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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0512
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508

I 5. GUTACHTEN FUR PHILIPP VON HESSEN

bringe. Wie fil tauset frommen, aber schwachen christen werden dadurch von vns-
erm evangeh abgeschreket, Vnd was grossen anlas würde den bösen gegeben, das
heylige evangeli vnd alles, das wir, dasselbige zu fordern, immer mer fürnemen mö-
gen vnd sollen, zu verlesteren vnd bei den gutherzigen zu verhindern. Wie wir dann
on das deshalben bei allen andern nationen ein ser bös geschrey173 haben, als ob wir
mit unserer lere dem fleisch raurn machten vnd zucht vnd casteiung174 desselbigen
abtheten. Denn nach dem bei uns das abergläubische fasten vnd die vnchristliche eh-
verlobung175 abgethan, vernemen176 sie kein I iy I christlich fasten oder zucht, noch
pflanzung des vor177 christlichen celibats an jungfrawen, witwen oder andern, die
wir anstadt der falschen vnd wider christlichen kirchenzucht vnd keuscheyt nach
dem exempel der apostel anrichteten. So wir dann nun auch solten die filfeltigen178
ehen zulassen, würde erst alle welt vber vns schreyen, wir wölten em lauter179 tür-
kisch wesen anrichten vnd dem fleisch zu semer lusten allen raum machen.180 Vnd
würde wenig helfen, das man die göttliche zulassung an den alten heihgen vettern181
wolte vorwerffen182, weil bei vns noch so grosser mangel bescheynet183 m folge der-
selbigen heiligen vetter, an denen stücken, die gott von vns allen zum ernstlichsten
fordert. Denn sich der waren zulassung, die heiligen vetteren beystehe184, gebrau-
chen wöllen vnd aber so gar wenig beweyssen aller der heyhgkeit vnd gottsehges
thun, das die lieben vetter beweyssen vnd darin wir imerk fürnemhch volgen sollen,
das wille sich gar übel reimen vnd kan anders mcht vffgenommen werden, denn des
man die heyligen vetter zum schanddeckel185 füiwende.
Vnd ob man lange sagen wille, weil die frommen sehen, wie die welt so gar186 on
alle schewe ehebroch, hurerey vnd ergeres zulasset, werde sie desto wemger lrren,
was die leut schreien, sondern das, so doch gott nit verpotten vnd an den alten heili-
gen vettern zugelassen hat - dann sie wol zu bedenken haben, das dis der welt art lst,
sich ob dem hoch zu entsetzen vnd ser zu schewen, das gott zugibt, vnd vber das, so
gott vffs ernstlichest verpotten, gern nachzugeben vnd dazu zu lachen.
Ja, so man dies fürwenden wolle, so ist die antwort bereid da: zu denen dingen, die
k) von v. Löwenstein möglicherweise verlesen für: men.
173. Ruf, Ansehen.
174. Züchtigung.
175. Eheverbot.
176. verstehen, wahrnehmen.
177. wohl: früheren.
178. mehrfachen.
179. reines.
180. Tatsächhch war dies ein typischer altgläubiger Vorwurf gegen die evangehsche Bewegung
und tauchte schon 1522 m Papst Hadnans VI. Instruktion für Francesco Chieregati auf. Vgl.
DRTA.JR III, S. 395,27-31.
181. die alttestamenthchen Erzväter Abraham, Isaak und Jakob.
182. anführen.
183. (sich) sehen läßt. Grimm 1, Sp. 1559.
184. wohl: die sich bei den heihgen Vätern findet.
185. Deckmantel.
186. ganz.
 
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