Stellenkommentar JGB 28, KSA 5, S. 47 241
nerung dann eigenwillig umformte. N. wünschte 1888 übrigens, dass Zimmern
Werke von ihm ins Englische übersetze, was sie damals freilich nicht tun
mochte, um später dann doch noch JGB zu übertragen - wobei die Publikation
sich bis 1907 verzögerte (vgl. Knödgen 1997, 2, Fn. 5 u. 35 f.).
Zu N. und Lessing im Allgemeinen siehe Diana Behler 1979, Diana Behler
1985, Crescenzi 1991 u. Nebrig 2013.
47, 2-9 Aber wie vermöchte die deutsche Sprache, und sei es selbst in der Prosa
eines Lessing, das tempo Macchiavell’s nachzuahmen, der, in seinem principe,
die trockne feine Luft von Florenz athmen lässt und nicht umhin kann, die erns-
teste Angelegenheit in einem unbändigen Allegrissimo vorzutragen: vielleicht
nicht ohne ein boshaftes Artisten-Gefühl davon, welchen Gegensatz er wagt, —
Gedanken, lang, schwer, hart, gefährlich, und ein tempo des Galopps und der
allerbesten muthwilligsten Laune.] N. hat den Principe (1513) des florentinischen
Staatsphilosophen Niccolö Machiavelli (1469-1527) wohl spätestens seit 1862
zumindest flüchtig gekannt (vgl. Gerhardt 1989a, 93 f.). In seiner Bibliothek hat
sich nur eine französische Ausgabe des Werks erhalten, dessen Stil JGB 28 so
sehr rühmt (Machiavel 1873). Ob N. den Principe tatsächlich gelesen hat, ist
nicht unumstritten (vgl. Brobjer 1995, 81); jedenfalls hat er sich sekundär viel-
fach über das Werk und seinen Verfasser unterrichten können (vgl. z. B. Burck-
hardt 1869b, 68-70 u. ö., Hillebrand 1886b oder Hellwald 1877a, 2, 423). Machi-
avelli galt im 19. Jahrhundert durchaus als Stil-Vorbild. So lobte Honore de
Balzac in seinem Brief vom 06. 04.1839 an Stendhal dessen Chartreuse de Par-
me mit Worten, die N. in seinem Exzerpt NL 1884, KSA 11, 25[31], 19, 21-23 wie
folgt wiedergibt: „Schön wie l’italien, und wenn Macchiaveil in unseren Tagen
einen Roman schriebe, so würde es die Chartreuse sein.“ (Die Quelle ist Balzac
1876a, 1, 459, vgl. auch Campioni 2009,186 f.). Dieses Exzerpt steht in unmittel-
barem zeitlichem Zusammenhang zur Aufzeichnung NL 1884, KSA 11, 25[38],
21, 14-20, die eine Vorarbeit von JGB 28 bildet. Zu N. und Machiavelli vgl. NK
KSA 6, 156, 10-14 u. NK KSA 6, 170, 8-10.
„Allegrissimo“ ist als musikalische Vortragsbezeichnung der Superlativ
von Allegro: „heiter“, „schnell“: „Der selten gebrauchte Superlativ Allegrissi-
mo steht in der Bedeutung etwa mit Presto gleich.“ (Meyer 1885-1892, 1, 376;
vgl. zum Presto NK 46, 10-20 u. NK 45, 25-31).
47, 9-20 Wer endlich dürfte gar eine deutsche Übersetzung des Petronius wa-
gen, der, mehr als irgend ein grosser Musiker bisher, der Meister des presto gewe-
sen ist, in Erfindungen, Einfällen, Worten: — was liegt zuletzt an allen Sümpfen
der kranken, schlimmen Welt, auch der „alten Welt“, wenn man, wie er, die Füsse
eines Windes hat, den Zug und Äthern, den befreienden Hohn eines Windes, der
Alles gesund macht, indem er Alles l a ufe n macht! Und was Aristophanes an-
nerung dann eigenwillig umformte. N. wünschte 1888 übrigens, dass Zimmern
Werke von ihm ins Englische übersetze, was sie damals freilich nicht tun
mochte, um später dann doch noch JGB zu übertragen - wobei die Publikation
sich bis 1907 verzögerte (vgl. Knödgen 1997, 2, Fn. 5 u. 35 f.).
Zu N. und Lessing im Allgemeinen siehe Diana Behler 1979, Diana Behler
1985, Crescenzi 1991 u. Nebrig 2013.
47, 2-9 Aber wie vermöchte die deutsche Sprache, und sei es selbst in der Prosa
eines Lessing, das tempo Macchiavell’s nachzuahmen, der, in seinem principe,
die trockne feine Luft von Florenz athmen lässt und nicht umhin kann, die erns-
teste Angelegenheit in einem unbändigen Allegrissimo vorzutragen: vielleicht
nicht ohne ein boshaftes Artisten-Gefühl davon, welchen Gegensatz er wagt, —
Gedanken, lang, schwer, hart, gefährlich, und ein tempo des Galopps und der
allerbesten muthwilligsten Laune.] N. hat den Principe (1513) des florentinischen
Staatsphilosophen Niccolö Machiavelli (1469-1527) wohl spätestens seit 1862
zumindest flüchtig gekannt (vgl. Gerhardt 1989a, 93 f.). In seiner Bibliothek hat
sich nur eine französische Ausgabe des Werks erhalten, dessen Stil JGB 28 so
sehr rühmt (Machiavel 1873). Ob N. den Principe tatsächlich gelesen hat, ist
nicht unumstritten (vgl. Brobjer 1995, 81); jedenfalls hat er sich sekundär viel-
fach über das Werk und seinen Verfasser unterrichten können (vgl. z. B. Burck-
hardt 1869b, 68-70 u. ö., Hillebrand 1886b oder Hellwald 1877a, 2, 423). Machi-
avelli galt im 19. Jahrhundert durchaus als Stil-Vorbild. So lobte Honore de
Balzac in seinem Brief vom 06. 04.1839 an Stendhal dessen Chartreuse de Par-
me mit Worten, die N. in seinem Exzerpt NL 1884, KSA 11, 25[31], 19, 21-23 wie
folgt wiedergibt: „Schön wie l’italien, und wenn Macchiaveil in unseren Tagen
einen Roman schriebe, so würde es die Chartreuse sein.“ (Die Quelle ist Balzac
1876a, 1, 459, vgl. auch Campioni 2009,186 f.). Dieses Exzerpt steht in unmittel-
barem zeitlichem Zusammenhang zur Aufzeichnung NL 1884, KSA 11, 25[38],
21, 14-20, die eine Vorarbeit von JGB 28 bildet. Zu N. und Machiavelli vgl. NK
KSA 6, 156, 10-14 u. NK KSA 6, 170, 8-10.
„Allegrissimo“ ist als musikalische Vortragsbezeichnung der Superlativ
von Allegro: „heiter“, „schnell“: „Der selten gebrauchte Superlativ Allegrissi-
mo steht in der Bedeutung etwa mit Presto gleich.“ (Meyer 1885-1892, 1, 376;
vgl. zum Presto NK 46, 10-20 u. NK 45, 25-31).
47, 9-20 Wer endlich dürfte gar eine deutsche Übersetzung des Petronius wa-
gen, der, mehr als irgend ein grosser Musiker bisher, der Meister des presto gewe-
sen ist, in Erfindungen, Einfällen, Worten: — was liegt zuletzt an allen Sümpfen
der kranken, schlimmen Welt, auch der „alten Welt“, wenn man, wie er, die Füsse
eines Windes hat, den Zug und Äthern, den befreienden Hohn eines Windes, der
Alles gesund macht, indem er Alles l a ufe n macht! Und was Aristophanes an-