. als einen kompensatori-
schen „Nothglauben“ beschreibt (212). Primär sei der Autor darum bemüht,
seine Adressaten „auf den Glauben an den Naturforscher Strauss“ zu verpflich-
ten (212). Laut N. hat die „ganze moderne Natur- und Geschichts-Forschung“
jedoch nicht das Geringste zu tun mit diesem „Glauben an das All“, der sogar
für den Philister eigentlich bedeutungslos und deshalb überflüssig ist (212). Ein
überzeugendes „Gedankenschema“ (213) vermisst N. in ANG ebenso wie eine
„streng methodisch“ konzipierte systematische Ordnung und wissenschaftli-
che Originalität (213-214).
Dass Strauß selbst sein Buch als „leicht geschürzt“ bezeichnet, hält N. für
so ridikül, dass er sich dadurch zur Polemik herausgefordert sieht (213-214).