Stellenkommentar UB II HL 10, KSA 1, S. 326 563
„scherzhafte Abhandlung“ Der Philister vor, in und nach der Geschichte, die
1811 erschien.
Joseph Freiherr von Eichendorff verfasste um 1820 das satirische Drama
Krieg den Philistern. Dramatisches Mährchen in fünf Abentheuern, das 1824 als
Buch erschien. Nach einem Vorabdruck daraus publizierte Willibald Alexis die
folgende Rezension im literarischen Conversations-Blatt‘ (Leipzig, 24. April
1823): „Aber die Perle des ersten Quartals ist das eben so charakteristische, als
witzige und von wahrer Poesie zeugende, dramatische Mährchen des Freiherrn
von Eichendorff, Krieg den Philistern, betitelt. [...] Kaum wissen wir, ob wir den
Scenen im eigentlichen Lande der Philister oder auf dem im Sande segelnden
Schiffe der Poetischen den Vorzug geben sollen. [...] Daß der Dichter die libera-
len Ideen, welche das Schiff regieren, anfeindet, darf, da es vom Standpunkte
der Poesie aus geschieht, ihm Niemand verargen. Er schont indessen Nieman-
den, wie es dem echten Humor geziemt, und wenn er den einen Philister sagen
läßt: ,Nichts geht doch über einen wohlgenährten, feisten Staat, der breit und
fest auf den Beinen steht. An den mag der Zeitgeist rütteln und stoßen, er
kriegt ihn nicht von der Stelle!* so dürften auch die Liberalen versöhnt sein.
[...] Das Ganze erinnert an die trefflichsten Scenen aus Tieck’s verkehrter Welt
und dem Zerbino“. - In seinem späten Aufsatz Die geistliche Poesie in Deutsch-
land definierte Eichendorff den Begriff folgendermaßen: „ein Philister ist, wer
mit Nichts geheimnisvoll und wichtig tut, wer die hohen Dinge materialistisch
und also gemein ansieht, wer sich selbst als goldenes Kalb in die Mitte der
Welt setzt und es ehrfurchtsvoll anbetend umtanzt“ (FA, Bd. VI, 367). Mit dieser
älteren Bedeutung kann sogar der von N. angegriffene David Friedrich Strauß
den Begriff,Philister4 in der Auseinandersetzung mit dem Heidelberger Theolo-
gen Schenkel 1865 polemisch gegen diesen wenden (Der Schenkelsche Handel
in Baden).
N. schließt mit seinem Begriff des ,Philisters4 an Schopenhauer an, der die
Begriffe ,Philister4 und ,Philisterei4 in seinen Schriften wiederholt polemisch
gebraucht. In den Aphorismen zur Lebensweisheit, die im Rahmen der Parerga
und Paralipomena I erschienen sind, gibt Schopenhauer die folgende Defini-
tion: „Inzwischen will ich hier doch nicht unerwähnt lassen, daß der Mensch,
welcher, in Folge des streng und knapp normalen Maaßes seiner intellektuel-
len Kräfte, keine geistige Bedürfnisse hat, es eigentlich ist, den ein
der deutschen Sprache ausschließlich eigener, vom Studentenleben ausgegan-
gener, nachmals aber in einem höheren, wiewohl dem ursprünglichen, durch
den Gegensatz zum Musensohne, immer noch analogen Sinne gebrauchter
Ausdruck als den Philister bezeichnet. Dieser nämlich ist und bleibt der
apovooq avpp“ (PP I, Hü 364). [Schopenhauer lässt hier im griechischen Zitat
die Akzente weg.] - Dass N. direkt an diese Bemerkung Schopenhauers an-
„scherzhafte Abhandlung“ Der Philister vor, in und nach der Geschichte, die
1811 erschien.
Joseph Freiherr von Eichendorff verfasste um 1820 das satirische Drama
Krieg den Philistern. Dramatisches Mährchen in fünf Abentheuern, das 1824 als
Buch erschien. Nach einem Vorabdruck daraus publizierte Willibald Alexis die
folgende Rezension im literarischen Conversations-Blatt‘ (Leipzig, 24. April
1823): „Aber die Perle des ersten Quartals ist das eben so charakteristische, als
witzige und von wahrer Poesie zeugende, dramatische Mährchen des Freiherrn
von Eichendorff, Krieg den Philistern, betitelt. [...] Kaum wissen wir, ob wir den
Scenen im eigentlichen Lande der Philister oder auf dem im Sande segelnden
Schiffe der Poetischen den Vorzug geben sollen. [...] Daß der Dichter die libera-
len Ideen, welche das Schiff regieren, anfeindet, darf, da es vom Standpunkte
der Poesie aus geschieht, ihm Niemand verargen. Er schont indessen Nieman-
den, wie es dem echten Humor geziemt, und wenn er den einen Philister sagen
läßt: ,Nichts geht doch über einen wohlgenährten, feisten Staat, der breit und
fest auf den Beinen steht. An den mag der Zeitgeist rütteln und stoßen, er
kriegt ihn nicht von der Stelle!* so dürften auch die Liberalen versöhnt sein.
[...] Das Ganze erinnert an die trefflichsten Scenen aus Tieck’s verkehrter Welt
und dem Zerbino“. - In seinem späten Aufsatz Die geistliche Poesie in Deutsch-
land definierte Eichendorff den Begriff folgendermaßen: „ein Philister ist, wer
mit Nichts geheimnisvoll und wichtig tut, wer die hohen Dinge materialistisch
und also gemein ansieht, wer sich selbst als goldenes Kalb in die Mitte der
Welt setzt und es ehrfurchtsvoll anbetend umtanzt“ (FA, Bd. VI, 367). Mit dieser
älteren Bedeutung kann sogar der von N. angegriffene David Friedrich Strauß
den Begriff,Philister4 in der Auseinandersetzung mit dem Heidelberger Theolo-
gen Schenkel 1865 polemisch gegen diesen wenden (Der Schenkelsche Handel
in Baden).
N. schließt mit seinem Begriff des ,Philisters4 an Schopenhauer an, der die
Begriffe ,Philister4 und ,Philisterei4 in seinen Schriften wiederholt polemisch
gebraucht. In den Aphorismen zur Lebensweisheit, die im Rahmen der Parerga
und Paralipomena I erschienen sind, gibt Schopenhauer die folgende Defini-
tion: „Inzwischen will ich hier doch nicht unerwähnt lassen, daß der Mensch,
welcher, in Folge des streng und knapp normalen Maaßes seiner intellektuel-
len Kräfte, keine geistige Bedürfnisse hat, es eigentlich ist, den ein
der deutschen Sprache ausschließlich eigener, vom Studentenleben ausgegan-
gener, nachmals aber in einem höheren, wiewohl dem ursprünglichen, durch
den Gegensatz zum Musensohne, immer noch analogen Sinne gebrauchter
Ausdruck als den Philister bezeichnet. Dieser nämlich ist und bleibt der
apovooq avpp“ (PP I, Hü 364). [Schopenhauer lässt hier im griechischen Zitat
die Akzente weg.] - Dass N. direkt an diese Bemerkung Schopenhauers an-