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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0670
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650 Jenseits von Gut und Böse

schon ebenso gefragt haben, wir fanden und finden keine bessere Antwort....] In
KGW IX 1, N VII 1, 21 gibt es zu dieser Stelle eine Vorarbeit, die N. wieder
durchgestrichen hat: „Den M. rdergestalt, wie ich es thue - homo natura -''
zurückübersetzen in die Natur, über die vielen falschen Deutungen u Neben-
sinne Herr zu werden, welche die Eitelkeit der M. über u. neben den Na-
turrGrund''-Text „Mensch“ r[,]homo natura" gekritzelt u. geschmiert hat, zu
machen, daß der Mensch ''fürderhin'' vor dem M. wie rer heute schon'1 vor der
Natur steht, u. rmit harten Augen u. verklebten Ohren, taub gegen die"1 dener
verführerischen Stimmen [alter LügnerJ das Ohr verschließt, welche ihm zuru-
fen rallzulange zugerufen haben'': [,]du bist mehr! du bist höher, du bist ande-
rer Abkunft!4 - dies ist eine harte ''schlimme'' u. beinahe grausame Aufgabe.
Wer an ihr arbeitet, hat sich selber ebenso zum Gegner als seine Mitmenschen.
Und warum arbeitet er an dieser Absicht? Zumal er nicht die schönen Worte
,Liebe zur Wahrheit4 »Redlichkeit4 »Aufopferung für die Erkenntniß4 u dergl.
vorbringen dürfte, nachdem er gezeigt hat, daß dies alles Plunder u Prunk der
''unbewußten'' Eitelkeit ist., kurz rund [ja] sich selber bewußt isf daß er zu
eitel ist rselber um seiner wissenden Eitelkeit willen sich'1, um sich rnoch'' sol-
chen geringen Befriedigungen ''versagt'' der Eitelkeit rsich nicht mehr'1 zu ge-
statten rund von sich abthuf: - Warum ralso''? Ein solcher Mensch, reine sol-
che Arbeit, eine solche Aufgabe - das alles'1 ist ein Problem.“ Eine weitere
Version findet sich in KGW IX 4, W I 6, 17, 2-32 (unmittelbar vor der in NK ÜK
JGB 229 mitgeteilten Aufzeichnung) und lautet in der ursprünglichen, unkorri-
gierten Fassung: „Den Menschen dergestalt wie ich es thue zurückübersetzen
in die Natur, über die vielen falschen Deutungen und Nebensinne Herr werden,
welche die Eitelkeit der Menschen neben dem Grundtext ,homo natura4 gekrit-
zelt hat, machen daß der Mensch fürderhin vor dem Menschen steht wie er
heute schon ,vor der Natur4 steht, mit harten Augen und verklebten Ohren,
taub gegen die verführerische Stimme alter Lügner, welche ihm allzulange zu-
gerufen haben: du bist mehr! du bist höher! du bist anderer Abkunft! - Das ist
eine schwere und beinahe grausame Aufgabe. Wer an ihr arbeitet, hat sich
selber ebenso zum Gegner als seine Mitmenschen. Und warum arbeitet er in
dieser Absicht? Zumal er nicht die schönen Worte »Liebe zur Wahrheit4, »Red-
lichkeit4, »Aufopferung für die Erkenntniß4 und dergleichen vorbringen dürfte:
denn er hat sich selber gezeigt daß dieß Alles nur Plunder und Prunkworte
einer unbewußten Eitelkeit sind, - und er versagt sich solche geringe Befriedi-
gungen um seiner wissenden Eitelkeit willen. Und nochmals gefragt: Warum?“
Die Grundintention einer anthropologischen Ernüchterung fassen schon
die Vorstufen in eine philologische Metapher: Die Rede ist von einem „Grund-
text homo natura“, der im Laufe verschleiernder Bemühungen, die ganz der in
JGB 230 zuvor beschriebenen Täuschungstendenz menschlicher Mentalarbeit
 
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