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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0561
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Stellenkommentar JGB 200, KSA 5, S. 120-121 541

121, 3-5 als „Sabbat der Sabbate“, um mit dem heiligen Rhetor Augustin zu
reden] Die Metapher vom „Sabbat der Sabbate“, die auf die Septuaginta-Versi-
on von Leviticus 16, 31 zurückgeht („aaßßotTa aaßßaTtov“), findet sich, ohne
direkte Zuordnung zum Kirchenvater Aurelius Augustinus, auch in NL 1885,
KSA 11, 34[90], 450, 1-4 (KGW IX 1, N VII 1, 136, 28-40); NL 1885, KSA 11,
37[14], 589, 6f. (KGW IX 1, W I 6, 59, 18); NL 1885, KSA 11, 40[59]2, 658, 24 f.
(KGW IX 4, W 1 7, 41, 24) sowie KGW IX 5, W I 8, 113, 27-34, jeweils um gegen
die (epikureisch-christliche) Vorstellung eines von Ungestörtheit, Stille und
Schmerzfreiheit bestimmten Glücks anzugehen. Die Wendung „sabbatum sab-
batorum“ zur Kennzeichnung der finalen Ruhe-Glückseligkeit hat Augustinus
etwa in den Quaestiones Exodi CLXXII, in Sermo IX 6, Sermo IX 21 und Sermo
XXXIII 3 benutzt (vgl. auch Bernhard von Clairvaux, Tractatus de Charitate XV;
Nachweise bei Rahden 1999, 370 u. Rahden 2002a, 319). N. wird Augustinus
freilich nicht im Original studiert, sondern auf eine sekundäre Quelle zurück-
gegriffen haben. Zum christlichen Ruhebedürfnis vgl. NK KSA 6, 84, 21-23, zu
N. und Augustinus NK 12, 33 f.
121,10 Selbst-Überlistung] Vgl. NK 112, 25 f.
121, 10-19 so entstehen jene zauberhaften Unfassbaren und Unausdenklichen,
jene zum Siege und zur Verführung vorherbestimmten Räthselmenschen, deren
schönster Ausdruck Alcibiades und Caesar (— denen ich gerne jenen ersten
Europäer nach meinem Geschmack, den Hohenstaufen Friedrich den Zweiten zu-
gesellen möchte), unter Künstlern vielleicht Lionardo da Vinci ist. Sie erscheinen
genau in den selben Zeiten, wo jener schwächere Typus, mit seinem Verlangen
nach Ruhe, in den Vordergrund tritt: beide Typen gehören zu einander und ent-
springen den gleichen Ursachen.] Eine Vorarbeit in KGW IX 1, N VII 1, 71, 4-
38 lautet (vor einer späteren Überarbeitung): „so entstehen jene herrschenden
Naturen, wie Cäsar und Napoleon. Deshalb erscheinen die stärksten M. immer
in Zeitaltern der größten Rassen- u. Ständemischungen dh. zu Zeiten des größ-
ten Verlangens nach Heerdenglück. zb. in Athen zur Zeit des Perikies., in Rom
zur Zeit Cäsars, in Europa zur Zeit N.s (= Napoleons}. Letztere Periode ist noch
im Beginn; für fernere Zeiten ist eine viel höhere Art M. noch zu erwarten, wo
die großen Rassen-mischungen eintreten, während zugleich die geistigen u.
materiellen Mittel der Macht ungeheuer geworden sind. / Mein Augenmerk da-
rauf, an welchen Punkten der Geschichte die großen M. hervorspringen. Die
Bedeutung langer despotischer Moralen: sie spannen den Bogen, wenn sie ihn
nicht zerbrechen.“ Die Metapher des gespannten Bogens nahm N. dann in der
Vorrede von JGB auf, vgl. NK 12, 30-13, 9. Schon wieder auf Napoleon zurück-
zukommen, schien N. bei der Druckfassung von JGB 200 wohl nicht tunlich,
nachdem er mit ihm in etwas anderer Funktion eben JGB 199 abgeschlossen
hatte.
 
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