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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Wilhelmi, Thomas [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 16): Nachträge 1531 - 1541 — Gütersloh, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30653#0335
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14. ›judenratschlag‹ (abweichende fassung)

331

Zum Funfften, daß der Tribut ¹ , so man jhnen wolte aufflegen, nach jhrem vermögen
solte gemeßiget ² werden, Damit man sie nicht, wie biß anher an manchen
orth geschehen, wie die Schwammen gebrauchte, das ist, wen sie das geld von den
Armen an sich gezogen, haben es darnach etliche Oberherren zu sich genommen
und jhnen die Beutel wieder geleeret. ³
Vom Sechßten und Siebenden wäre zu vor genugsahm gesagt.
Diese Antwort jn allen stücken und Puncten hielten benente Predicanten ᵐ für
wahr Christlicher und Göttlicher Schrifft gemeß und weren der auch, so viel de Jure
gefragt würde, aller dinge eins. Wen man aber de facto fragen wolte, ob die Juden

m) im Wort korr.

1. Schutzpfennig.
2. veranschlagt. Lexer 1, Sp.2067.
3. Vgl. zur Stelle selbst und zum Gesamtzusammenhang Bucers Darlegungen in seinen ›Dialogi
oder Gesprech ...‹ (Augsburg 1535; Bucer-Bibliographie 69), Bl. S3a/b (Edition in: BDS 6,2,
S. 153,11 –S.154,4):

»Fridlieb: Erstlich werden die Christlichen obren alle, die in der gemainschafft Christi nye gewesen,
darzu halten, das sy das hailig Euanglii Christi doch auch hören, wie es dann solle allen creaturen
gepredigt werden. Zum anderen, wenn sy das gehöret und doch verachten und in irem unglauben
offenlieh verharren, werden sy inen dannocht verhelfen, das sy sich mit ir aigen arbeit on
anderer leüt Schaden neeren und inen arbait und nutzliche arbeit zu treyben, nit abstricken, wie
yetz gemainlich den Juden beschicht, die man aber dagegen lasset die armen leüt mit irem Wucher
gentzlich verderben.

Hartmut: Das tauget aber den Herren. Wenn dise schwammen wassers genug an sich gezogen, so
truckens die Herren auß.

Fridlieb: Das ist aber wider das natürlich recht, welches ye außweiset, das man allem, das lebt,
auch sein narung gunne, und das dermassen, das anderen dadurch genutzet und nicht geschadet
werde, wie yetz durch Juden beschicht, die man nit laßt etwas nutzlichs arbaiten und sich damit
neeren und gestattet inen aber dagegen, den armen lewtten iren schwaiß mit dem wucher außzusaugen.

Hartmut: Nun, die narung mit nützlicher | arbait zu gewinnen, solle man den ungleubigen, so bey
uns wohnen, nit abstricken, wie solle man sy aber weyter halten?

Fridlieb: Zum dritten, so solle man inen kain lesterung oder ainig abziehen von Christlicher leere
und leben, auch kain offenliche abgötterey oder falschen Gotsdienst gestatten. Dann ye kain grösser
ergernuß geben werden mag dann mit worten oder wercken am rechten Gottesdienst verhinderen.
Hartmut: Wie aber des burgerlichen haltens halb?
Fridlieb: Weyl sy des saligen Christlichen burgerrechts nit wöllen, sollen sy auch aller ehrlicher
ämpter und gemainschafft des burgerlichen wesens nach vermög der Kaiserlichen rechten beraubet
sein und als die verworfnen und verachten allain in dem, das die aufenthalt ires ellenden lebens erfordert,
geduldet werden. Doch das den frummen, gotsförchtigen leüten nit verbotten sey, solche
verächter götlicher gnaden durch besondere freündtschafft und gutthaten zum Christlichen leben
anzureitzen.«

Vgl. auch Bucer in seinem Römerbriefkommentar (›Metaphrases enarrationes perpetuae epistolarum
D. Pauli Apostoli ...‹, Straßburg: Wendelin Rihel, 1536; Bucer-Bibliograpie 76), S. 448: »... Iterum
monemur, quam longe aliter habendi nobis sint Iudaei, atque habentur apud nos passim. Alibi
enim prorsus non feruntur, alibi ferunt quidem, sed obnoxii quorumuis et contumeliis et iniuriis:
Iustas et frugi artes exercere non permittuntur, quo vel ad perniciosas artes, vel ad necessitatem
exercendi foeneris, quo pauperes nostros misere exigunt, compelluntur, cumque ditati fuerint, despoliantur
a tyrannis, quibus scilicet sunt spongiarum vice . ..«.
 
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