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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0740
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720 Jenseits von Gut und Böse

spezifizieren, vgl. NK KSA 6, 427,18-25. In der französischen decadence-Utera-
tur seiner Zeit witterte N. allenthalben einen Schopenhauer-affinen Willen zur
Welt- und Willensverneinung - eine Witterung, die ihm beispielsweise sein
Gewährsmann Paul Bourget im Essay über Baudelaire bestätigen konnte (Bour-
get 1883, 15). Heinrich Heine wird in NW Wohin Wagner gehört noch ergänzt
um das Epitheton „l’adorable Heine sagt man in Paris“, das N. aus einer rezen-
ten Publikation Bourgets aufgriff (vgl. NK KSA 6, 427, 26; zu N. und Heine allge-
mein NK KSA 6, 286, 14-24, ferner überschwänglich Raddatz 1988, 137-144);
Heines konkreter Einfluss auf die französische Lyrik wird freilich nicht an Bei-
spielen erhellt.
Dass der Historiker Hippolyte Taine Hegelianer sei, wurde von zahlreichen
zeitgenössischen Kritikern kolportiert (vgl. z. B. Stöckl 1883, 2, 536) und von N.
wiederholt (vgl. NK KSA 6, 285, 30-32). In der Reprise von NW Wohin Wagner
gehört entfällt der Seitenhieb auf den ,verhegelten‘ Taine, mit dem N. in der
Zwischenzeit in Briefkontakt getreten war (vgl. NK KSA 6, 427, 25-30). Die Vor-
arbeit zu JGB 254 war schon erheblich differenzierter als die Druckfassung und
evaluierte Taines Einfluss viel positiver: „Ein anderer Schüler Stendhals ist
Taine, jetzt der erste lebende Historiker Europas, ein entschlossener und
noch in seiner Verzweiflung tapferer Mensch, welchem der Muth so wenig als
die Willenskraft unter dem fatalistischen Druck des Wissens in Stücke gegan-
gen ist, ein Denker, welchen weder Condillac in Hinsicht auf Tiefe noch Hegel
in Hinsicht auf Klarheit beeinträchtigt haben, einer vielmehr, der zu lernen
verstand und für lange Zeit verstehen wird zu lehren: — die Franzosen der
nächsten Generation haben in ihm ihren geistigen Zuchtmeister. Er vornehm-
lich ist es, der den Einfluß Renans und Sainte-Beuves zurückdrängt“ (NL 1885,
KSA 11, 38[5], 599, 21-32).
198, 25 Fleisch und Blut] Siehe NK 41, 22-25.
198, 28-32 Was aber Richard Wagner betrifft: je mehr sich die französische
Musik nach den wirklichen Bedürfnissen der äme moderne gestalten lernt, um so
mehr wird sie „wagnerisiren“, das darf man Vorhersagen, — sie thut es jetzt
schon genug!] Zur Wortprägung „wagnerisieren“, die unter Anti-Wagnerianern
kursierte, vgl. die Nachweise in NK KSA 6, 427, 30-428, 3. Die zeitgenössische
Kulturkritik versuchte die Besonderheiten der „äme moderne “, der „modernen
Seele“ einzufangen, schien es doch (etwa Albert 1882, 1, 2), als ob sie den in
sie gesetzen Erwartungen nicht genügen könne. Bei Bourget 1886, 109 fand N.
„un desir si mutile, mais si indestructible, de l’äme moderne, celui de contemp-
ler le travail de la vie sous une forme de Beaute“, bemerkenswert (Bourget
1886, 109. N.s Unterstreichungen - „ein so beschädigtes, aber dennoch so un-
verwüstliches Bedürfnis der modernen Seele, das, die Arbeit des Lebens unter
 
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