Metadaten

Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0803
Lizenz: In Copyright
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Stellenkommentar JGB 281, KSA 5, S. 229 783

280.
229, 23-25 „Schlimm! Schlimm! Wie? geht er nicht — zurück?“ — Ja! Aber ihr
versteht ihn schlecht, wenn ihr darüber klagt. Er geht zurück, wie Jeder, der einen
grossen Sprung thun will.-] Während JGB 279 und JGB 281 monologisch
konstruiert sind, nimmt JGB 280 die Form des Dialogs von JGB 278 wieder auf,
verkürzt sie allerdings auf einen einfachen Wortwechsel. Der Verdacht gegen
einen Dritten, er sei hinter das von ihm bereits Erreichte zurückgefallen, wird
mit einer Redewendung pariert, die N. auch als Notabene seinem ansonsten
geschäftlichen Brief an Bernhard und Elisabeth Förster vom 29.10.1885 hinzu-
fügte: „Wer einen großen Sprung will thun, der geht zurück. — “ (KSB 7/KGB
III/3, Nr. 639, S. 106, Z. 44) Den Spruch, der in vielen Varianten belegt ist (vgl.
Wander 1867-1880, 4, 751; die französische Variante „reculer pour mieux san-
ier“ in KGB III 7/2, 128), hat N. in Christoph Lehmanns (1568-1638) Florilegium
politicum gefunden (Lehmann 1662, 71). Nach der Buchhändlerrechnung von
Alfred Lorentz vom 27.10.1885 (KGB 111/7,2 Nachtrag Nr. 305a, S. 9, Z. 11) hat
N. am 27. 04.1885 „Lehmann Blumengarten“ gekauft; nach NPB 346 hat N. die
Auswahlausgabe Blumengarten, frisch ausgejätet, aufgeharkt und umzäunt von
einem Liebhaber alter deutscher Sprache und Weisheit in einer Volksausgabe
von 1883 besessen; jedoch hat sich der Band nicht unter N.s Büchern erhalten
und ist in deutschen Bibliotheken kaum greifbar. Die Buchhändlerrechnung
könnte auch auf die im selben Verlag (Duncker/Heymons) bereits 1879 erschie-
nene Ausgabe der Auswahl verweisen, die wie auch die 1883 erschienene 191
Seiten umfasst, jedoch ein längeres Vorwort von XIV statt VIII Seiten hat. Dort
findet sich auch im exakten Wortlaut die fragliche Stelle von N.s Brief vom
29.10.1885 (Lehmann 1879, 173). In seinem Brief an Köselitz vom 10.12.1885
nahm N. angesichts der anhaltenden Resonanzlosigkeit seiner Schriften die
Metapher vom Sprung auf, bog sie aber um zu einem Sprung zurück zu sich
selbst, nämlich als Rückzug aus der Öffentlichkeit im Sinne Epikurs (KSB 7/
KGB III/3, Nr. 651, S. 122, Z. 18-21). Den Vorwurf, den der erste Redner in JGB
280 erhebt, haben später dann N.s Freunde Rohde und Overbeck gegen das
Werk JGB geltend gemacht (vgl. Rohde an Overbeck, 01. 09.1886, Overbeck/
Rohde 1990, 108 f. u. Overbeck an Rohde, 23. 09.1886, Overbeck/Rohde 1990,
112).

281.
JGB 281 opponiert gegen den spätestens seit Sokrates (vgl. NK KSA 6, 67, 1)
virulenten Lehrsatz, wonach Selbsterkenntnis das Kardinalproblem des Men-
schen und damit auch der Philosophie sei, für das die berühmte Inschrift am
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften