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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0035
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Überblickskommentar 15

08.11.1887, KSB 8/KGB III/5, Nr. 946, S. 186, Z. 22-25 u. an Burckhardt,
14.11.1887, KSB 8/KGB III/5, Nr. 952, S. 198, Z. 19-26).
Naumann gegenüber fragte sich N. am 14. 02.1888, ob es bei GM „rathsam
gewesen“ wäre, „den Titel Jenseits von Gut und Böse4 zu wiederholen und
darüberzusetzen. Anhang. Drei Abhandlungen“ (KSB 8/KGB III/5,
Nr. 994, S. 255, Z. 9-11). Die sehr verhaltenen und gelegentlich offen feindseli-
gen Rezensionen von JGB (vgl. Reich 2013, 614-667) nahm er nicht ohne Bitter-
keit zur Kenntnis (vgl. N. an Franziska Nietzsche, 10.10.1887, KSB 8/KGB III/
5, Nr. 924, S. 164 f.). Diese Reaktionen dienten ihm dann nicht nur als Beleg
dafür, dass die Deutschen unfähig seien, ihn zu verstehen - Widmann, Taine
und Burckhardt waren bezeichnenderweise keine Deutschen -, sondern über-
dies als Beleg für ihre Rückständigkeit: „Oder denken Sie vielleicht günstiger
über die jetzigen Deutschen? Mir scheint es, daß sie Jahr für Jahr in rebus
psychologicis plumper und viereckiger werden (recht im Gegensatz zu den Pa-
risern, wo Alles nuance und Mosaik wird), daß ihnen alle tieferen Ereignis-
se entschlüpfen. Zum Beispiel mein Jenseits von Gut und Böse4 — welche Ver-
legenheit hat es ihnen gemacht! Nicht ein intelligentes Wort habe ich darüber
zu hören bekommen, geschweige ein intelligentes Gefühl.“ (N. an Georg
Brandes, 08. 01.1888, Nr. 974, S. 228, Z. 32-39) Die schlechte Aufnahme des
Werks wird nicht nur zum Gradmesser der kulturellen Misere in Deutschland,
vielmehr rückt JGB auch in N.s Selbstdeutung zum Schlüsselwerk auf. So be-
dauerte N. gegenüber dem Bund-Feuilletonredakteur Josef Viktor Widmann,
dass Carl Spitteier in seinem vom Bund am 01. 01.1888 abgedruckten Essay
Friedrich Nietzsche aus seinen Werken (KGB III 7/3, 2, S. 961-972) JGB nicht be-
rücksichtigt habe: „Damit fehlte ihm eigentlich der Boden unter den Füßen,
um über die letzterschienene »Streitschrift!4 (Genealogie der Moral) mitzureden.
[...] Hat nicht die Absicht einer Schrift nicht immer erst das Gesetz ihres Stils
zu schaffen? Ich verlange, daß, wenn diese Absicht sich ändert, man auch
unerbittlich das ganze Prozedurensystem des Stils ändert. Dies habe ich zum
Beispiel im Jenseits4 gethan, dessen Stil meinem früheren Stil nicht mehr ähn-
lich sieht: die Absicht, das Schwergewicht war verlegt“ (N. an Widmann,
04. 02.1888, KSB 8/KGB III/5, Nr. 985, S. 244 f., Z. 17-32, vgl. N. an Spitteier,
10. 02.1888, KSB 8/KGB III/5, Nr. 988, S. 247, Z. 42-49). In Äußerungen wie die-
ser, dass JGB einen völlig neuen Stil erforderlich gemacht habe, wird die Konti-
nuitätsbehauptung in jenen Selbstzeugnissen konterkariert, welche die Einheit
der Denkbewegung und die organische Verbindung einzelner Werke miteinan-
der betonen. JGB kann für sich stehen, wie aus N.s Lektüreempfehlung für Karl
Knortz am 21. 06.1888 hervorgeht: „Fast möchte ich rathen, mit den letzten Wer-
ken anzufangen, die die weitgreifendsten und wichtigsten sind (Jenseits von
Gut und Böse4 und »Genealogie der Moral4).“ (KSB 8/KGB III/5, Nr. 1050, S. 340,
 
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