Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 8): Abendmahlsschriften 1529 - 1541 — Gütersloh, 2004

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29834#0336
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
332

. GUTACHTEN FUR JOHANNES COMANDER

Daß Johannes Comander den Straßburger Reformator mit präzisen Fragen zum
Abendmahl im Sommer 1539 herausforderte, überrascht nicht. Spätestens seit dem
Herbst 1537 verfolgte er Bucers Denken in dieser Frage äußerst kritisch, wie seine
polemischen Bemerkungen in einem Brief an Bullinger zeigen: »Die Papisten be-
haupteten, Christus selbst anzubeten und zu essen. Bucer aber und seine Anhänger
drängen uns eine sowohl ihm selbst als auch allen anderen unbekannte Mischung
auf. Es wundert mich sehr, wie es geschehen konnte, daß dieser Mann sich freiwillig
aus dem hellen Licht in die dunkle Finsternis zurückzog«1. Zwei Wochen später
äußerte er indirekt seinen Unwillen darüber, daß ein Abendmahlsbekenntnis Bucers
und Capitos von der Berner Herbstsynode angenommen worden war2.
Doch nicht nur Comanders Anfrage mag Bucer zu seinem ausführlichen Schreiben
veranlaßt haben. Der Straßburger Reformator hatte einen weiteren, sehr aktuellen
Anlaß, sich Bullinger zumindest indirekt zuzuwenden und seine Abendmahlsposi-
tion vor einem dem Zürcher Kirchenvorsteher nahestehenden Theologen wie Co-
mander3 zu verteidigen. Denn Bullinger hatte im September 1539 einen scharfen,
wenn auch versteckten Angriff gegen ihn gerichtet4. Der Zürcher Antistes machte
nämlich in der Vorrede5 zu einer von ihm herausgegebenen Abendmahlsabhand-
lung Joachim Vadians6 bissige Bemerkungen, die vielerorts - und nicht nur unter
Anhängern Bucers - als böswillige Anspielungen auf Bucer und Luther verstanden
wurden7. Bullinger selbst faßte Bucers Schreiben als eine indirekte Antwort auf ihn
auf, denn er bezeichnete es 1542 als »an Comander addressiert aber gegen mich ge-
schrieben«8.

1. Comander an Bullinger, 2. Oktober 1537: »Papistae Christum ipsum et adorandum et devo-
randum proponebant; Bucerus vero cum suis migma quoddam ipsimet et omnibus incognitum no-
bis obtrudit. Miror vehementer, quinam factum sit, ut vir ille tantus ex luce clara volens in Cimme-
rias tenebras secesserit« (Schieß, Bullingers Korrespondenz I, Nr. 8, S.9; Regest in HBBW VII,
Nr. 1049). Vgl. auch Jenny, Comander II, S. 81.
2. Comander an Bullinger, 16. Oktober 1537: »Literas tuas una cum Bernatum actione accepi
[...]. Nequeo satis mirari hominum inconstantiam« (Schieß, Bullingers Korrespondenz I, Nr.9,
S. 10; vgl. auch S. 11, Anm. 1; Regest in HBBW VII, Nr. 1037). Das betreffende Abendmahlsbe-
kenntnis ist in BDS 6,1 als Nr. 22, S. 294-297 ediert. Für eine ausführliche Darstellung des Berner
Abendmahlsstreits von 1537 sowie der von Bucer im September 1537 durchgeführten weitreichen-
den Eingriffe in den Berner Katechismus vgl. Henrich, Ein Berner »Kunzechismus«.
3. Comander hat im Laufe seines Lebens über 70 Briefe an Bullinger geschrieben (vgl. HBBW V,
S. 80, Anm. 1); Erörterungen über die Abendmahlsfrage nahmen in diesen Briefen breiten Raum ein
{Büsser, Komander, S. 382,26k).
4. Möglicherweise war die Replik auf Bullinger sogar der eigentliche Anlaß des Schreibens Bu-
cers.
5. Vgl. unten S.350, Anm. 3.
6. Zu ihm vgl. unten S. 394, Anm. 6.
7. So etwa der Konstanzer Johannes Zwick in seinem Brief an Bullinger vom 31. Oktober 1539
(HBBW IX, Nr.1325).
8. Vgl. unten S. 339, Anm. 1.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften