668 Jenseits von Gut und Böse
Dass die griechische Kultur sich „von Homer bis zu den Zeiten des Peri-
kies“ im Umgang mit den Frauen immer stärker den orientalischen Gepflogen-
heiten einer restlosen sozialen Ausgrenzung (oder Einkerkerung) der
(Ehe-)Frauen verschrieben habe, mag zutreffen oder nicht - der Perikles-Band
von Max Dunckers Geschichte des Alterthums, den N. erworben hat (Duncker
1886), macht dazu keine Ausführungen - und das, was man über Perikies’
eigenes Verhältnis zu seiner zweiten Frau Aspasia zu wissen glaubt, spricht
jedenfalls eine andere Sprache. Im Horizont von N.s sonstigen Äußerungen zur
Entwicklung der griechischen Kultur seit seiner Geburt der Tragödie wirkt die
kulturhistorische Unterfütterung der vorgetragenen These in 175, 20-25 stö-
rend: Hier muss um der Konsistenz einer antiemanzipatorischen Invektivik wil-
len behauptet werden, Griechenland habe von Homer bis Perikies eine Zunah-
me von „Cultur und Umfänglichkeit an Kraft“ erlebt, während sonstige Texte
N.s diesen Zeitraum als kulturellen Niedergang, als Verlust der tragischen Mitte
geißeln und etwa in Perikies’ Gefallenenrede nur noch „ein grosses optimisti-
sches Trugbild“ (MA I 474, KSA 2, 308, 28 f.) zu erkennen pflegen.
239.
In KGW IX 4, W I 4, 12, 6-22 heißt es: „Was die deutschen Frauen anbetrifft:
so bin ich fern davon, sie [noch mehr) zu »cultiviren4. Erstens sollen sie nicht
klavier=spielen: das verdirbt rihnen'' die Nerven (und, als weibliche Art von
Putz u Koketterie, erbittert es jeden herzhaften Freund der Musik) u macht sie,
unfähig, kräftige Kinder zu gebären. Sie sollen fromm erzogen werden: ein
Weib ohne Frömmigkeit ist im Auge eines rjedes'' tiefen ru gottlosen'' M. [an-
nesj etwas vollkommen Lächerliches - ja es empört ihn, wenn den zarten
Pflanzen das Geländer u. der Schutz weggenommen wird, an dem sie allein
irgendwie [zur AnmuthJ gedeihen können; und es ist etwas Furchtbares, das,
wozu herrische Kräfte u eine [seelische] Vorbestimmung zum Schwersten ge-
hört, Frauen zugemuthet zu sehen, welche sofort daraus wieder einen »Kopf-
putz4 oder eine ,Schwätzerei4 sich zurecht machen.“ Weitere Vorarbeiten zu JGB
239 finden sich KGW IX 4, W I 4, 12, 2-4 u. 13, 2-52. Es liegt auf der Hand,
gegen die in JGB 239 und in KGW IX 4, W I 4, 12, 6-22 versuchte Pazifizierung
der Frau das von JGB 131, KSA 5, 96, 4-9 Angeführte in Erinnerung zu rufen,
wo die Haustiermetapher in anderer Weise zum Tragen kommt.
176, 4 Wettbewerb um Rechte] Zur Veränderung des Rechtsbegriffs in der Mo-
derne siehe die bei Guyau 1909, 285 dokumentierten Lesespuren N.s.
176, 7 das „das Fürchten verlernt“] Bekanntlich soll Wagners Siegfried in den
Fußstapfen von Grimms Märchen von einem, der auszog das Fürchten zu lernen
Dass die griechische Kultur sich „von Homer bis zu den Zeiten des Peri-
kies“ im Umgang mit den Frauen immer stärker den orientalischen Gepflogen-
heiten einer restlosen sozialen Ausgrenzung (oder Einkerkerung) der
(Ehe-)Frauen verschrieben habe, mag zutreffen oder nicht - der Perikles-Band
von Max Dunckers Geschichte des Alterthums, den N. erworben hat (Duncker
1886), macht dazu keine Ausführungen - und das, was man über Perikies’
eigenes Verhältnis zu seiner zweiten Frau Aspasia zu wissen glaubt, spricht
jedenfalls eine andere Sprache. Im Horizont von N.s sonstigen Äußerungen zur
Entwicklung der griechischen Kultur seit seiner Geburt der Tragödie wirkt die
kulturhistorische Unterfütterung der vorgetragenen These in 175, 20-25 stö-
rend: Hier muss um der Konsistenz einer antiemanzipatorischen Invektivik wil-
len behauptet werden, Griechenland habe von Homer bis Perikies eine Zunah-
me von „Cultur und Umfänglichkeit an Kraft“ erlebt, während sonstige Texte
N.s diesen Zeitraum als kulturellen Niedergang, als Verlust der tragischen Mitte
geißeln und etwa in Perikies’ Gefallenenrede nur noch „ein grosses optimisti-
sches Trugbild“ (MA I 474, KSA 2, 308, 28 f.) zu erkennen pflegen.
239.
In KGW IX 4, W I 4, 12, 6-22 heißt es: „Was die deutschen Frauen anbetrifft:
so bin ich fern davon, sie [noch mehr) zu »cultiviren4. Erstens sollen sie nicht
klavier=spielen: das verdirbt rihnen'' die Nerven (und, als weibliche Art von
Putz u Koketterie, erbittert es jeden herzhaften Freund der Musik) u macht sie,
unfähig, kräftige Kinder zu gebären. Sie sollen fromm erzogen werden: ein
Weib ohne Frömmigkeit ist im Auge eines rjedes'' tiefen ru gottlosen'' M. [an-
nesj etwas vollkommen Lächerliches - ja es empört ihn, wenn den zarten
Pflanzen das Geländer u. der Schutz weggenommen wird, an dem sie allein
irgendwie [zur AnmuthJ gedeihen können; und es ist etwas Furchtbares, das,
wozu herrische Kräfte u eine [seelische] Vorbestimmung zum Schwersten ge-
hört, Frauen zugemuthet zu sehen, welche sofort daraus wieder einen »Kopf-
putz4 oder eine ,Schwätzerei4 sich zurecht machen.“ Weitere Vorarbeiten zu JGB
239 finden sich KGW IX 4, W I 4, 12, 2-4 u. 13, 2-52. Es liegt auf der Hand,
gegen die in JGB 239 und in KGW IX 4, W I 4, 12, 6-22 versuchte Pazifizierung
der Frau das von JGB 131, KSA 5, 96, 4-9 Angeführte in Erinnerung zu rufen,
wo die Haustiermetapher in anderer Weise zum Tragen kommt.
176, 4 Wettbewerb um Rechte] Zur Veränderung des Rechtsbegriffs in der Mo-
derne siehe die bei Guyau 1909, 285 dokumentierten Lesespuren N.s.
176, 7 das „das Fürchten verlernt“] Bekanntlich soll Wagners Siegfried in den
Fußstapfen von Grimms Märchen von einem, der auszog das Fürchten zu lernen