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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0247
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Stellenkommentar JGB 25, KSA 5, S. 43 227

die Erde fest. / Doch du bist stark, und in den Sternen steht dein Haupt. /
Von aller höchsten Dinge höchster Höhe / Stammt tief in meiner Brust / Der
Widerstreit, ob ich den Toten, ob ich Gott gehöre. / Oh, gieb dein Recht nicht
auf! Ergieb dich nicht! / Du weichst - es führt in Fesseln / Der Fährmann dich
über des Acheron / Schwarze, kalte Gewässer. / Erkühne - erkenne dich! Er-
klimme / Die heilgen Firnen: / Denn nun bist du bei Gott, du fluthest, / Ein
Flammenmeer, empor.“ (KGB III/2, Nr. 232, S. 436, Z. 22-35) Schließlich: „Die
Doggen los! - Mit allen seinen Hunden / Zum Wald Aktäon eilt. Ein schlimmer
Segen / Führt ihn auf ungewiss verschlungnen Wegen, / Edelsten Wildes Spur
hat er gefunden. / Da sah er, was nicht Mensch noch Gott erschaut, / Ein Weib
in Wellen - war so wunderhold, / Nicht Alabaster, Elfenbein und Gold, / Kein
Meister hätt’s zu bilden sich getraut. / Der Jäger ist darob zum Wild gewor-
den, / Hat vor den Hunden, die er losgekettet, / In toller Hatz das Leben kaum
gerettet. - / Vom hohen Ziel, vom Fluge ohne Schranken / Kehrt so ihr jetzt
euch um, mich zu ermorden, / Oh meine unbarmherzigen Gedanken.“ (KGB
III/2, Nr. 232, S. 436 f., Z. 38-51. Zwei der drei Gedichte wurden nach KGB III 7/
1, 772 in den Bayreuther Blättern von 1885 - S. 224 f. - publiziert, vgl. auch
Bernauer 1998, 139-191.) N. beantwortete die Zusendung zwar höflich, aber
man weiß doch nicht recht, ob seine Dankbarkeit das Maß bloßer Konvention
überschreitet: „Diese Gedichte Giordano Bruno’s sind ein Geschenk, für wel-
ches ich Ihnen von ganzem Herzen dankbar bin. Ich habe mir erlaubt, sie mir
zuzueignen, wie als ob ich sie gemacht hätte und für mich — und sie als stär-
kende Tropfen »eingenommen4.“ (N. an Heinrich von Stein, 22. 05 1884, KSB 6/
KGB III/l, Nr. 514, S. 507, Z. 3-6) Immerhin nannte er Bruno neben Goethe und
Platon in einem wohl ungefähr zeitgleichen Nachlassnotat über ,,höhere[.] For-
men“ menschlicher Existenz, „wo der Künstler nur ein Theil des Menschen ist
[...]. Diese Formen gerathen selten.“ (NL 1884, KSA 11, 26[42], 159, 6-8) Das
Nicht-Gelingen unterstellt 43, 4-12 der philosophischen Existenzform Brunos,
was auch auf der Folie der Polemik gegen das philosophische Martyrium
durchaus konsequent ist (aus 26 [42] wird nicht deutlich, ob Platon, Bruno und
Goethe als gelingende oder nicht gelingende „höhere Formen“ gelten sollen).
Gerade das dritte Gedicht in Steins Blütenlese, das Bruno als Verfolgten seiner
eigenen Gedanken stilisiert, könnte ihn für N. als „Schlimm-Gehetzten“ attrak-
tiv gemacht haben.
43, 13 f. an einem Philosophen das unfehlbare Zeichen dafür ist, dass ihm der
philosophische Humor davon lief Im Druckmanuskript hieß es stattdessen: „ein
unfehlbares Zeichen dafür ist, daß Einer zum Philosophen verdorben ist“ (KSA
14, 350).
43, 24-27 nur ein Satyrspiel, nur eine Nachspiel-Farce, nur den fortwährenden
Beweis dafür, dass die lange eigentliche Tragödie zu Ende ist: vorausgesetzt,
 
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