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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 8): Abendmahlsschriften 1529 - 1541 — Gütersloh, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.29834#0319
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7. GUTACHTEN ZUM AUGSBURGER ABENDMAHLSSTREIT I 538

315

Absage an jede Form von Spiritualismus enthielten.1 Nun war der Weg zu einer
Verständigung mit dem Wittenberger Reformator frei. Eine Gesandtschaft des
Augsburger Rates, die Luther im Juli 1535 aufsuchte, vermochte die guten Bezie-
hungen zwischen Wittenberg und Augsburg tatsächlich wiederherzustellen.2 Es
wurde sogar vereinbart, einen Wittenberger Prediger - in diesem Fall den gebürti-
gen Augsburger Johann Forster3 - nach Augsburg zu entsenden.4 Am 20. Januar
1536 konnte Augsburg in den Schmalkaldischen Bund aufgenommen werden.5
Forsters Ankunft in Augsburg führte aber zu einem erneuten Aufflammen der
alten Spannungen zwischen den dortigen Lutheranern und Zwinglianern. Bucer
mußte sich vom 6. bis zum 27. April 1536 ein weiteres Mal in der schwäbischen
Reichsstadt aufhalten, um zwischen beiden Parteien zu vermitteln. Anschließend
reiste er mit den Augsburger Vertretern nach Eisenach und dann nach Wittenberg,
wo die Verhandlungen stattfanden, die zur Abendmahlskonkordie mit Luther füh-
ren sollten.6
Ein erneuter Aufenthalt Bucers in Augsburg vom 18. Mai bis zum 9. Juli 1537
zum Zwecke der Formulierung einer Kirchenordnung7 machte dem elsässischen
Reformator eindrücklich klar, daß die Kluft zwischen der lutheranisierenden Frak-
tion um Johann Forster und Kaspar Huber8 und den Zwinglianern Michael Keller
und Bonifatius Wolfhart fast unüberbrückbar war. Nur mit Mühe konnte er eine
Kirchenordnung zustandebringen, die sowohl dem oberdeutsch-zwinglianischen
Charakter der Augsburger Reformation als auch den Anliegen der einflußreichen
lutherischen Minderheit9 gerecht wurde und somit die politisch notwendige Mit-
gliedschaft Augsburgs im Schmalkaldischen Bund sicherstellte.10
Bereits während Bucers Aufenthalt im Juli 1537 hätte Forster aufgrund seiner
»Todfeindschaft«11 mit Keller sein Augsburger Predigtamt zugunsten eines Lehr-
stuhls in Tübingen beinahe aufgegeben.12 Der Rat, der im Falle eines Weggangs For-
sters ein erneutes Zerwürfnis mit Luther zu befürchten hatte, überredete ihn mit
Hilfe Bucers zur Versöhnung mit Keller und zum Verbleib in Augsburg.13 Forster
blieb, beobachtete allerdings die Situation in der schwäbischen Reichsstadt mit Arg-
1. Bonifatius Wolfhart pflegte enge Kontakte mit dem Spiritualisten Kaspar von Schwenckfeld;
vgl. Seebaß, Bucer und Augsburg, $.4870
2. Roth, Augsburgs Reformationsgeschichte II, S. 247!. Die Augsburger Delegierten waren Ge-
reon Sailer (zu ihm vgl. oben S. 253, Anm. 10) und Kaspar Huber (zu ihm vgl. unten S. 330, Anm. 1).
3. Zu ihm vgl. unten S. 321, Anm. 3.
4. Vgl. WA Br 7, Nr. 2211 und 2212, S. 210-213; vgl. auch Roth, Augsburgs Reformationsge-
schichte II, S. 248-252; Seebaß, Bucer und Augsburg, S.488; Köhler, Zwingli und Luther II, S. 388f.
5. Greschat, Bucer, S. 124.
6. Seebaß, Bucer und Augsburg, S.488.
7. Hierzu ausführlich: Seebaß, Augsburger Kirchenordnung.
8. Zu ihm vgl. unten S. 330, Anm. 1.
9. Die Anhänger Luthers in Augsburg bildeten zwar eine drangsalierte Minderheit, aber der Rat
mußte aufgrund der eigenen politischen Bindungen zu Sachsen Rücksicht auf sie nehmen.
10. Vgl. Seebaß, Augsburger Kirchenordnung, S. 38-58 und ders., Bucer und Augsburg, S.490L
11. So Roth, Augsburgs Reformationsgeschichte II, S.433.
12. Vgl. Germann, Forster, S. 201.
13. Seebaß, Augsburger Kirchenordnung, S.48L
 
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