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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Wilhelmi, Thomas [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 16): Nachträge 1531 - 1541 — Gütersloh, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30653#0318
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314 14. ›judenratschlag‹ (abweichende fassung)

Stellung der Juden in Hessen gibt Ernst-Wilhelm Kohls in der Einleitung zu seiner
Edition ausführliche Informationen ¹ .

Wer diese erheblichen Veränderungen des Textes vorgenommen hat, läßt sich
nicht eruieren. War es Bucer, der seinen im November 1538 in Marburg verfaßten
und zu Beginn des Jahres in Straßburg 1539 erstmals im Druck erschienenen Text im
Laufe des ersten Halbjahres 1539 ² auf Wunsch Philipps von Hessen oder dessen
sechs führenden hessischen Theologen ³ nachträglich redigiert hat? Wahrscheinlicher
ist, daß die zu Beginn des Textes neben Bucer genannten hessischen Theologen
den Wortlaut aus eigenem Antrieb oder auf Geheiß Philipps und seiner landgräflichen
Kanzlei dieser tiefgreifenden Änderung unterzogen haben. Wenig wahrscheinlich
ist hingegen, daß Wigand Lauze, der Chronist, den Text, den er in der landgräflichen
Kanzlei vorgefunden haben dürfte, inhaltlich verändert hat.

Wigand Lauze, geboren um 1495 in Homberg/Efze (Niederhessen), studierte in
Erfurt die Artes liberales, wurde dort humanistisch geprägt und lernte den späteren
hessischen Hofkanzler Johann Feige ⁴ kennen. 1529 wurde er Gemeindevorsteher
in Treysa und verließ wegen Streitigkeiten über die Stadtverfassung 1535 den Ort.
1537 trat er in den Dienst der landgräflichen Kanzlei in Kassel und stand dort im
Rang unmittelbar hinter dem Kanzler Feige. 1539 verließ er auf eigenen Wunsch
diese Stellung und wurde Verwalter der Landeshospitäler Haina, Merxhausen und
Hofheim. 1543 gab er diese Stellung wieder auf. Danach verlieren sich die Spuren.
1561 ist er in Homberg nachzuweisen. Verstorben ist er in der Zeit zwischen 1564
und 1569. ⁵

Vermutlich in den Jahren 1542 bis 1561 verfaßte Lauze seine zweiteilige, in Annalenform
geführte hessische Chronik, für die er zahlreiche historische Werke benutzte.
Der erste Teil dieser Chronik beginnt nach der alttestamentlichen Sintflut
bei dem fabelhaften Ascennas, der den Zunamen Thuisco trug und angeblich der erste
Hessenkönig war. Der zweite Teil (›Leben und Thaten Philipp Magnanimi‹) umfaßt
die Zeit der Regierung Philipps von Hessen von Beginn im Jahre 1518 bis zum
Jahr 1561. Philipps Leben und Wirken werden hier kenntnisreich und positiv dargestellt.
Für diesen zweiten Teil der Chronik benutzte Lauze umfangreiche Materialien
nicht zuletzt auch aus der landgräflichen Kanzlei und gab einige dort vorhan-

1. BDS 7, S.321–341. Ergänzend dazu vgl. Greschat, Bucer, S. 180–183 (1.Aufl.: S. 166–168).
2. Die endgültige hessische Judenordnung, die aus vierzehn kurzgefaßten Artikeln besteht (Edition
in: BDS 7, S.391–393), wurde etwa im Sommer 1539 erlassen. Vgl. dazu BDS 7, S.334.

3. Diese hatten den von Bucer im November 1538 verfaßten Ratschlag Anfang Dezember mitunterzeichnet.
Der Ratschlag wurde der landgräflichen Kanzlei in Kassel übergeben und von dieser
am 17. Dezember 1538 dem Landgrafen übergeben. Die Theologen werden in der in BDS 7 wiedergegebenen
Fassung am Ende des Ratschlags neben Bucer ebenfalls genannt (S. 360); in der von
Lauze überlieferten Fassung erscheinen sie neben Bucer zu Beginn des Textes.

4. Johann Feige (1482–1543) leitete von 1518 bis zu seinem Tod die Kanzlei des Landgrafen Philipp
von Hessen. Lenz, Art. Feige, Johann, in: ADB 6 [1877], S. 600–602; Heinemeyer, Art. Feige
von Lichtenau, Johann, in: NDB 5 [1961], S.55 f.

5. Zu Wigand Lauze vgl. Lenz, Art. Lauze, Wigand, in: ADB 18 [1883], S. 80f.; Philippi, Art.
Lauze, Wigand, in: NDB 13 [1982], S.743; Art. Lauze, Wigand, in: Deutsche Biographische Enzyklopädie
6 [1997], S. 274; Pistor, Zur Lebensgeschichte Wigand Lauzes.
 
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