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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0745
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Stellenkommentar JGB 255, KSA 5, S. 200 725

vergebe mir, wenn ich [zb.J der d. Musik es nachsage, daß sie ganz überflogen
u. beschattet von relig. Wolken ist. r- daß d. Musik rmir'' eine der gefährlichs-
ten Gegnerinnen der ''deutschen'' Freigeisterei u. Gottlosigkeit ist ''scheint''. Ge-
setzt aber'' Gesetzt, daß Einer den Süden liebt, wie ich ihn liebe, als eine große
Schule der Genesung rvom Norden'', als eine unbändige Sonnenfülle u. Selbst-
herrlichkeit des Daseins, [u. Sonnen=Verklärung, welchej rüber ein selbstherr-
liches, an sich glaubendes Dasein breitet'': nun, ein Solcher wird sich etwas
vor der d. Musik ''etwas'' in Acht nehmen lernen [weil sie ihm, indem sie seinen
Geschmack verdirbt, vielt auch noch die Gesundheit mit verdirbt.J. Es ist ''viel-
leicht'' das Heidenthum eines Geschmacks, weilcher [sic] rsicir gegen den bald
Protestant, bald katholischen Gefühls=Grund wehrt, der auch noch in ''unter''
unserer weltlichsten Musik verborgen liegt: ja dasselbe Heidenthum, welches
bisweilen keinen kleinen Genuß davon hat“ (KGW IX 5, W I 8, 187, 6-19; die
Fortsetzung mitgeteilt in NK 200, 31-201, 10). Wahrhaft südliche Musik wäre
demnach nicht katholisch, geschweige denn protestantisch kontaminiert, son-
dern heidnisch und wüsste so „von Gut und Böse nichts mehr“ (201, 12).
200, 31-201,10 Ein solcher Südländer, nicht der Abkunft, sondern dem Glau-
ben nach, muss, falls er von der Zukunft der Musik träumt, auch von einer Erlö-
sung der Musik vom Norden träumen und das Vorspiel einer tieferen, mächtige-
ren, vielleicht böseren und geheimnissvolleren Musik in seinen Ohren haben, ei-
ner überdeutschen Musik, welche vor dem Anblick des blauen wollüstigen Meers
und der mittelländischen Himmels-Helle nicht verklingt, vergilbt, verblasst, wie
es alle deutsche Musik thut, einer übereuropäischen Musik, die noch vor den
braunen Sonnen-Untergängen der Wüste Recht behält, deren Seele mit der Palme
verwandt ist und unter grossen schönen einsamen Raubthieren heimisch zu sein
und zu schweifen versteht ....] Die in NK 200, 23-31 zitierte Vorarbeit setzt sich
fort: „Ein solcher Südländer, rrichtiger Mittelländler'' nicht der Abkunft, son-
dern dem Glauben nach, muß rfalls er von der Z. der M. träumf ''auch'' von
einer Erlösung der Musik rvom Norden"1 träumen rvon einer Überwindung des
Christenthums auch durch die Musik, "’j u indem er Vielleicht daß er überhaupt
von einer anderen ''neuen'1 Zukunft der Musik träumt, als es von rer muß das
Ideal von"1 einer tieferen, m mächtigeren rböseren u. geheimnißvolleren"' Mu-
sik, [in seinen geistigsten Ohren haben] als es rje’1 die deutsche rnordisehe
Musik"1 aus klimat. Gründen rbisher war u.-1 sein könnte weil sie in unschuldi-
ger Weise wie ein Nachklang u. Ausklang ru. Rückklang Anklang, Nachem Mit-
empfinden"' war, von Culturen u. Religionen, von höfischen u. gesellschaftli-
chen Zuständen welche, Dank ihrem Himmel u. ihrem blassen Lichte, unter
denen ru Heimat-1 weder für Palme noch die rfür'' großen schönen ''einsamen''
Raubthiere risf gedeihen können, sein wäre. / das Ideal einer reiner überdeut-
schen'' Musik, welche vor dem Anblick der rMeers u."1 mittelländischen Hirn-
 
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