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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0471
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Stellenkommentar JGB 140, KSA 5, S. 97 451

zur Natur. -“ (KSA 14, 357). Es gibt, entgegen der Angabe in KSA 14, 357, zu
JGB 139 im Nachlass keine unmittelbaren Vorarbeiten. Die eine Seite des Ge-
dankens wird freilich in der Tautenburger Aufzeichnung NL 1882, KSA 10,
l[50], 25, 6f. vorweggenommen: „Verneinen zerstören hassen sich rächen: wa-
rum das Weib darin barbarischer ist als der Mann.“ (Vgl. die Wiederholun-
gen in NL 1882, KSA 10, 1[111], 42, 5-7 u. NL 1882, KSA 10, 3[1]17, 55, 22f.) Zur
angeblichen Rachsucht der Frauen siehe auch NK 88, 22 f. Die Erläuterung zu
der von N. in GM III 14, KSA 5, 370, 10 zitierten, wenn auch nicht genannten
Quelle, wonach „das Weib“ eine „Hyäne“ sei, besagt, „dass die Frau bei ihnen
[sc. dem Volk der Bogos] ausserhalb allen Rechtsverbandes steht, weder irgend
ein Recht noch irgend eine Pflicht hat“ (Post 1880-1881, 1, 67), nach europä-
ischen Begriffen also barbarisch sei.
140.
97,18f. Rath als Räthsel. — „Soll das Band nicht reissen, — musst du erst
drauf beissen.“] Vgl. zur Sperrung der Titelsequenz NK 88, 18-20. Der Vers
selbst stand zunächst in den Tautenburger Aufzeichnungen für Lou von Salo-
me, NL 1882, KSA 10,1[97], 33, 9f.: „Soll das Band nicht reißen, / Mußt du mal
drauf beißen.“ Wortwörtlich wird diese Fassung aufgenommen in NL 1882, KSA
10, 3[1]51, 59, 13 f. und NL 1883, KSA 10, 12[1]72, 389, 10. In ihrem Brief vom
27. 03.1882 hat Malwida von Meysenbug, erfreut über den erneuten Kontakt
mit N., an diesen geschrieben: „Nun endlich ist das Band wieder angeknüpft
und soll nicht mehr abreißen.“ (KGB III/2, Nr. 115, S. 247, Z. 19 f.) Es handelt
sich um jenen Brief, in dem Meysenbug erstmals von einem „ausserordentli-
chen Wesen“ (ebd., Z. 37) berichtete, nämlich von Lou von Salome, die „unge-
fähr im philosophischen Denken zu denselben Resultaten gelangt zu sein“
scheine wie N. (ebd., Z. 32 f.). Die Rede vom zerrissenen Band menschlicher
Beziehungen war im 19. Jahrhundert geläufig, so in der Übersetzung von Cice-
ros De offlciis III 5 in N.s Bibliothek (wenn jemand „seines Vortheils wegen
Andere beraubt und mißhandelt, so muß das Band, welches die Menschen
/2491/ zu ihrer so naturgemäßen Gesellschaft vereinigt, nothwendig zerrissen
werden“ - Cicero 1834, 20, 2490 f.). Im Erbärmlichen Klag-Lied über den jäm-
merlichen Zustand des beraubten, geschmähten, verstrikkten und geschlagenen
Teutschlandes (1649) des lutherischen Barockdichters Johann Rist werden
Band-Zerreißen und Beißen ebenfalls aufeinander gereimt: „Himmlische Con-
cordia, / Wirst du niemals wiederkommen? / [...] / Ach, wer hat das Band zer-
rissen? / Deutschland ist gezogen auß, / Deutschland muß ihr Kleid entbeh-
ren; / [...] Unterdessen bleibet doch / Ihre Kron’ unabgerissen, / Und obgleich
die Feinde noch / In die Schultern sie gebissen“ (Risten 1864, 220).
 
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