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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]; Buckwalter, Stephen E. [Oth.]; Schulz, Hans [Oth.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0549
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16. ANTWORT AUF DII-: ZWEI CASUS

545

DEr erst Casus stött in diser frag, Ob yemant seyns abgestorbnen bruders vermähe-
lete Jungfrow nemen moge, der durch tod abgangen, ee dann sy die Ehe fur der kir-
chen mit eynander bestätigt vnd bey geschlaffen haben. Drauff ist diß vnser Ant-
würt:
Wie wol wir christen dem gsatz Mosj1 als Jvon Mose gegeben; in keynem ding ver-
pflichtet seind, so soll man dannocht die gradus21, lm gesatz verbotten, nicht on
grosse vrsach zulassen, denn sy auch von der natur22 ethcher maß23 verbotten sein,
Welches wir zehalten schuldig syn, Dweil die Cananeyer als des landts eynwoner
sich in solichem vei-vnreynigt haben, wie das gsatz zeiget, so heiden gewesen vnd
kein geschriben gesatz von got ye empfangen vnd dennocht beschuldet24 haben, das
sy vom landt verstossen würden on alle satzung, von got gegeben25. Nun sagt aber
I i6$'v I das gesatz gottes: »Du solt deins bruders weybs Schamm mcht blössen, dann
es ist deins bruders schamm«26. Hie haben wir, das des bruders weib verbotten ist.
Dann das gesatz Deütero. 2 5 [5 -1 o], so gebeütet, des bruders somen, der on leibs er-
ben gestorben, züerwecken, gehet vns nicht an, sunder hat ein Cerymoney des alten
gesatz eingeschlossen, Vnd ist denjuden allem geben, Vnd sol auch kbei JnerV mcht
lenger geweret haben, dann zur zeit des ersten tempels27. Zu dem, so lst auß der Ju-
den alten rechten offenbar, das 'zu zeiten des ersten tempels^ bey dem leben28 ver-
botten gewesen, ausserhalb gedachter satzung Deuteronomn auch des abgestorbnen
bniders weib zehaben29.
Nun ist noch dise frag zuuor, Ob nach gothchem wort vnd naturlichem gesatz em
vermähelete dochter des breütgams Eheweib sey oder nicht vor der Ehehchen bey-
wonung. Darauff ist etlicher antwurt, das vilra geisthche recht, kayserhche satzung
vnd gemeiner brauch der richter ein vnderscheyd darzwischen haben30, auch m ge-
i) korr. aus: Mose.
]—j) von Wolfgang Capito vor den linken Rand geschneben und eingewiesen.
k—k) übergescbr. und eingewiesen.
1—l) von Wolfgang Capito vor den linken Rand geschrieben und eingewiesen.
m) übergeschr. für gestr.: etliche.

20. Das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken erstreckte sicb damals auch auf die Herrschaften Lützel-
stein (mit dem Amt Lichtenberg), Selz und Bischweiler lm Nordelsaß und Rappoltstein (Rappolts-
weiler) lm Westen von Colmar; vgl. Winkler, Pfälzischer Geschichtsatlas, Karte 18.
21. Personen verwandtschaftlichen Grades.
22. sc. vom Naturgesetz.
23. gewissermaßen.
24. verschuldet.
25. Vgl. Lev 18,1-3.16.24-25.
26. Lev 18,16.
27. Der Tempel Salomos wurde 587 v. Chr. zerstört.
28. unter Androhung von Todesstrafe.
29. Hier propziert Bucer wohl eine erst seit dem Mittelalter bestehende Bestimmung m die Zeit
des ersten Tempels zurück. Vgl. unten Anm.44.
30. Zur Begründung der Ehe durch den leiblichen Vollzug derselben vgl. oben S. 541, Anm. 8.
 
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