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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1/2): Kommentar zu Nietzsches Unzeitgemässen Betrachtungen: I. David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller, II. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben — Berlin, Boston: De Gruyter, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69926#0251
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Stellenkommentar UB I DS 12, KSA 1, S. 227 225

Sprache wird jetzt von dem Federvieh (wie kürzlich ein Litterat seine Kollegen
nannte) methodisch zu Grunde gerichtet“ (ebd., 61). Ausgehend vom Paradigma
der klassischen Sprachen Latein und Altgriechisch, vertritt Schopenhauer Posi-
tionen eines Sprachkonservativismus, wie das folgende Diktum erkennen lässt:
„Empörend ist es, die Deutsche Sprache zerfetzt, zerzaust und zerfleischt zu
sehen, und oben drauf den triumphirenden Unverstand, der selbstgefällig sein
Werk belächelt; während man bedenken sollte, daß die Sprache ein von den
Vorfahren überkommenes und den Nachkommen zu hinterlassendes Erbstück
ist“ (ebd., 62). Und am Ende seiner polemischen Sprachkritik bekennt Scho-
penhauer: Die deutsche „Sprache auf das Muthwilligste und Hirnloseste miß-
handeln und dilapidiren zu sehen von unwissenden Sudlern, Lohnschreibern,
Buchhändlersöldlingen, Zeitungsberichtern und dem ganzen Gelichter des Fe-
derviehs, ist mehr, als ich schweigend ertragen konnte und durfte“ (ebd., 101).
227, 26-28 „An einem Kuhhorn zu nagen, ist unnütz und verkürzt das Leben:
man reibt die Zähne ab und erhält doch keinen Saft.“] Hier greift N. auf die
dreiteilige Sammlung Indische Sprüche. Sanskrit und Deutsch zurück, die der
bedeutende Indologe Otto von Böhtlingk (1815-1904) in den Jahren 1863-1865
erstmals edierte: vgl. die 2., vermehrte und verbesserte Ausgabe (1870-1873),
Theil 1, S. 47, Spruch 253 (3453). In einem Brief an N. schreibt Carl von Gersdorff
am 10. Dezember 1875: „Ueber dieser Kannegiesserei hätte ich bald vergessen,
dich zu bitten, die 3 Bände indischer Sprüche, von Wolfgang Senfft in Bayreuth
säuberlich gebunden als eine kleine Verschönerung und Bereicherung deiner
Bücherei in dieser so aufzustellen, dass du dich gelegentlich derselben bedie-
nen, und wenn du zu nichts Besserem aufgelegt bist, mit bekanntem Scharf-
blick Sprüche, wie den vom ,Kuhhorn4 auffinden kannst“ (KGB II 6/1, Nr. 729,
S. 255).

12.
Als Material für das 12. und letzte Kapitel von UB I DS verwendete N. besonders
ausgiebig seine Exzerpte zu David Friedrich Strauß’ Schrift Der alte und der
neue Glaube. Ein Bekenntniß (Leipzig 1872). Sie sind abgedruckt in KGWIII5/
1, S. 349-356. Die zahlreichen und oftmals sehr ausführlichen Zitate aus ANG
im 12. Kapitel von UB I DS erscheinen in KSA 1 gesperrt und werden im Folgen-
den demgemäß wiedergegeben.
227, 31 Sammlung von Stilproben] Dieselbe Formulierung gebraucht N. bereits
am 18. April 1873, wenn er Richard Wagner brieflich mitteilt, er bereite „ein
Schriftstück gegen den berühmten Schriftsteller David Strauss“ vor und
 
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