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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0464
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Wb Jenseits von Gut und Böse

116,19; appliziert die „Wir“ in NL 1883, KSA 10,16[88], 532, 4; NL 1883, KSA 10,
18[24], 572, 10f.; NL 1883, KSA 10, 22[1], 603, 8. Auf die „höheren Menschen“
angewandt wird der Spruch in NL 1884/85, KSA 11, 29[56], 349,11 f. und in Za I
Von den Fliegen des Marktes, KSA 4, 67, 23 auf den mit „du“ angesprochenen
„Freund“ (KSA 4, 65, 2), den die „Fliegen des Marktes“ für seine Tugenden
bestrafen. NL 1884/85, KSA 11, 31 [35], 372, 17 macht das ursprüngliche „man“
erneut zum Subjekt der Strafe. Autobiographisch kontextualisiert N. die Er-
kenntnis schließlich in seinem Brief an Paul Ree, vermutlich vom 15. 09.1882:
„Meine Schwester hat inzwischen die Feindseligkeit ihrer Natur [...] mit aller
Kraft gegen mich gekehrt und sich förmlich von mir gelöst [...]. Mich selber
hat sie mit Spott und Hohn überschüttet — nun, die Wahrheit ist, ich bin gegen
sie mein Leben lang geduldig und milde gewesen, wie ich es nun einmal gegen
dies Geschlecht sein muß: und das hat sie vielleicht verwöhnt. ,Auch die Tu-
genden werden bestraft4 — sagte der weise Sanctus Januarius von Genua.“
(KSB 6/KGB III/l, Nr. 303, S. 258, Z. 10-20; KGB III 7/1, 279 sieht darin eine
Anspielung auf FW 21, KSA 3, 391-393, „hier dem Genueser Lokalheiligen Janu-
arius (San Gennaro) in den Mund gelegt, nach dem das 4. Buch der FW betitelt
ist“).
Die scheinbar paradoxe Vorstellung von den bestraften statt belohnten Tu-
genden taucht gelegentlich im französischen Schrifttum des 19. Jahrhunderts
auf, so in Jules Michelets Histoire de France (Michelet 1867, 17, XIV: „vertus
punies par la durete du sort“ - „von der Härte des Schicksals bestrafte Tugen-
den“) oder in Augenzeugenberichten zu den Wirren der Französischen Revolu-
tion (ediert Rocquain 1874, 287: „tant de vertus punies comme des crimes“ -
„so viele wie Verbrechen bestrafte Tugenden“). Im Singular war die natürlich
zu Unrecht bestrafte Tugend noch häufiger, so (abgesehen vom Marquis de
Sade und seiner plakativen Entgegensetzung belohnten Lasters und bestrafter
Tugend) in einer geflügelten Zeile aus Marie-Joseph Cheniers Tragödie Brutus
et Cassius: „J’ai vu le crime heureux et la vertu punie“ (Chenier 1824, 1, 241.
„Ich habe das Verbrechen glücklich gesehen und die Tugend bestraft“).
133.
96,13 f. Wer den Weg zu seinem Ideale nicht zu finden weiss, lebt leichtsinni-
ger und frecher, als der Mensch ohne Ideal.] Nur unwesentlich anders akzentu-
iert die erste Tautenburger Aufzeichnung den Gedanken in NL 1882, KSA 10,
l[70], 28, 15f.: „Wer nicht den Weg zu seinem Ideale findet, lebt leichtsinni-
ger und frecher als der, welcher gar kein Ideal hat.“ Noch näher kommt JGB
133 die Version in NL 1882, KSA 10, 3[1]49, 59, 7-9. Erläuterungswilliger und
das „Ideal“ durch „Ziel“ ersetzend lautet die spätere, in JGB nicht verwendete
 
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