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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 8): Abendmahlsschriften 1529 - 1541 — Gütersloh, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.29834#0160
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i56

ABENDMAHLSBEKENNTNIS JOHANNES SEEGERS

seien. Seeger wollte freilich nicht einer grob verstandenen »natürlichen« Präsenz das
Wort reden. Nicht die äußerlichen Eigenschaften eines Leibes meint er, sondern das
Wesen an sich, »on welche leib nitt leib noch blut blut seyn kan«1. Die schlichten
Einsetzungsworte Christi selbst, so wie die Evangelisten und Paulus sie in ihren je-
weiligen Abendmahlsberichten wiedergeben, verbürgen ihm die Unbestreitbarkeit
und Unwiderlegbarkeit dieser Behauptung.
Den Einwand, daß die von ihm gebrauchten Worte »wesentlich« und »leiblich« in
den biblischen Abendmahlsberichten nicht zu finden seien, entkräftet Seeger unter
Hinweis darauf, daß sie keine fremde Deutung hineinbrächten, sondern den selbst-
verständlichen Sinn der Einsetzungsworte Christi erläuterten. Schließlich sei es ab-
surd anzunehmen, daß Leib und Blut Christi auf eine Art und Weise gegenwärtig
seien, die nicht wesentlich und leiblich sei, denn »wa sye vnleiblich vnd vnweselich
weren, da weren sye auch nitt mehr leib vnd blut«2.
Die leibliche Gegenwart Christi im Abendmahl begründet Seeger auch mit dem
Unterschied zwischen Altem und Neuem Bund. In klarer Polemik gegen die Ten-
denz der Zwinglianer, die Sakramente des Neuen Testaments anhand der Analogie
zu Beschneidung und Passafest im Alten Testament zu interpretieren, wertet Seeger
letztere als bloße Figuren und Zeichen eindeutig ab. Es sei für den Neuen Bund ge-
rade kennzeichnend, daß Christus sich uns nicht mehr durch leere Symbole, »son-
der mitt dem leib vnd wesen selbs«3 mitteile.
Seeger legt sodann die für das Abendmahl relevanten Bibelstellen Lk 22,19-20,
I Kor 10,16, 11,27 und 11,29 in einem Sinne aus, der die Identität der Abendmahls-
elemente mit Leib und Blut Christi zwingend macht. Letztlich kommt es für Seeger
darauf an, dem Wort Gottes mehr zu glauben als menschlicher Vernunft und
menschlichen Sinnen. Die können nicht fassen, daß Brot und Wein Leib und Blut
Christi sein könnten. Er wolle aber nicht glauben, was seine Vernunft ihn lehre, son-
dern was ihm sein Herr und Meister Jesus Christus sage. Seeger schreckt vor der
drastischen Formulierung nicht zurück: »wa ichs nitt thü, so bin ich kain Christ«4.
Im dritten und letzten Abschnitt [62r-66r] seines Bekenntnisses befaßt sich Seeger
mit der Unterscheidung zwischen der leiblichen (manducatio corporalis) und der
geistlichen Nießung (manducatio spintualis) des Leibs und Bluts Christi. Seine Aus-
führungen zielen darauf, im Sinne Luthers nachzuweisen, daß die von den Zwinglia-
nern und Bucer gerne herangezogene Bibelpassage Joh 6,26-63 nichts mit dem
Abendmahl zu tun habe. Joh 6 sei kein Abendmahlstext, sondern eine Predigt, die
ausschließlich vom geistlichen Essen, d.h. vom Glauben im allgemeinen handelt.
Dieses geistliche Essen sei von allen Christen zu allen Zeiten selbstverständlich zu
praktizieren, denn wenn sie nicht glaubten, wären sie keine Christen.
Das leibliche Essen sei dagegen ein auf das Abendmahl beschränkter Vorgang.

1. Vgl. unten S. 170,6f.
2. Vgl. unten S. 179,3 f.
3. Vgl. unten S. 176,12.
4. Vgl. unten S. 191,19b
 
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