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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]; Buckwalter, Stephen E. [Oth.]; Schulz, Hans [Oth.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0110
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8. GUTACHTEN ZUR EHE HEINRICHS VIII.

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theologische Fakultät von Angers sowie die im kaiserlichen Machtbereich liegenden
Universitäten Löwen, Salamanca, Alcalä und Sevilla gaben abschlägige Antwor-
ten.u
Im Frühjahr 1531 beauftragte Fleinrich VIII. den nur zufällig in England weilen-
den Simon Grynaeus12 damit, auch von deutschen und schweizerischen evangeh-
schen Theologen Gutachten zu diesem speziellen Eherechtsfall zu holen. Damit
verfolgte der Kömg weiterhin das Ziel, die Unterstützung der gelehrten Welt für
sein Annullierungsvorhaben zu gewinnen. Grynaeus’ obenerwähnter Besuch bei
Capito und Sturm fand auf dem Heimweg von dieser englischen Reise statt.
Ein reger Bnefaustausch zwischen Bucer und Grynaeus folgte.13 In seiner Korre-
spondenz nahm der Straßburger - zur Enttäuschung von Grynaeus, der auf eine ra-
sche Erledigung des Auftrags im Sinne der Wünsche Heinrichs VIII. hoffte - eine
abwartende und kntische Haltung ein. Während Zwingli (und später aucb Oeko-
lampad) der Ansicht war, daß der König durchaus an das m Lev 18,16 enthaltene
Verbot gebunden sei und sich von Katharina trennen müsse14, beharrte Bucer auf
Argumenten, die für die Legitimität der so lange bestehenden Ehe sprachen. Er ging
weiter: Wenn der König aus Gewissensgründen bei dieser ersten Verbindung mcht
bleiben wolle, aber erneut heiraten müsse, um Hurerei zu vermeiden, dann sei lhm,
Bucer, eine diskret geschlossene Doppelehe durchaus lieber als eine Scheidune vom
Ehebande.15
Die Stellungnahmen, die Luther und Melanchthon an Grynaeus schickten, be-
deuteten für den Basler Professor eine weitere Enttäuschung. Nach Ansicht der
Wittenberger besaßen die alttestamentlichen Gesetze zur Regelung des welthchen
Zusammenlebens des jüdischen Volkes keine bleibende Gültigkeit für Chnsten:
Heinrich VIII. könne sich nicht auf Lev 18,16 als göttliches Gesetz berufen. Viel-
mehr gelte für lhn die neutestamentliche Bestimmung der Unauflöshchkeit der Ehe.

11. Der König ließ die positiven Stellungnahmen unter dem Titel »Gravissimae atque exactissi-
mae lllustrissimarum totius Italiae et Galliae Academiarum censurae« mit der Jahresangabe 1530
wahrscheinlich 1m Jahre 1531 in London drucken. Hierzu ausführlich vgl. Bedouelle/Le Gal, Le
»divorce« du roi Henry VIII; Thieme, Die Ehescheidung Heinnchs VIII.
12. Grynaeus’ Reise hatte den Zweck, in englischen Bibhotheken, vor allem m Oxford, nach
alten Handschriften zu fahnden, die er zur Drucklegung mit nach Basel zurücknehmen könnte.
Vgl. Pollet II, S.375.
13. Grynaeus schrieb msgesamt achtzehn Briefe an Bucer und die Straßburger zwischen seinem
Besuch im Juli 1531 und der Verfassung des hier edierten Gutachtens (vgl. Rott, Liste alphabetique,
S.36L); Bucer schneb mindestens sechs (z.T. verlorengegangene) Bnefe und Capito einen Bnef an
Grynaeus m diesem Zeitraum. Einen chronologischen Uberbhck über die Korrespondenz der
Straßburger Prediger mit Simon Grynaeus bietet (wenn auch mit einigen fehlerhaften Datierungen)
Pollet II, S.460L; vgl. auch Eells, Bucer, S. 122-125; Selderhuis, Huwelijk, S. 164-171 (= Marriage,
S. 140-146).
14. Vgl. Pollet II, S.442; Selderhuis, Huwelijk, S. 164 (= Marriage, S. 140).
15. Dies schrieb Bucer in seinem zweiten Brief an Grynaeus (15. August 1531). Vgl. Pollet II,
S.444 und 460 (dort: Brief »D«). Eine knappe Zusammenfassung von Bucers Verständnis des Falls
und von seinen Meinungsverschiedenheiten mit Zwingli und Oekolampad bietet der Bnef des
Straßburgers an Ambrosius Blarer vom 21. September 1531, Schieß I, S. 269.
 
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