696 Jenseits von Gut und Böse
die sächsische Schweiz versetzt vorstellen könne? Ich glaube die /551/ Überein-
stimmung von Nietzsches Gedachtem und Gesprochenem mit dem Geschriebe-
nen nicht anschaulicher dartun zu können, als ausnahmsweise dem geduldi-
gen Leser aufzuzeigen, wie sich der scharfe Denker, der bis in den verborgens-
ten Winkel hineinleuchtende Seelenforscher - offenbar kurz vor oder nach
unserem Zwiegespräch - über Robert Schumann in seinen Schriften geäußert
hat“ (KGB III 7/2, 549-551). Es folgt in Ruthardts Bericht nun die Schumann-
und die Schlusspassage von JGB 245.
Für den jugendlichen N. war Robert Schumann zunächst der musikalische
Leitstern, unter dessen Eindruck auch eigene frühe Kompositionsversuche
standen; desgleichen war N.s frühe Bekanntschaft mit Werken der lyrischen
Poesie wesentlich durch Vertonungen Schumanns geprägt (vgl. NK 3/1, S. 475).
Um 1868 wandte N. sich von ihm ab (in N.s Bibliothek haben sich einige Schu-
mann-Noten erhalten, vgl. NPB 707 f.). In die Sächsische Schweiz, den deut-
schen Teil des Elbsandsteingebirges hatte Schumann von Dresden aus Ausflü-
ge unternommen; die erste gemeinsame Reise mit seiner Frau Clara, geborene
Wieck, hatte ihn dorthin geführt. Auch die in JGB 245 erwähnte Weber-Oper
Der Freischütz (vgl. NK 187, 31 f.) spielt dort: Die Landschaft mit ihren schroffen
Felsformationen übte auf Romantiker eine unwiderstehliche Anziehungskraft
aus.
Lord Byrons dramatisches Gedicht Manfred hat Schumann 1848/49 als Me-
lodram komponiert; N. nahm dieses auch andernorts als Beleg für künstleri-
sches Unvermögen zur Größe, vgl. NK KSA 6, 286, 26-29, während er Byrons
Vorlage hochschätzte (vgl. NK KSA 6, 286, 24-26). N. hat als junger Mann gegen
den „süsslichen Sachsen“ Schumann eine eigene Manfred-Ouvertüre kompo-
niert (vgl. NK KSA 6, 286, 30-287, 1).
188, 23 f. eine Art Mädchen und noli me tangere] Im Druckmanuskript stand
stattdessen: „eine Art Eckensteher und Schüchterling“ (KSA 14, 370). „Noli me
tangere“, „rühr mich nicht an“ (Johannes 20, 17), soll Jesus Christus Maria
Magdalena zugerufen haben, als er ihr nach der Auferstehung erschien, und
sie ihn berühren wollte.
246.
In KGW IX 5, W I 8, 266, 2-28 gibt es eine im Ganzen durchgestrichene Auf-
zeichnung, die zwar Grundgedanken und Wendungen der späteren Druckfas-
sung vorwegnimmt, jedoch Anfang und Ende entgegengesetzt gruppiert: „Wer
seine Sprache wie einen biegsamen Degen handhabt, wer vom Arme bis hinab
zur Zehe das gefährliche Glück der zitternden überscharfen Klinge fühlt, wel-
die sächsische Schweiz versetzt vorstellen könne? Ich glaube die /551/ Überein-
stimmung von Nietzsches Gedachtem und Gesprochenem mit dem Geschriebe-
nen nicht anschaulicher dartun zu können, als ausnahmsweise dem geduldi-
gen Leser aufzuzeigen, wie sich der scharfe Denker, der bis in den verborgens-
ten Winkel hineinleuchtende Seelenforscher - offenbar kurz vor oder nach
unserem Zwiegespräch - über Robert Schumann in seinen Schriften geäußert
hat“ (KGB III 7/2, 549-551). Es folgt in Ruthardts Bericht nun die Schumann-
und die Schlusspassage von JGB 245.
Für den jugendlichen N. war Robert Schumann zunächst der musikalische
Leitstern, unter dessen Eindruck auch eigene frühe Kompositionsversuche
standen; desgleichen war N.s frühe Bekanntschaft mit Werken der lyrischen
Poesie wesentlich durch Vertonungen Schumanns geprägt (vgl. NK 3/1, S. 475).
Um 1868 wandte N. sich von ihm ab (in N.s Bibliothek haben sich einige Schu-
mann-Noten erhalten, vgl. NPB 707 f.). In die Sächsische Schweiz, den deut-
schen Teil des Elbsandsteingebirges hatte Schumann von Dresden aus Ausflü-
ge unternommen; die erste gemeinsame Reise mit seiner Frau Clara, geborene
Wieck, hatte ihn dorthin geführt. Auch die in JGB 245 erwähnte Weber-Oper
Der Freischütz (vgl. NK 187, 31 f.) spielt dort: Die Landschaft mit ihren schroffen
Felsformationen übte auf Romantiker eine unwiderstehliche Anziehungskraft
aus.
Lord Byrons dramatisches Gedicht Manfred hat Schumann 1848/49 als Me-
lodram komponiert; N. nahm dieses auch andernorts als Beleg für künstleri-
sches Unvermögen zur Größe, vgl. NK KSA 6, 286, 26-29, während er Byrons
Vorlage hochschätzte (vgl. NK KSA 6, 286, 24-26). N. hat als junger Mann gegen
den „süsslichen Sachsen“ Schumann eine eigene Manfred-Ouvertüre kompo-
niert (vgl. NK KSA 6, 286, 30-287, 1).
188, 23 f. eine Art Mädchen und noli me tangere] Im Druckmanuskript stand
stattdessen: „eine Art Eckensteher und Schüchterling“ (KSA 14, 370). „Noli me
tangere“, „rühr mich nicht an“ (Johannes 20, 17), soll Jesus Christus Maria
Magdalena zugerufen haben, als er ihr nach der Auferstehung erschien, und
sie ihn berühren wollte.
246.
In KGW IX 5, W I 8, 266, 2-28 gibt es eine im Ganzen durchgestrichene Auf-
zeichnung, die zwar Grundgedanken und Wendungen der späteren Druckfas-
sung vorwegnimmt, jedoch Anfang und Ende entgegengesetzt gruppiert: „Wer
seine Sprache wie einen biegsamen Degen handhabt, wer vom Arme bis hinab
zur Zehe das gefährliche Glück der zitternden überscharfen Klinge fühlt, wel-