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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0473
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Stellenkommentar JGB 144, KSA 5, S. 97-98 453

11, 15 f. notiert. Er stammt nicht, wie gelegentlich behauptet (z. B. bei Berthier
1991, 172 u. 179 sowie Santerre 2000, 129) von Stendhal, sondern aus Astolphe
Louis Leonor, Marquis de Custines Le monde comme il est: „On n’est jamais
bien sür de ne pas pouvoir aimer une personne qu’on examinera attentivement
par quelque motif que ce soit. Ce regard scrutateur est le coup qui fait jaillir
l’etincelle du caillou. Toute affection pure et vive vient du dedans. Les traits
du visage n’y font rien, quand une fois les sentiments sont devines; car, selon
l’expression d’une femme celebre par la gräce et la justesse de son esprit, dans
le veritable amour, c’est l’äme qui enveloppe le corps.” (Custine 1835, 1, 102,
nachgewiesen in KGW VII 4/2, 82. „Man ist nie ganz sicher, eine Person, die
man aufmerksam prüfen wird aus welchem Beweggrund auch immer, nicht
lieben zu können. Dieser forschende Blick ist der Schlag, der den Funken des
Kiesels sprühen lässt. Jede reine und heftige Zuneigung kommt von innen. Die
Züge des Gesichts richten dort nichts aus, wenn einmal die Gefühle erraten
werden; denn, nach der Wendung einer durch die Anmut und die Gerechtigkeit
ihren Geistes berühmten Frau, ist es in der echten Liebe die Seele, die den
Körper einkleidet.“). Den französischen Spruch hat sich Thomas Mann 1894/
95 aus JGB 142 notiert (Mann 1991, 33).
143.
98, 5-7 Was wir am besten thun, von dem möchte unsre Eitelkeit, dass es grade
als Das gelte, was uns am schwersten werde. Zum Ursprung mancher Moral.]
Noch ohne den explizit moralgenealogischen Nachsatz heißt es in NL 1882,
KSA 10, 3[1]19, 56, 1-2: „Was wir am liebsten thun, von dem möchten wir, daß
es als das gelte, was uns am schwersten werde.“ In NL 1882/83, KSA 10, 4[43],
121, 19-21 gibt es noch eine reflexive Wendung: „Was wir am liebsten thun,
von dem möchten wir, daß es als das gälte, was uns am schwersten werde:
und vor uns selber.“ Den semantischen Unterschied von „am liebsten“ und
„am besten“ scheint N. nicht stark zu gewichten; beides entspricht dem franzö-
sischen „le mieux“. Zur Eitelkeit bei La Rochefoucauld und Paul Ree (auf des-
sen Buchtitel Der Ursprung der moralischen Empfindungen der Nachsatz von
JGB 143 anspielt) siehe NK 103, 8f., zum Gegensatzpaar Eitelkeit/Stolz NK 93,
2f. Wie JGB 123 übertrug Alma Schindler, später Alma Mahler-Werfel, auch JGB
143 am 3. Januar 1900 in ihr Tagebuch (Mahler-Werfel 1997, 416).
144.
98, 9-13 Wenn ein Weib gelehrte Neigungen hat, so ist gewöhnlich Etwas an
ihrer Geschlechtlichkeit nicht in Ordnung. Schon Unfruchtbarkeit disponirt zu ei-
ner gewissen Männlichkeit des Geschmacks; der Mann ist nämlich, mit Verlaub,
 
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