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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0572
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552 Jenseits von Gut und Böse

1883a) geläufig. Der Schluss von JGB 202 liest sich wie eine Kontrafaktur zu
Wolzogens Plädoyer für eine wagnerianisierende, neubuddhistische und
christliche Mitleidsreligion unter dem Banner Schopenhauers. In dieser Mit-
leidsreligion regiert das Bedürfnis nach Erlösung - eine Erlösung, die die Neu-
und Kunstreligiösen nach der Rekonstruktion in JGB 202 genau so wie Sozialis-
ten oder Anarchisten in der Herde selbst zu finden glauben (vgl. 126, 2f.).
Die (De-)Potenzierung der in der christlichen Tradition gebotenen Gottes-
liebe zum Mitleiden mit Gott hat Eduard von Hartmann in seiner von N. eifrig
studierten Phänomenologie des sittlichen Bewusstseins postuliert: „Wenngleich
die Liebe zu Gott auf einem höher entwickelten Standpunkte des sittlichen Be-
wusstseins nicht mehr möglich ist, so doch sehr wohl noch in gewissem Sinne
Mitleid mit Gott; denn wenn zur Liebe ein der Gegenliebe fähiger Gegen-
stand gehört, so gehört zum Mitleid nichts als ein Wesen, das leidet, und letzte-
re Bedingung wird im denkbar höchsten Maasse vom absoluten Subject erfüllt.
Hätte Schopenhauer seinem Princip des Mitleids diese Wendung auf das Abso-
lute gegeben, so hätte dasselbe eine tief metaphysische Bedeutung gewonnen;
aber er konnte dies nicht, weil er in seiner unhistorischen Weltanschauung
keine Brücke gefunden hätte, um das Mitleid mit dem Absoluten mit der prakti-
schen Sittlichkeit zu verknüpfen, wie wir dies durch die Hingebung an den
absoluten teleologischen Process im Stande sind“ (Hartmann 1879, 868).
125, 29-31 in der unfreiwilligen Verdüsterung und Verzärtlichung, unter deren
Bann Europa von einem neuen Buddhismus bedroht scheint] Im Druckmanu-
skript korrigiert aus: „in der Verdüsterung des Gewissens, welche bis an den
Buddhismus streift schweift (weil man das Leiden nicht los werden kann wird!
weil man ahnt, daß es mit dem Leben unablösbar ist selbst verknotet und ver-
knäuelt ist!“ (KSA 14, 361).
125, 33 Moral an sich] Von N. korrigiert aus: „die einzige Moral“ (KSA 14, 361).
126, If. Ablösung aller Schuld von Ehedem] Im Druckmanuskript stand: „Abbü-
ßung aller Vergangenheit sei“ (KSA 14, 361).

203.
Eine Vorarbeit zu JGB 203 findet sich in KGW IX 4, WI 4, 40,19-50 bis 41,1-8:
„Zur Vorrede. / Die Menschen zu einem Entschlüsse rauf Wagnisse u. Versuche
hin zu treiben'' rzu2 drängen, rmif' welchem über die ganze Zukunft der
Menschheit gebietetn rman vielleicht zu neuen Arten und vielleicht Über-Arten
des M. führen züchtetn: dazu sind Führer nöthig, rbefehlende kühne'' Menschen
 
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