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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Wilhelmi, Thomas [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 16): Nachträge 1531 - 1541 — Gütersloh, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30653#0214
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210 9. augsburger kirchenordnung

auf Dauer für die Stadt gewonnen werden, wie es sich der dortige Rat gewünscht
hätte, aber er zögerte nicht, durch zum Teil längere Aufenthalte ¹ tatkräftig am Aufbau
evangelischer Strukturen in Augsburg mitzuarbeiten. Freilich machte die heillose
Zersplitterung ² innerhalb der evangelischen Bewegung in Augsburg Bucers
kirchenorganisatorische Arbeit zu einem äußerst mühsamen Unterfangen. Die
Mehrheit der Augsburger Prediger hing einem oberdeutsch-zwinglianischen Abendmahlsverständnis
an; es gab aber unter ihnen sehr unterschiedliche Ausprägungen
dieser Grundtendenz ³ sowie eine keineswegs einheitliche Haltung zu Spiritualisten
wie etwa Kaspar Schwenckfeld ⁴ . Zusätzlich belastend war die Tatsache, daß
die Minderheit von Anhängern Luthers unter den Predigern ⁵ sich mit der restlichen
evangelischen Predigerschaft in offenem Streit befand. ⁶ Obwohl Bucer hohes
Ansehen in Augsburg genoß, gelang es ihm im Laufe der 1530er Jahre nicht, das Verständnis
der dortigen Prediger für seine Vermittlungsversuche im Abendmahlsstreit
zu wecken. Sogar Bonifatius Wolfhart ⁷ , ein ursprünglich von Bucer empfohlener
Prediger, bezog offen Stellung gegen den Straßburger Reformator, als dieser Konkordienvorschläge
unterbreitete, die Wolfhart als den Wittenbergern zu weit entgegenkommend
empfand. ⁸ Zur gleichen Zeit schöpfte Luther anhand der Situationsberichte,
die er von seinen Augsburger Anhängern erhielt, den Verdacht, daß die

Bucers Katechismus vom Dezember 1537 (BDS 6,3, S.175–223) auch für Augsburg als Kompromißvorschlag
gedacht, da ein solcher ihm tatsächlich von den Augsburger Predigern in Auftrag gegeben
worden war (Germann, Forster, S.198f.; Seebaß, Augsburger Kirchenordnung, S. 44). Auch
überliefert ist eine von Bucer am 17. Juni 1531 in Augsburg gehaltene Predigt (BDS 4, S.399–408).

1. Abgesehen von seiner Anwesenheit in Augsburg vom 23. Juni bis 19. September 1530 aus Anlaß
des dort tagenden Reichstages, war Bucer am 17. Juni 1531, vom 6. November bis 9. Dezember
1534, vom 26. Februar bis 22. April 1535, imMai1535, vom 6. bis 27. April 1536 und schließlich
vom 18. Mai bis 9. Juli 1537 in Augsburg (vgl. Seebaß, Bucer und Augsburg; Rott, Liste alphabétique,
S.97–100).

2. Ausführlich hierzu: Seebaß, Bucer und Augsburg, S. 486–489; ders., Augsburger Kirchenordnung,
S. 36 f.; de Kroon, Augsburger Reformation, S. 66–72; Schwarz, Augsburger Kirchenordnung.

3. Vor allem der Prediger an der Barfüsserkirche, Michael Keller (zu ihm vgl. unten S. 219,
Anm.5), galt als kompromißloser Zwinglianer (vgl. de Kroon, Augsburger Reformation, S. 68f.).

4. Vor allem Bonifatius Wolfhart (zu ihm vgl. unten S.219, Anm.4) pflegte enge Kontakte zu diesem
spiritualistischen Laientheologen (vgl. Seebaß, Bucer und Augsburg, S. 487f.); zu Bucers
grundlegender Ablehnung von Schwenckfeld vgl. BDS 14, Nr.4, 5, 6, 8, 12 und 13.

5. Bei diesen handelte es sich um Johannes Frosch (in Augsburg von 1517 bis 1531), Urbanus
Rhegius (dort von 1520 bis 1530), Stephan Agricola (von 1525 bis 1531), Kaspar Huberinus (von
1525 bis 1544) und Johann Forster (von 1535 bis 1539); zu ihnen vgl. Seebaß, Bucer und Augsburg,
S.484 f. und 488f.; ders., Augsburger Kirchenordnung, S. 37–49; BDS 8, S.330, Anm. 1; BDS 10,
S.251, Anm.4; zur bedrängten Lage der Anhänger Luthers in Augsburg im allgemeinen vgl. Roth,
Augsburgs Reformationsgeschichte II, S. 7–144.
6. Vgl. Seebaß, Augsburger Kirchenordnung, S. 38f.; BDS 8, S.251–253 und 314–317.
7. Zu ihm vgl. unten S.219, Anm. 4.
8. Bucers Bereitschaft auf dem Tag zu Schweinfurt (vgl. oben S. 57–61), die Confessio Augustana
zu unterzeichnen, rief den Unwillen Wolfharts hervor. Er verfaßte am 12. Mai 1532 eine
scharfe, an die Straßburger adressierte Schrift (Edition in: Pollet I, S. 84–90); Bucer reagierte kurz
darauf mit einem umfangreichen, gutachtenartigen lat. Brief (Edition in: Pollet I, S. 91–122). Vgl.
hierzu de Kroon, Augsburger Reformation, S. 77 und Seebaß, Bucer und Augsburg, S.486.
 
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