Stellenkommentar JGB 202, KSA 5, S. 125 551
mentlich in sekundärer Aufbereitung sehr wohl geläufig (vgl. Brobjer 2002).
Gelesen hat er immerhin August Bebels Programschrift Die Frau und der Sozia-
lismus, die 1883 in erweiterter Form unter dem Titel Die Frau in der Vergangen-
heit, Gegenwart und Zukunft erschienen war (vgl. z. B. die Briefe an Köselitz
vom 21. 08.1885, KSB 7/KGB III/3, Nr. 624, S. 86 f., Z. 75-77 u. vom 22. 09.1885,
KSB 7/KGB III/3, Nr. 630, S. 94, Z. 30; dazu Brobjer 1999b, 61). In dieser Grund-
lagenschrift des Sozialismus wurde die Befreiung der Gesellschaft (wie auch
die Emanzipation der Frauen) emphatisch begrüßt: „die geschilderte primitive
Form der gesellschaftlichen Organisation unserer Vorfahren beruhte auf der
Knechtschaft der einen Klasse durch die andere, auf der Knechtschaft der Ma-
jorität durch die Minorität; dieser Zustand war also unsittlich und musste, auf
dem Höhepunkt seiner Entwickelung angekommen, einer andern Gesell-
schaftsform Platz machen“ (Bebel 1879, 13). Und Bebel zitierte aus dem sozial-
demokratischen Parteiprogramm: ,„Die politische Freiheit /80/ ist die unent-
behrliche Vorbedingung zur ökonomischen Befreiung. Die soziale Frage ist mit-
hin untrennbar von der politischen, ihre Lösung durch diese bedingt
und nur möglich im demokratischen Staat“4 (ebd., 79f.).
Die direkte Inspiration zur Rede von der „freien Gesellschaft“ verdankte N.
einer Lektüre, die er in NL 1885, KSA 11, 44[8], 707f. knapp skizzierte, ohne
dass es der Forschung bislang gelungen ist, den dort nicht namentlich genann-
ten ,,deutsche[n] Anarchist [en]“ (KSA 11, 707, 27) zu identifizieren (vgl. z. B.
Orsucci 1996, 347 f.). Es handelt sich um Franz Stöpel (1833-1890), dessen bei
N.s Verleger Ernst Schmeitzner erschienenem Buch Die freie Gesellschaft. Ver-
such einer Schlichtung des Streites zwischen Individualismus und Socialismus
N. eine Fülle von Informationen zum Thema Sozialismus, Arbeiterschaft und
Freiheit entnehmen konnte. Noch das Schlusswort des der „Arbeiter-Fra-
ge“ gewidmeten Abschnitts GD Streifzüge eines Unzeitgemässen 40, KSA 6,
143, 8-10 nimmt darauf implizit Bezug: „Will man einen Zweck, muss man
auch die Mittel wollen: will man Sklaven, so ist man ein Narr, wenn man sie
zu Herrn erzieht.“ Das Motto auf dem Titelblatt von Stöpels Buch lautet: „Wer
den Zweck will, muss auch die Mittel wollen.“ (Stöpel 1881, unpaginierte Seite
I; die Sentenz ist ein dänisches Sprichwort, vgl. Wander 1867-1880, 5, 664).
125,10 Philosophastern] Vgl. NK 23, 33-24, 1.
125,15 f. ni dieu ni maitre heisst eine socialistische Formel] Vgl. NK 37, 13-16.
125, 22-26 ebenso Eins in der Religion des Mitleidens, im Mitgefühl, soweit nur
gefühlt, gelebt, gelitten wird (bis hinab zum Thier, bis hinauf zu „Gott“: — die
Ausschweifung eines „Mitleidens mit Gott“ gehört in ein demokratisches Zeit-
alter — 9] Die Wendung „Religion des Mitleidens“ war N. spätestens seit seiner
Bekanntschaft mit Hans von Wolzogens gleichnamiger Abhandlung (Wolzogen
mentlich in sekundärer Aufbereitung sehr wohl geläufig (vgl. Brobjer 2002).
Gelesen hat er immerhin August Bebels Programschrift Die Frau und der Sozia-
lismus, die 1883 in erweiterter Form unter dem Titel Die Frau in der Vergangen-
heit, Gegenwart und Zukunft erschienen war (vgl. z. B. die Briefe an Köselitz
vom 21. 08.1885, KSB 7/KGB III/3, Nr. 624, S. 86 f., Z. 75-77 u. vom 22. 09.1885,
KSB 7/KGB III/3, Nr. 630, S. 94, Z. 30; dazu Brobjer 1999b, 61). In dieser Grund-
lagenschrift des Sozialismus wurde die Befreiung der Gesellschaft (wie auch
die Emanzipation der Frauen) emphatisch begrüßt: „die geschilderte primitive
Form der gesellschaftlichen Organisation unserer Vorfahren beruhte auf der
Knechtschaft der einen Klasse durch die andere, auf der Knechtschaft der Ma-
jorität durch die Minorität; dieser Zustand war also unsittlich und musste, auf
dem Höhepunkt seiner Entwickelung angekommen, einer andern Gesell-
schaftsform Platz machen“ (Bebel 1879, 13). Und Bebel zitierte aus dem sozial-
demokratischen Parteiprogramm: ,„Die politische Freiheit /80/ ist die unent-
behrliche Vorbedingung zur ökonomischen Befreiung. Die soziale Frage ist mit-
hin untrennbar von der politischen, ihre Lösung durch diese bedingt
und nur möglich im demokratischen Staat“4 (ebd., 79f.).
Die direkte Inspiration zur Rede von der „freien Gesellschaft“ verdankte N.
einer Lektüre, die er in NL 1885, KSA 11, 44[8], 707f. knapp skizzierte, ohne
dass es der Forschung bislang gelungen ist, den dort nicht namentlich genann-
ten ,,deutsche[n] Anarchist [en]“ (KSA 11, 707, 27) zu identifizieren (vgl. z. B.
Orsucci 1996, 347 f.). Es handelt sich um Franz Stöpel (1833-1890), dessen bei
N.s Verleger Ernst Schmeitzner erschienenem Buch Die freie Gesellschaft. Ver-
such einer Schlichtung des Streites zwischen Individualismus und Socialismus
N. eine Fülle von Informationen zum Thema Sozialismus, Arbeiterschaft und
Freiheit entnehmen konnte. Noch das Schlusswort des der „Arbeiter-Fra-
ge“ gewidmeten Abschnitts GD Streifzüge eines Unzeitgemässen 40, KSA 6,
143, 8-10 nimmt darauf implizit Bezug: „Will man einen Zweck, muss man
auch die Mittel wollen: will man Sklaven, so ist man ein Narr, wenn man sie
zu Herrn erzieht.“ Das Motto auf dem Titelblatt von Stöpels Buch lautet: „Wer
den Zweck will, muss auch die Mittel wollen.“ (Stöpel 1881, unpaginierte Seite
I; die Sentenz ist ein dänisches Sprichwort, vgl. Wander 1867-1880, 5, 664).
125,10 Philosophastern] Vgl. NK 23, 33-24, 1.
125,15 f. ni dieu ni maitre heisst eine socialistische Formel] Vgl. NK 37, 13-16.
125, 22-26 ebenso Eins in der Religion des Mitleidens, im Mitgefühl, soweit nur
gefühlt, gelebt, gelitten wird (bis hinab zum Thier, bis hinauf zu „Gott“: — die
Ausschweifung eines „Mitleidens mit Gott“ gehört in ein demokratisches Zeit-
alter — 9] Die Wendung „Religion des Mitleidens“ war N. spätestens seit seiner
Bekanntschaft mit Hans von Wolzogens gleichnamiger Abhandlung (Wolzogen