542 16. GUTACHTEN FÜR RUPRECHT VON PFAL2-2WEIBRÜCKEN
2wischen dem verstorbenen Bruder und seiner Braut trot2 fehlenden Kirchgangs
und ehelichen Beischlafs eine gültige Ehe bestanden habe. Diese Frage beantworten
sie mit einem ausdrücklichen Bekenntnis zum ehestiftenden Charakter des Ehever-
sprechens,15 den sie mit Belegen aus der Heiligen Schrift, der rabbinischen Ehe-
rechtsprechung und den Kirchenvätern untermauern. Damit habe in dem betreffen-
den Fall eine gültige Eheschheßung stattgefunden, sodaß der Antragsteller nichts
anderes als die Ehe mit der eigenen Schwägerin anstrebe, was »warlich ein schwerer,
ärgerhcher falh« sei. Am Schluß ihrer Ausführungen zum ersten Teil weisen die
Straßburger Prediger aber den zuständigen Eherichter darauf hin, daß er diesen Fall
letzthch nicht nach den vorausgehenden Ausführungen und Vorschriften sondern
»der hebe nach« zu entscheiden habe.16
Beim zweiten Fall setzen die Straßburger Gutachter die angestrebte Eheschließung
zwischen einem Mann und der Tochter seines Vetters der Heirat zwischen Vetter
und Base gleich und, da diese von der Bibel und dem kaiserlichen Gesetz erlaubt sei,
sehen sie zunächst keinen Grund, die angestrebte Ehe zwischen Peter und Marga-
reth als unzulässig zu betrachten. Gleichwohl melden die Prediger Bedenken gegen
die zu liberale Zulassung von Vetternehen17 an und erhoffen sich von Herzog Rup-
recht, daß er künftig- in Einklang mit der Eherechtsprechung anderer evangelischer
Terntonenls — strengere Gesetze m dieser Hinsicht erlassen möge. Wie 1m ersten
Fall erinnern sie aber auch zum Schluß daran, daß em Ehegencht lmmer, allen Ge-
setzen zum Trotz, »der heb nach« entscheiden soll.
2. Uberiieferung
Straßburg StArch, AST 167 (Varia ecclesiastica II), fol. 164^-171^.
Von fol. 164^ bis 164^ haben wir es mit einer Abschnft von der Hand Konrad Hu-
berts zu tun, während fol. 165^ bis 171^ von einer unbekannten zeitgenössischen
Hand stammen und Randergänzungen19 Wolfgang Capitos enthalten. Es ist denk-
bar, daß Hubert im Zuge seiner Sammlung von Ehegutachten Bucers und der Straß-
burger Prediger eine vollständig von dieser unbekannten Hand stammende Ab-
schnft vorfand und die ersten beiden Seiten um der besseren Lesbarkeit willen noch
emmal abgeschrieben hat. Die Datierung »Anno 1541, circa Augustum« mag er m
Anlehnung an einen in seiner Vorlage enthaltenen Verweis vorgenommen haben.
15. Vgl. oben Anm.6.
16. Hierzu vgl. Selderhuis, Huwelijk, S. 233 (= Marriage, S. 205 f.).
17. Ähnliche Bedenken tauchten bei Bucer schon 1531 auf. Vgl. oben S. 89,1 — 5.
18. Vgl. unten S. 551, Anm. 86.
19. Vgl. oben S.481, textkritische Anm. a.
2wischen dem verstorbenen Bruder und seiner Braut trot2 fehlenden Kirchgangs
und ehelichen Beischlafs eine gültige Ehe bestanden habe. Diese Frage beantworten
sie mit einem ausdrücklichen Bekenntnis zum ehestiftenden Charakter des Ehever-
sprechens,15 den sie mit Belegen aus der Heiligen Schrift, der rabbinischen Ehe-
rechtsprechung und den Kirchenvätern untermauern. Damit habe in dem betreffen-
den Fall eine gültige Eheschheßung stattgefunden, sodaß der Antragsteller nichts
anderes als die Ehe mit der eigenen Schwägerin anstrebe, was »warlich ein schwerer,
ärgerhcher falh« sei. Am Schluß ihrer Ausführungen zum ersten Teil weisen die
Straßburger Prediger aber den zuständigen Eherichter darauf hin, daß er diesen Fall
letzthch nicht nach den vorausgehenden Ausführungen und Vorschriften sondern
»der hebe nach« zu entscheiden habe.16
Beim zweiten Fall setzen die Straßburger Gutachter die angestrebte Eheschließung
zwischen einem Mann und der Tochter seines Vetters der Heirat zwischen Vetter
und Base gleich und, da diese von der Bibel und dem kaiserlichen Gesetz erlaubt sei,
sehen sie zunächst keinen Grund, die angestrebte Ehe zwischen Peter und Marga-
reth als unzulässig zu betrachten. Gleichwohl melden die Prediger Bedenken gegen
die zu liberale Zulassung von Vetternehen17 an und erhoffen sich von Herzog Rup-
recht, daß er künftig- in Einklang mit der Eherechtsprechung anderer evangelischer
Terntonenls — strengere Gesetze m dieser Hinsicht erlassen möge. Wie 1m ersten
Fall erinnern sie aber auch zum Schluß daran, daß em Ehegencht lmmer, allen Ge-
setzen zum Trotz, »der heb nach« entscheiden soll.
2. Uberiieferung
Straßburg StArch, AST 167 (Varia ecclesiastica II), fol. 164^-171^.
Von fol. 164^ bis 164^ haben wir es mit einer Abschnft von der Hand Konrad Hu-
berts zu tun, während fol. 165^ bis 171^ von einer unbekannten zeitgenössischen
Hand stammen und Randergänzungen19 Wolfgang Capitos enthalten. Es ist denk-
bar, daß Hubert im Zuge seiner Sammlung von Ehegutachten Bucers und der Straß-
burger Prediger eine vollständig von dieser unbekannten Hand stammende Ab-
schnft vorfand und die ersten beiden Seiten um der besseren Lesbarkeit willen noch
emmal abgeschrieben hat. Die Datierung »Anno 1541, circa Augustum« mag er m
Anlehnung an einen in seiner Vorlage enthaltenen Verweis vorgenommen haben.
15. Vgl. oben Anm.6.
16. Hierzu vgl. Selderhuis, Huwelijk, S. 233 (= Marriage, S. 205 f.).
17. Ähnliche Bedenken tauchten bei Bucer schon 1531 auf. Vgl. oben S. 89,1 — 5.
18. Vgl. unten S. 551, Anm. 86.
19. Vgl. oben S.481, textkritische Anm. a.