Stellenkommentar UB I DS 2, KSA 1, S. 163-165 87
Eine ähnliche Metaphorik wählt N. schon in UB I DS, wenn er die Problematik
infolge der Überfülle heterogener kultureller Einflüsse als „moderne Jahr-
markts-Buntheit“ etikettiert (163, 22-23).
163, 24 das „Moderne an sich“] Schon Schopenhauer verwendet den Begriff
„das Moderne“ gelegentlich pejorativ, um den Journalstil der „Jetztzeit“ zu
kennzeichnen. Der Zusatz „an sich“ scheint sich ironisch gegen den Hegelia-
nismus zu richten, dem auch David Friedrich Strauß zuzurechnen ist. Vgl. dazu
die Hinweise in UB I DS (191, 8-22): Hier beschreibt N. Strauß als von der „He-
gelei“ infiziert. Den Begriff „Hegelei“, der sich auch in UB III SE findet (KSA 1,
423, 26), hat N. von Arthur Schopenhauer übernommen, der ihn beispielsweise
in seiner Schrift Ueber die Universitäts-Philosophie im Rahmen der Parerga und
Paralipomena I wiederholt benutzt (PP I, Hü 156, 157, 177, 178, 205). Vgl. auch
die Überblickskommentare zu UB I DS (z. B. in Kapitel LI) und zu UB III SE (vor
allem in Kapitel III.4).
164, 9-14 „Wir Deutsche sind von gestern, sagte Goethe einmal zu Eckermann,
wir haben zwar seit einem Jahrhundert ganz tüchtig kultivirt, allein es können
noch ein paar Jahrhunderte hingehen, ehe bei unseren Landsleuten so viel Geist
und höhere Kultur eindringe und allgemein werde, dass man von ihnen wird sa-
gen können, es sei lange her, dass sie Barbaren gewesen.“] An dieser
Stelle zitiert N. aus Goethes Gespräch mit Johann Peter Eckermann vom 3. Mai
1827: „Wir Deutschen sind von gestern. Wir haben zwar seit einem Jahrhundert
ganz tüchtig kultiviert; allein es können noch ein paar Jahrhunderte hingehen,
ehe bei unseren Landsleuten so viel Geist und höhere Kultur eindringe und
allgemein werde, daß sie gleich den Griechen der Schönheit huldigen, daß sie
sich für ein hübsches Lied begeistern, und daß man von ihnen wird sagen
können, es sei lange her, daß sie Barbaren gewesen“ (Goethe: FA, Abt. II, Bd. 12
(39), 611-612).
2.
165, 6 Bildungsphilister] Ursprünglich bezeichnete der Begriff ,Philister4
ein Volk, das im 2. und 1. Jahrtausend v. Chr. in Palästina ansässig war, von
den Ägyptern unterworfen wurde, später gegen israelitische Stämme zu Felde
zog und dem Alten Testament zufolge durch David besiegt wurde (vgl. 2. Samu-
el 5, 7 ff.). Dass sich mit dem ,Philister4 zusehends auch die Vorstellung geisti-
ger Beschränktheit verband, war durch eine tendenziöse Darstellung in der
Bibel bedingt.
N. versteht das Kompositum ,Bildungsphilister4 keineswegs nur als Spezifi-
kation des Simplex ,Philister4. Das zeigen seine Begriffsdefinitionen: „Das Wort
Eine ähnliche Metaphorik wählt N. schon in UB I DS, wenn er die Problematik
infolge der Überfülle heterogener kultureller Einflüsse als „moderne Jahr-
markts-Buntheit“ etikettiert (163, 22-23).
163, 24 das „Moderne an sich“] Schon Schopenhauer verwendet den Begriff
„das Moderne“ gelegentlich pejorativ, um den Journalstil der „Jetztzeit“ zu
kennzeichnen. Der Zusatz „an sich“ scheint sich ironisch gegen den Hegelia-
nismus zu richten, dem auch David Friedrich Strauß zuzurechnen ist. Vgl. dazu
die Hinweise in UB I DS (191, 8-22): Hier beschreibt N. Strauß als von der „He-
gelei“ infiziert. Den Begriff „Hegelei“, der sich auch in UB III SE findet (KSA 1,
423, 26), hat N. von Arthur Schopenhauer übernommen, der ihn beispielsweise
in seiner Schrift Ueber die Universitäts-Philosophie im Rahmen der Parerga und
Paralipomena I wiederholt benutzt (PP I, Hü 156, 157, 177, 178, 205). Vgl. auch
die Überblickskommentare zu UB I DS (z. B. in Kapitel LI) und zu UB III SE (vor
allem in Kapitel III.4).
164, 9-14 „Wir Deutsche sind von gestern, sagte Goethe einmal zu Eckermann,
wir haben zwar seit einem Jahrhundert ganz tüchtig kultivirt, allein es können
noch ein paar Jahrhunderte hingehen, ehe bei unseren Landsleuten so viel Geist
und höhere Kultur eindringe und allgemein werde, dass man von ihnen wird sa-
gen können, es sei lange her, dass sie Barbaren gewesen.“] An dieser
Stelle zitiert N. aus Goethes Gespräch mit Johann Peter Eckermann vom 3. Mai
1827: „Wir Deutschen sind von gestern. Wir haben zwar seit einem Jahrhundert
ganz tüchtig kultiviert; allein es können noch ein paar Jahrhunderte hingehen,
ehe bei unseren Landsleuten so viel Geist und höhere Kultur eindringe und
allgemein werde, daß sie gleich den Griechen der Schönheit huldigen, daß sie
sich für ein hübsches Lied begeistern, und daß man von ihnen wird sagen
können, es sei lange her, daß sie Barbaren gewesen“ (Goethe: FA, Abt. II, Bd. 12
(39), 611-612).
2.
165, 6 Bildungsphilister] Ursprünglich bezeichnete der Begriff ,Philister4
ein Volk, das im 2. und 1. Jahrtausend v. Chr. in Palästina ansässig war, von
den Ägyptern unterworfen wurde, später gegen israelitische Stämme zu Felde
zog und dem Alten Testament zufolge durch David besiegt wurde (vgl. 2. Samu-
el 5, 7 ff.). Dass sich mit dem ,Philister4 zusehends auch die Vorstellung geisti-
ger Beschränktheit verband, war durch eine tendenziöse Darstellung in der
Bibel bedingt.
N. versteht das Kompositum ,Bildungsphilister4 keineswegs nur als Spezifi-
kation des Simplex ,Philister4. Das zeigen seine Begriffsdefinitionen: „Das Wort