Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 8): Abendmahlsschriften 1529 - 1541 — Gütersloh, 2004

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29834#0298
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
294 6. GUTACHTEN FÜR DIE ZÜRCHER PREDIGER 1538
Die Versammlung eidgenössischer Gesandter in Zürich hatte den Zweck, eine ge-
meinsame Antwort auf Luthers wichtigen Brief an die Schweizer evangelischen
Orte vom i. Dezember 1537 zu erarbeiten.1 Dieser Brief2 Luthers war von über-
raschender Milde und Freundlichkeit den Schweizern gegenüber.3 Anstatt der frü-
her gewohnten barschen Töne ließ der Wittenberger Reformator verlauten, daß er
durchaus an die Möglichkeit einer Abendmahlskonkordie mit den Eidgenossen
glaube. Er meinte in dem ihm zugeschickten Bekenntnis der Zürcher Synode vom
24. Oktober 15 364 sogar viele theologische Gemeinsamkeiten mit der eigenen Auf-
fassung vom Wort Gottes, von der Taufe und vom Schlüsselamt (vgl. Mt 16,19)
feststellen zu können.5 Was die noch bestehenden Unterschiede im Abendmahls-
verständnis betreffe, »so sei das itzt das beste«, so Luther, »daß wir gegenander
freundlich sein und immer das beste zu einander versehen, bis das glum6 und trüb
Wasser sich setze«7. Er legte den Schweizern ans Herz, sich den Vermittlungsbe-
mühungen Bucers und Capitos bei der Ausgleichung der noch vorhandenen Diver-
genzen anzuvertrauen.
Freilich läßt Luthers fast gleichzeitiger Brief an Bucer vom 6. Dezember 1537® vie-
les vom oben Gesagten in einem anderen Lichte erscheinen. In ihm gibt der Witten-
berger Reformator zu erkennen, daß er an der Confessio Helvetica Prior manches
auszusetzen habe, aber davon ausgehe, daß diese Meinungsverschiedenheiten sich
im Laufe der Zeit beheben ließen. Er habe nur deshalb so freundlich an die evangeli-
schen Orte geschrieben, weil er auf die von Bucer so eindrücklich geschilderten
Schweizer Zustände Rücksicht nehmen wollte.9
Bucer und Capito, die den Auftrag hatten, Luthers Brief vom 1. Dezember 153710
des Abendmahlsstreites, S. 25-149. Der Abschnitt, der die Zürcher Tagsatzung betrifft und Bucers
Wortbeiträge ausführlich referiert, befindet sich auf den Seiten 76 bis 94 der Handschrift Stumpfs
(diesem entspricht Büsser, Beschreibung des Abendmahlsstreites, S. 110-130).
1. Es gab auch schwerwiegende außenpolitische Gründe, die eine Beratung über einen mög-
lichen Zusammenschluß der Schweizer Reformierten mit den Lutheranern nahelegten: Die Alt-
gläubigen hatten am 2. Juni 1536 ein Konzil nach Mantua auf den 23. Mai 1537 ausgerufen (nach
mehreren Prorogationen scheiterte freilich dieses Konzilsprojekt im Mai 1539; vgl. Brockmann, Kon-
zilsfrage, S. 2 5 0-2 5 2); außerdem drohten die altgläubigen Fürsten Deutschlands 1538 mit der Bildung
einer militärischen Allianz (»Nürnberger Bund«), die auch für die Evangelischen in der Schweiz ne-
gative Konsequenzen hätte nach sich ziehen können (Strasser, Letzte Anstrengungen, S. 7).
2. WA Br 8, Nr. 3191,5.149-153. Hierbei handelte es sich um eine verspätete Antwort Luthers
auf das Schreiben der Schweizer Städte vom 12. Januar 1537 (WA Br 12, Nr.4268, S.241-261), in
welchem diese die Wittenberger Konkordie vom Mai 1536 abgelehnt und von Luther die Anerken-
nung des Ersten Helvetischen Bekenntnisses vom Februar 1536 als Grundlage für eine Abend-
mahlskonkordie gefordert hatten.
3. Vgl. Bizer, Studien, S. 208-211; Köhler, Zwingli und Luther II, S. 510L
4. Vgl.WABr 12, Nr.4268, S.247-261.
5. Vgl. WA Br 8, Nr. 3191, Z. 45-80 und 93-97-
6. unrein, trübe.
7. WA Br 8, Nr. 3191, S. 152,79b
8. WA Br 8, Nr. 3193, S. 157b
9. WA Br 8, S. 158,15-18; vgl. Bizer, Studien, S. 210.
10. Vgl. oben Anm. 1.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften