12. VON DER EHE UND EHESCHEIDUNG
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bell« ausdrücklich hinwies.29 Erst die 1600 erlassene Ehegerichtsordnung30 ließ die-
sen Textabschnitt fallen.31 Somit haben wir Hinweise auf eine Benutzung des Ehe-
gutachtens Bucers für die Ehejudikatur in Ulm bis tief in die zweite Hälfte des
16. Jahrhunderts hmein, d. h. zu einem Zeitpunkt, als in Straßburg selbst sein Ver-
mächtnis schon m Vergessenheit zu geraten begann.
Es war dann aber der Pfarrer der Leipziger Thomaskirche und spätere Mansfelder
Supenntendent Erasmus Sarcerius (1501 -15 59)32, der Bucers Eheschrift zu großer-
wenn auch anonymer - Verbreitung verhalf, indem er sie 1553 in sein Kompendium
des evangehschen Eherechts33 aufnahm. Die Schrift des Straßburgers nimmt in
dieser Sammlung eine eigentümliche Stellung ein: Sie erscheint im vierten Teil des
Kompendiums, der sich speziell mit der Ehescheidung befaßt und die diesbezüg-
hchen Ansichten Martin Luthers, Johannes Brenz’, Heinrich Bullmgers, Philipp
Melanchthons sowie der Kirchenväter Augustin, Cyprian, Johannes Chrysosto-
mus, Origenes, Ambrosius, Hieronymus und Isidorus nacheinander referiert. Bu-
cers gesamte Schrift erscheint an allerletzter Stelle und unter dem äußerst vagen Titel
»Ethcher gelerten Theologi bedencken von der Ehescheidung«.34 Sarcenus versah
die zweite Auflage35 seines Werkes mit zahlreichen Ergänzungen, m welchen er zu
den Überlegungen Bucers äußerst kritisch Stellung nahm. Diese Ergänzungen wur-
den in die erst zehn Jahre nach dem Tode des Sarcerius veröffentlichte dritte Auf-
lage36 übernommen. Ihrer Bedeutung wegen erscheinen sie als Beilage zu Nr. 12 m
diesem Band.37
29. Vgl. Ulm StArch, A [1776] Beilage;Köhler, Zürcher Ehegericht II, S. 84. Die von unserer Edi-
tion textkritisch berücksichtigte Handschrift b (vgl. unten Überlieferung) ist wohl in diesem Zeit-
raum entstanden.
30. Ordnung Eines erbaren Rhats der Statt Vlm in Ehesachen vnnd mit was massen hinfuro dar-
mnen genchthch Procediert vnd fürgangen werden sol. Widerumb von newem reformiert vnd für-
genommen (...). Ulm 1600, Ulm StArch, A [1776].
31. Freundlicher Hinweis vom Ulmer Stadtarchivdirektor Prof. Dr. Hans Eugen Specker.
32. Sarcerius studierte in Wittenberg unter Luther und Melanchthon, war in Lübeck, Rostock,
Wien, Grätz und Siegen als Lehrer tätig, seit 1 539 Superintendent von Nassau-Siegen, von Siegen
vertneben 1548 durch das Intenm, danach Pastor an der Thomaskirche m Leipzig. Zu lhm vgl. RE
17, S. 482-486; Mejer, Zur Geschichte des ältesten protestantischen Eherechts, S. 75; Diesner, Sarce-
rius, S. 3—9; Größler, S. 90.
33- Vgl. in der Uberlieferung unten Editionen 1—3.
34. Vgl. Mejer, Zur Geschichte des ältesten protestantischen Eherechts, S. 75-78.
35. Vgl. unten Edition 2.
36. Vgl. unten Edition 3.
37. Vgl. unten S. 406-426.
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bell« ausdrücklich hinwies.29 Erst die 1600 erlassene Ehegerichtsordnung30 ließ die-
sen Textabschnitt fallen.31 Somit haben wir Hinweise auf eine Benutzung des Ehe-
gutachtens Bucers für die Ehejudikatur in Ulm bis tief in die zweite Hälfte des
16. Jahrhunderts hmein, d. h. zu einem Zeitpunkt, als in Straßburg selbst sein Ver-
mächtnis schon m Vergessenheit zu geraten begann.
Es war dann aber der Pfarrer der Leipziger Thomaskirche und spätere Mansfelder
Supenntendent Erasmus Sarcerius (1501 -15 59)32, der Bucers Eheschrift zu großer-
wenn auch anonymer - Verbreitung verhalf, indem er sie 1553 in sein Kompendium
des evangehschen Eherechts33 aufnahm. Die Schrift des Straßburgers nimmt in
dieser Sammlung eine eigentümliche Stellung ein: Sie erscheint im vierten Teil des
Kompendiums, der sich speziell mit der Ehescheidung befaßt und die diesbezüg-
hchen Ansichten Martin Luthers, Johannes Brenz’, Heinrich Bullmgers, Philipp
Melanchthons sowie der Kirchenväter Augustin, Cyprian, Johannes Chrysosto-
mus, Origenes, Ambrosius, Hieronymus und Isidorus nacheinander referiert. Bu-
cers gesamte Schrift erscheint an allerletzter Stelle und unter dem äußerst vagen Titel
»Ethcher gelerten Theologi bedencken von der Ehescheidung«.34 Sarcenus versah
die zweite Auflage35 seines Werkes mit zahlreichen Ergänzungen, m welchen er zu
den Überlegungen Bucers äußerst kritisch Stellung nahm. Diese Ergänzungen wur-
den in die erst zehn Jahre nach dem Tode des Sarcerius veröffentlichte dritte Auf-
lage36 übernommen. Ihrer Bedeutung wegen erscheinen sie als Beilage zu Nr. 12 m
diesem Band.37
29. Vgl. Ulm StArch, A [1776] Beilage;Köhler, Zürcher Ehegericht II, S. 84. Die von unserer Edi-
tion textkritisch berücksichtigte Handschrift b (vgl. unten Überlieferung) ist wohl in diesem Zeit-
raum entstanden.
30. Ordnung Eines erbaren Rhats der Statt Vlm in Ehesachen vnnd mit was massen hinfuro dar-
mnen genchthch Procediert vnd fürgangen werden sol. Widerumb von newem reformiert vnd für-
genommen (...). Ulm 1600, Ulm StArch, A [1776].
31. Freundlicher Hinweis vom Ulmer Stadtarchivdirektor Prof. Dr. Hans Eugen Specker.
32. Sarcerius studierte in Wittenberg unter Luther und Melanchthon, war in Lübeck, Rostock,
Wien, Grätz und Siegen als Lehrer tätig, seit 1 539 Superintendent von Nassau-Siegen, von Siegen
vertneben 1548 durch das Intenm, danach Pastor an der Thomaskirche m Leipzig. Zu lhm vgl. RE
17, S. 482-486; Mejer, Zur Geschichte des ältesten protestantischen Eherechts, S. 75; Diesner, Sarce-
rius, S. 3—9; Größler, S. 90.
33- Vgl. in der Uberlieferung unten Editionen 1—3.
34. Vgl. Mejer, Zur Geschichte des ältesten protestantischen Eherechts, S. 75-78.
35. Vgl. unten Edition 2.
36. Vgl. unten Edition 3.
37. Vgl. unten S. 406-426.