Stellenkommentar JGB 158, KSA 5, S. 100 467
Z. 10-21; an Overbeck, 18. 09.1881, KSB 6/KGB III/l, Nr. 149, S. 128 f., Z. 7-14;
an Köselitz, 22. 09.1881, KSB 6/KGB III/l, Nr. 153, S. 131, Z. 4 und an Köselitz,
24. 03.1883, KSB 6/KGB III/l, Nr 394, S. 350 f., Z. 59-53. Im Brief an Overbeck
vom 20. 01.1883 wehrte sich N. nach einem niederschmetternden Lagebericht
aber doch gegen die Aufwallung, das „beneficium mortis“ von eigener Hand
zu erleiden: „ich will noch etwas von mir“ (KSB 6/KGB III/l, Nr. 369, S. 319,
Z. 32 f., vgl. auch unten NK 100, 15 f.). Ein paar Tage später, am 10. 02.1883
zeigte ein Bekenntnis gegenüber demselben Adressaten, dass N. vor einer
Selbstverabreichung des Trostmittels doch nicht generell zurückschreckte: „ein
Pistolenlauf ist mir jetzt eine Quelle relativ angenehmer Gedanken“ (KSB 6/
KGB III/l, Nr. 373, S. 326, Z. 26 f., vgl. auch NL 1883, KSA 10, 18[47], 578 f.).
Entsprechend besorgt waren die beiden Freunde, denen N. seine Überlegungen
anvertraute: „Die Selbstmordmanie Nietzsche’s wird allen ihm näherstehenden
Menschen Unbehagen machen. Der beste Tod ist der, von Anderen umgebracht
zu werden (nachdem man schon starke Wirkungen auf die Welt ausgeübt hat),
und der Tod aus Abnahme der Kraft, den Epikur sich wünscht, hat nichts Ab-
stossendes weiter. Dagegen dieser römisch-stoische, sehr schauspielerische,
unser attitüdenfeindliches Gefühl beleidigende Selbstmord widerstrebt uns
recht. Gegen einen Freund, der mich einlädt, seinem freiwilligen Tode beizu-
wohnen, wüsste ich nur eine Handlungsweise: ich würde ihm den Becher oder
Dolch aus der Hand schlagen, und ihm sagen, dass es weder eine rechte, noch
eine unrechte Zeit für seinen Tod giebt.“ (Köselitz an Overbeck, 12. 07.1883,
Overbeck/Köselitz 1998, 140) Zum Thema des Suizids bei N. vgl. auch NK KSA
6, 134, 27-30; Bormuth 2008, 99-128; Loeb 2008; Sommer 2010a; Stellino 2013
u. Schulte 2015.
„Trostmittel“ kommen in N.s Werken nicht häufig vor und wenn, dann sind
sie, vor allem in seinen mittleren Werken, gerne als Überschriftbestandteile
oder im Zusammenhang mit dem Christentum präsent (vgl. MA I 109, KSA 2,
108, 16; MA I 590, KSA 2, 338, 22; MA II WS 7, KSA 2, 543, 9; M 15, KSA 3, 28,
30; M 71, KSA 3, 69, 19; überdies JGB 202, KSA 5, 126, 1; GM III 17, KSA 5, 377,
26 u. GM III18, KSA 5, 383, 17). Im Nachlass finden sich gelegentlich Versuche
einer Trostmittel-Typologie und -Entwicklungsgeschichte: „Die Trostmittel des
Christenthums sind bald eine Antiquität; ein Oel, das sich verrochen hat. Dann
treten die Trostmittel der antiken Philosophie wieder hervor, in neuem Glan-
ze — und unsere neue Trostmittelgattung kommt hinzu, die historische.“
(NL 1879, KSA 8, 41 [32], 588, 14-18).
158.
100, 15 f. Unserm stärksten Triebe, dem Tyrannen in uns, unterwirft sich nicht
nur unsre Vernunft, sondern auch unser Gewissen.] Die Fassung in NL 1882, KSA
Z. 10-21; an Overbeck, 18. 09.1881, KSB 6/KGB III/l, Nr. 149, S. 128 f., Z. 7-14;
an Köselitz, 22. 09.1881, KSB 6/KGB III/l, Nr. 153, S. 131, Z. 4 und an Köselitz,
24. 03.1883, KSB 6/KGB III/l, Nr 394, S. 350 f., Z. 59-53. Im Brief an Overbeck
vom 20. 01.1883 wehrte sich N. nach einem niederschmetternden Lagebericht
aber doch gegen die Aufwallung, das „beneficium mortis“ von eigener Hand
zu erleiden: „ich will noch etwas von mir“ (KSB 6/KGB III/l, Nr. 369, S. 319,
Z. 32 f., vgl. auch unten NK 100, 15 f.). Ein paar Tage später, am 10. 02.1883
zeigte ein Bekenntnis gegenüber demselben Adressaten, dass N. vor einer
Selbstverabreichung des Trostmittels doch nicht generell zurückschreckte: „ein
Pistolenlauf ist mir jetzt eine Quelle relativ angenehmer Gedanken“ (KSB 6/
KGB III/l, Nr. 373, S. 326, Z. 26 f., vgl. auch NL 1883, KSA 10, 18[47], 578 f.).
Entsprechend besorgt waren die beiden Freunde, denen N. seine Überlegungen
anvertraute: „Die Selbstmordmanie Nietzsche’s wird allen ihm näherstehenden
Menschen Unbehagen machen. Der beste Tod ist der, von Anderen umgebracht
zu werden (nachdem man schon starke Wirkungen auf die Welt ausgeübt hat),
und der Tod aus Abnahme der Kraft, den Epikur sich wünscht, hat nichts Ab-
stossendes weiter. Dagegen dieser römisch-stoische, sehr schauspielerische,
unser attitüdenfeindliches Gefühl beleidigende Selbstmord widerstrebt uns
recht. Gegen einen Freund, der mich einlädt, seinem freiwilligen Tode beizu-
wohnen, wüsste ich nur eine Handlungsweise: ich würde ihm den Becher oder
Dolch aus der Hand schlagen, und ihm sagen, dass es weder eine rechte, noch
eine unrechte Zeit für seinen Tod giebt.“ (Köselitz an Overbeck, 12. 07.1883,
Overbeck/Köselitz 1998, 140) Zum Thema des Suizids bei N. vgl. auch NK KSA
6, 134, 27-30; Bormuth 2008, 99-128; Loeb 2008; Sommer 2010a; Stellino 2013
u. Schulte 2015.
„Trostmittel“ kommen in N.s Werken nicht häufig vor und wenn, dann sind
sie, vor allem in seinen mittleren Werken, gerne als Überschriftbestandteile
oder im Zusammenhang mit dem Christentum präsent (vgl. MA I 109, KSA 2,
108, 16; MA I 590, KSA 2, 338, 22; MA II WS 7, KSA 2, 543, 9; M 15, KSA 3, 28,
30; M 71, KSA 3, 69, 19; überdies JGB 202, KSA 5, 126, 1; GM III 17, KSA 5, 377,
26 u. GM III18, KSA 5, 383, 17). Im Nachlass finden sich gelegentlich Versuche
einer Trostmittel-Typologie und -Entwicklungsgeschichte: „Die Trostmittel des
Christenthums sind bald eine Antiquität; ein Oel, das sich verrochen hat. Dann
treten die Trostmittel der antiken Philosophie wieder hervor, in neuem Glan-
ze — und unsere neue Trostmittelgattung kommt hinzu, die historische.“
(NL 1879, KSA 8, 41 [32], 588, 14-18).
158.
100, 15 f. Unserm stärksten Triebe, dem Tyrannen in uns, unterwirft sich nicht
nur unsre Vernunft, sondern auch unser Gewissen.] Die Fassung in NL 1882, KSA