Stellenkommentar JGB 232, KSA 5, S. 170 655
ter-1 Wille zur Enttäuschung, zur Entzauberung, zur Entwerthung des Weibes
für den Mann? Mögen manche rin der That einige'' Frauen einen guten Grund
haben, rzu glauben'' daß ihnen die Männer nicht mit Lob und Liebe entgegen-
kommen r- und manche schreiben aus Rache noch ein Buch darüber ganz
im Großen gerechnet, dünkt mich, daß ,das Weib‘ bisher am meisten von den
Weibern gering geachtet worden ist - und durchaus nicht vom Manne! In der
Fürsorge für das Weib dekretirte die Kirche: mulier taceat in ecclesia! Zum Nut-
zen für das Weib dekretirte Napoleon: mulier taceat de politicis - und zur Ret-
tung irgend welchen weiblichen Zaubers rathe ich an rinmitten eines plumpen
u. täppischen Versuchs'': mulier taceat de muliere!“ Welche über Frauen schrei-
bende Frauen in dieser Aufzeichnung sowie in JGB 232 ins Visier genommen
werden, bleibt offen (JGB 233 liefert Namen nach); die von N. zur „Frauenfra-
ge“ (Schönberg 1872) im wissenschaftlich-politischen Sinn zur Kenntnis ge-
nommene Literatur stammt hauptsächlich von Männern (namentlich Mill 1872;
Mill 1869-1886, 12, 1-29 u. Bebel 1883; zu ersterem NK KSA 6, 306, 12 f., zu
letzterem Brobjer 1999b, 61 u. Brobjer 2002, 310. Vgl. auch Bahnsen 1882, 2,
140-158; Dühring 1882, 342 f.; Buckle 1867,118-151 und in historischer Perspek-
tivierung Goncourt/Goncourt 1878). Der ursprünglich unter N.s Büchern be-
findlichen deutschen Ausgabe von The Subjection of Women - einem Werk,
an dem auch Harriet Taylor Mill gewichtigen Anteil gehabt haben dürfte - ist
allerdings eine „Uebersicht über den gegenwärtigen Stand der Frauenfrage“
aus der Feder der Übersetzerin Jenny Hirsch (1829-1902) vorangestellt, die das
Emanzipationsanliegen aus weiblicher Perspektive beredt zur Sprache bringt.
Zur Verbindung der weiblichen Emanzipationsbestrebung, wie sie JGB 232
schildert, mit dem Motiv der Amazonen siehe Reschke 2012b.
170, 29-171,15 Denn was müssen diese plumpen Versuche der weiblichen Wis-
senschaftlichkeit und Selbst-Entblössung Alles an’s Licht bringen! Das Weib hat
so viel Grund zur Scham; im Weibe ist so viel Pedantisches, Oberflächliches,
Schulmeisterliches, Kleinlich-Anmaassliches, Kleinlich-Zügelloses und -Unbe-
scheidenes versteckt — man studire nur seinen Verkehr mit Kindern! —, das im
Grunde bisher durch die Furcht vor dem Manne am besten zurückgedrängt und
gebändigt wurde. Wehe, wenn erst das „Ewig-Langweilige am Weibe“ — es ist
reich daran! — sich hervorwagen darf! wenn es seine Klugheit und Kunst, die der
Anmuth, des Spielens, Sorgen-Wegscheuchens, Erleichterns und Leicht-Nehmens,
wenn es seine feine Anstelligkeit zu angenehmen Begierden gründlich und grund-
sätzlich zu verlernen beginnt! Es werden schon jetzt weibliche Stimmen laut, wel-
che, beim heiligen Aristophanes! Schrecken machen, es wird mit medizinischer
Deutlichkeit gedroht, was zuerst und zuletzt das Weib vom Manne will.] Eine
erste Fassung KGW IX 4, W I 5, 39, 16-27 findet sich in unmittelbarer Manu-
skript-Nachbarschaft zu der in NK ÜK JGB 232 mitgeteilten Aufzeichnung. Mit
ter-1 Wille zur Enttäuschung, zur Entzauberung, zur Entwerthung des Weibes
für den Mann? Mögen manche rin der That einige'' Frauen einen guten Grund
haben, rzu glauben'' daß ihnen die Männer nicht mit Lob und Liebe entgegen-
kommen r- und manche schreiben aus Rache noch ein Buch darüber ganz
im Großen gerechnet, dünkt mich, daß ,das Weib‘ bisher am meisten von den
Weibern gering geachtet worden ist - und durchaus nicht vom Manne! In der
Fürsorge für das Weib dekretirte die Kirche: mulier taceat in ecclesia! Zum Nut-
zen für das Weib dekretirte Napoleon: mulier taceat de politicis - und zur Ret-
tung irgend welchen weiblichen Zaubers rathe ich an rinmitten eines plumpen
u. täppischen Versuchs'': mulier taceat de muliere!“ Welche über Frauen schrei-
bende Frauen in dieser Aufzeichnung sowie in JGB 232 ins Visier genommen
werden, bleibt offen (JGB 233 liefert Namen nach); die von N. zur „Frauenfra-
ge“ (Schönberg 1872) im wissenschaftlich-politischen Sinn zur Kenntnis ge-
nommene Literatur stammt hauptsächlich von Männern (namentlich Mill 1872;
Mill 1869-1886, 12, 1-29 u. Bebel 1883; zu ersterem NK KSA 6, 306, 12 f., zu
letzterem Brobjer 1999b, 61 u. Brobjer 2002, 310. Vgl. auch Bahnsen 1882, 2,
140-158; Dühring 1882, 342 f.; Buckle 1867,118-151 und in historischer Perspek-
tivierung Goncourt/Goncourt 1878). Der ursprünglich unter N.s Büchern be-
findlichen deutschen Ausgabe von The Subjection of Women - einem Werk,
an dem auch Harriet Taylor Mill gewichtigen Anteil gehabt haben dürfte - ist
allerdings eine „Uebersicht über den gegenwärtigen Stand der Frauenfrage“
aus der Feder der Übersetzerin Jenny Hirsch (1829-1902) vorangestellt, die das
Emanzipationsanliegen aus weiblicher Perspektive beredt zur Sprache bringt.
Zur Verbindung der weiblichen Emanzipationsbestrebung, wie sie JGB 232
schildert, mit dem Motiv der Amazonen siehe Reschke 2012b.
170, 29-171,15 Denn was müssen diese plumpen Versuche der weiblichen Wis-
senschaftlichkeit und Selbst-Entblössung Alles an’s Licht bringen! Das Weib hat
so viel Grund zur Scham; im Weibe ist so viel Pedantisches, Oberflächliches,
Schulmeisterliches, Kleinlich-Anmaassliches, Kleinlich-Zügelloses und -Unbe-
scheidenes versteckt — man studire nur seinen Verkehr mit Kindern! —, das im
Grunde bisher durch die Furcht vor dem Manne am besten zurückgedrängt und
gebändigt wurde. Wehe, wenn erst das „Ewig-Langweilige am Weibe“ — es ist
reich daran! — sich hervorwagen darf! wenn es seine Klugheit und Kunst, die der
Anmuth, des Spielens, Sorgen-Wegscheuchens, Erleichterns und Leicht-Nehmens,
wenn es seine feine Anstelligkeit zu angenehmen Begierden gründlich und grund-
sätzlich zu verlernen beginnt! Es werden schon jetzt weibliche Stimmen laut, wel-
che, beim heiligen Aristophanes! Schrecken machen, es wird mit medizinischer
Deutlichkeit gedroht, was zuerst und zuletzt das Weib vom Manne will.] Eine
erste Fassung KGW IX 4, W I 5, 39, 16-27 findet sich in unmittelbarer Manu-
skript-Nachbarschaft zu der in NK ÜK JGB 232 mitgeteilten Aufzeichnung. Mit