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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0694
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674 Jenseits von Gut und Böse

28. 02.1869 berichtete N. demselben Adressaten: „Ich habe Dir noch nichts
erzählt von der ersten Meistersingeraufführung in Dresden, von dieser größten
künstlerischen Schwelgerei, die mir dieser Winter gebracht hat. Weiß Gott, ich
muß doch ein tüchtiges Stück vom Musiker im Leibe haben; denn in jener
ganzen Zeit hatte ich die stärkste Empfindung plötzlich zu Hause und heimisch
zu sein, und mein sonstiges Treiben erschien wie ein ferner Nebel, aus dem
ich erlöst war.“ (KSB 2/KGB 1/2, Nr. 625, S. 378 f., Z. 59-66) Die Meistersinger
behielten trotz aller Wagner-Kritik bis zuletzt N.s Wertschätzung (vgl. NK KSA
6, 42, 13; zur zeitgenössischen Rezeption des Werkes auch NK KSA 6, 31, 14-
16), obwohl er zum Neujahr 1878 die Partitur - „ursprünglich ein Geschenk
Richard Wagner’s welches ich in Tribschen empfing, als ich 1869 dort mit ihm
zum ersten Mal Weihnachten feierte“ an Paul Heinrich Widemann verschenkt
hat (KGB II5, Nr. 675a, S. 483, Z. 2-4). In einem Briefentwurf von Anfang Okto-
ber 1885 an Ernst Schuch vermerkte N. noch immer: „im Grunde habe ich in
Dresden bisher den stärksten Eindruck einer Oper erlebt: die allererste Auffüh-
rung der Meistersinger daselbst“ (KSB 7/KGB III/3, Nr. 631, S. 96, Z. 36-38).
Auch die in JGB 240 stark gemachte Beziehung gerade dieser Oper zum deut-
schen Nationalcharakter thematisierte N. bereits früh, namentlich in UB IV WB
3: „Und werden nicht die Meistersinger noch zu den spätesten Zeiten von dem
deutschen Wesen erzählen, ja mehr als erzählen, werden sie nicht vielmehr
eine der reifsten Früchte jenes Wesens sein, das immer reformiren und nicht
revolviren will und das auf dem breiten Grunde seines Behagens auch das
edelste Unbehagen, das der erneuernden That, nicht verlernt hat?“ (KSA 1,
443, 25-30) Der „breite Grund seines Behagens“ erweitert sich in JGB 240 dann
zu einem „Strom von Behagen“ (179, 20), während die „reifsten Früchte“ zu
solchen schrumpeln, „welche zu spät reif werden“ (179, 15).
179, 25 f. Alles in Allem keine Schönheit, kein Süden, Nichts von südlicher feiner
Helligkeit des Himmels] Diese Südlichkeit findet JGB 254, KSA 5, 200, 13-21
dann exemplarisch in Bizets Carmen (vgl. auch NK KSA 6,11, 2-4 u. Love 1977).
Der Gegensatz von Südlichkeit und Nördlichkeit in der Musik wird beispiels-
weise schon in Giuseppe Mazzinis Filolosofia della musica von 1836 exponiert
(siehe Zittel 1996, 420 u. NK KSA 6, 15, 2), aber auch Wagner selbst spielte
damit in den N. wohlbekannten Entwürfen. Gedanken. Fragmenten aus dem
Nachlass (Wagner 1885, 99).
241.
Ein Entwurf zum Textanfang von JGB 241 findet sich in KGW IX 5, W I 8, 255,
24-30 u. 256, 2-18. Eine weitere, schließlich gestrichene Version ist in KGW IX
 
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