Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0189
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
12. VON DER EHE UND EHESCHEIDUNG

185

vnnd vor der welt kein ansehen hat1, so findet mann so vil vrsachen, das deren keyn
Zal, damit mann sich sein nur nit zu hoch belade2: Da ist er auch ein bub3, da
brechte es ergernüs4, da würde der eh halb ein grosse leichtfertikeit5 einreissen,
vnnd ydes dings-1' ein gantzen2 hauffen6. Aber so mann dem reichen Zusihet7, das
er mit anderen weiberen zuthun hat vnnd die seine so übel haltet, das sie kem guten
tag by im hat vnnd an leib vnnd vernunffts bresthaffta9 oder auch sunst keyn nütz
werden6 müßc, allein das er yr 4disen namen: »ehlich«^ lasse' vnnd keyner anderen
zun eren10 begere1, so goht es alles hyn vnnd bnngt kein ergernüs11, wie auch, wan
er sich offentlich gescheiden hat12, halte er sich, wie er wölle, nemme nur keynes zur
eh, so giltet es aber1113 gleich, Vnangesehen das sohches alles widerr alle gotliche ord-
nung vnnd gebot ist, auch das er die, deren er doch keyn güt thün wille, mt frey las-
set vnnd scheidet, wie wir hernaher anzeigen14 wöllenn.
Soliches alles sollen Christliche Oberen1 zu hertzen fassen vnnd daher die schew,
die sie haben ab15 dem, das Got selb geordnet vnnd* die Christhchen keyser allent-
halb by den Christen on widersprechung der heihgistenk vnnd gelertisten* Bischöff
ob den mvij cm Jaren inn iren satzungen fürgeben vnnd 1m brauch gehebt haben16,
y)—y) der dinge: Ed. 1—3. — z) grossen: b. — a) brechhafft: Ed. 3.
b) worden: b. — c) mag: Ed. 1—3.
d) -d) vor den linken Rand geschrieben und eingewiesen für gestr.: der ehlich lasse diesen namen:
a; der Eelichen disen Namen: b.
e) last: b. - f) begert: b. — g) keine andere: Ed. 1—3. — h) übergeschr. und eingewiesen m a.
i) Oberkeiten: Ed. 1—3. — j) sein: b. — k) heihgen: b. — 1) gelerten: Ed. 3.
m)-m) Sibenhundert: b; 7.C.: Ed. 1, Ed.2; siben hundert: Ed. 3.
1. Bucer macht auf die eherechthchen Sackgassen und sitthch unerträghchen Situationen auf-
merksam, in die derjemge gerät, der nach einer Ehetrennung gemäß den Bestimmungen des kanom-
schen Rechts nicht wieder heiraten darf, aber auch mcht die finanziellen Mittel und den nötigen ge-
sellschaftlichen Einfluß hat, um kirchenrechthche Dispense zu erlangen und de facto eine Zweitehe
m Gestalt eines Konkubinatsverhältmsses zu unterhalten und geheimzuhalten.
2. damit man sich seiner Sache nur mcht zu sehr annehme, sich mit lhm mcht zu viel befasse, von
ihm nicht zu stark in Anspruch genommen werde. Frühneuhochdt. WB 3, Sp. 1178.
3. Schurke, unzüchtiger Mensch, Hurer.
4. erregte es sitthchen Anstoß.
5. Unsittlichkeit, sexuelle Ausschweifung. Grimm 12 (= VI), Sp.644.
6. Bucer zitiert Argumente, mit denen das bestehende kirchenrechthche Verbot der Wiederheirat
nach Ehetrennung gerechtfertigt wurde.
7. bewilligt. Baufeld, S.262.
8. Verstand.
9. kränkhch, gebrechhch.
10. zu Ehren.
11. erregt keinen Anstoß. Satzsinn: Wie lmmer ein Reicher seine Ehefrau behandelt, so lange er
ihr die Bezeichnung »ehlich« läßt, und diese Bezeichnung für keine andere zu dcren Ehre begehrt,
so ruft es keinen Anstoß hervor.
12. Bucer spielt hier auf die kanomsch—rechthch lmmerhin zulässige Trennung von Tisch und
Bett (separatio a mensa et thoro) an. Vgl. oben S. 180, Anm. 12.
13. wiederum.
14. darlegen, nachweisen.
15. von, über, vor.
16. Mit dieser Angabe von 700 Jahren geht Bucer von der Fiktion einer ununterbrochenen Giil-
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften