Stellenkommentar UB II HL 9, KSA 1, S. 315-316 549
Heimat entfremdet und lernt an allen Sitten und Begriffen zweifeln. Es war in
jeder Zeit anders: ,es kommt nicht darauf an, wie du bist4.“ (NL 1873, 29 [56],
KSA 7, 651.)
315, 20-22 „Darum rüstig vorwärts im Weltprozess als Arbeiter im Weinberge
des Herrn, denn der Prozess allein ist es, der zur Erlösung führen kann“!] Zitat
aus Eduard von Hartmanns Philosophie des Unbewußten (637-638). Die Meta-
pher ,Arbeiter im Weinberge des Herrn4 hat Hartmann aus der Bibel übernom-
men (Matthäus 20, 1-16).
316, 3-16 Wie er aber gelebt hat, sagt uns in übermässiger Steinschrift-Deutlich-
keit jene berühmte Seite mit den gross gedruckten Sätzen, über welche das ganze
zeitgemässe Bildungs-Hefenthum in blindes Entzücken und entzückte Tobsucht
gerathen ist, weil es in diesen Sätzen seine eigene Rechtfertigung, und zwar seine
Rechtfertigung im apokalyptischen Lichte zu lesen glaubte. Denn von jedem Ein-
zelnen forderte der unbewusste Parodist „die volle Hingabe der Persönlichkeit an
den Weltprozess um seines Zieles, der Welterlösung willen“: oder noch heller und
klarer: „die Bejahung des Willens zum Leben wird als das vorläufig allein Richti-
ge proclamirt; denn nur in der vollen Hingabe an das Leben und seine Schmer-
zen, nicht in feiger persönlicher Entsagung und Zurückziehung, ist etwas für den
Weltprozess zu leisten“] Die von N. erwähnte „berühmte Seite“ ist die Seite 638
in Eduard von Hartmanns Buch Philosophie des Unbewußten, aus der N. hier
zitiert. Mit „übermässiger Steinschrift-Deutlichkeit“ meint N. die Hervorhebung
der zentralen Aussagen durch einen größeren Schriftgrad und durch Fettdruck.
Beispielsweise betont Hartmann das Wort „Welterlösung“ durch größere
Drucktype und Fettschrift.
N. bezieht sich auf zwei Aussagen, die Hartmann auf diese Weise markiert
hat: „das Princip der practischen Philosophie besteht darin, die Zwecke des
Unbewussten zu Zwecken seines Bewußtseins zu machen, was sich unmit-
telbar aus den beiden Prämissen ergiebt, dass erstens das Bewusstsein das Ziel
der Welterlösung vom Elend des Wollens zu seinem Ziele gemacht hat, und
dass es zweitens die Ueberzeugung von der Allweisheit des Unbewussten hat,
in Folge deren es alle vom Unbewussten aufgewendeten Mittel als die mög-
lichst zweckmäßigen anerkennt [...] so wird auf diesem Standpuncte der In-
stinct [...] wieder in seine Rechte eingesetzt und die Beja-
hung des Willens zum Leben als das vorläufig allein
Richtige proclamirt; denn nur in der vollen Hingabe an
das Leben und seine Schmerzen, nicht in feiger persönli-
cher Entsagung und Zurückziehung ist etwas für den
Weltprocess zu leisten“ (638).
Eduard von Hartmann greift auf Begriffe Schopenhauers zurück, wenn er
affirmativ auf die „Bejahung des Willens zum Leben“ rekurriert, grenzt sich
Heimat entfremdet und lernt an allen Sitten und Begriffen zweifeln. Es war in
jeder Zeit anders: ,es kommt nicht darauf an, wie du bist4.“ (NL 1873, 29 [56],
KSA 7, 651.)
315, 20-22 „Darum rüstig vorwärts im Weltprozess als Arbeiter im Weinberge
des Herrn, denn der Prozess allein ist es, der zur Erlösung führen kann“!] Zitat
aus Eduard von Hartmanns Philosophie des Unbewußten (637-638). Die Meta-
pher ,Arbeiter im Weinberge des Herrn4 hat Hartmann aus der Bibel übernom-
men (Matthäus 20, 1-16).
316, 3-16 Wie er aber gelebt hat, sagt uns in übermässiger Steinschrift-Deutlich-
keit jene berühmte Seite mit den gross gedruckten Sätzen, über welche das ganze
zeitgemässe Bildungs-Hefenthum in blindes Entzücken und entzückte Tobsucht
gerathen ist, weil es in diesen Sätzen seine eigene Rechtfertigung, und zwar seine
Rechtfertigung im apokalyptischen Lichte zu lesen glaubte. Denn von jedem Ein-
zelnen forderte der unbewusste Parodist „die volle Hingabe der Persönlichkeit an
den Weltprozess um seines Zieles, der Welterlösung willen“: oder noch heller und
klarer: „die Bejahung des Willens zum Leben wird als das vorläufig allein Richti-
ge proclamirt; denn nur in der vollen Hingabe an das Leben und seine Schmer-
zen, nicht in feiger persönlicher Entsagung und Zurückziehung, ist etwas für den
Weltprozess zu leisten“] Die von N. erwähnte „berühmte Seite“ ist die Seite 638
in Eduard von Hartmanns Buch Philosophie des Unbewußten, aus der N. hier
zitiert. Mit „übermässiger Steinschrift-Deutlichkeit“ meint N. die Hervorhebung
der zentralen Aussagen durch einen größeren Schriftgrad und durch Fettdruck.
Beispielsweise betont Hartmann das Wort „Welterlösung“ durch größere
Drucktype und Fettschrift.
N. bezieht sich auf zwei Aussagen, die Hartmann auf diese Weise markiert
hat: „das Princip der practischen Philosophie besteht darin, die Zwecke des
Unbewussten zu Zwecken seines Bewußtseins zu machen, was sich unmit-
telbar aus den beiden Prämissen ergiebt, dass erstens das Bewusstsein das Ziel
der Welterlösung vom Elend des Wollens zu seinem Ziele gemacht hat, und
dass es zweitens die Ueberzeugung von der Allweisheit des Unbewussten hat,
in Folge deren es alle vom Unbewussten aufgewendeten Mittel als die mög-
lichst zweckmäßigen anerkennt [...] so wird auf diesem Standpuncte der In-
stinct [...] wieder in seine Rechte eingesetzt und die Beja-
hung des Willens zum Leben als das vorläufig allein
Richtige proclamirt; denn nur in der vollen Hingabe an
das Leben und seine Schmerzen, nicht in feiger persönli-
cher Entsagung und Zurückziehung ist etwas für den
Weltprocess zu leisten“ (638).
Eduard von Hartmann greift auf Begriffe Schopenhauers zurück, wenn er
affirmativ auf die „Bejahung des Willens zum Leben“ rekurriert, grenzt sich