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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 8): Abendmahlsschriften 1529 - 1541 — Gütersloh, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.29834#0406
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402

9. BRIEF BUCERS AN DIE CHURER

fiehlt es sich, die Entstehung des Briefes an die Churer zwischen Oktober 1539 und
März 1541 anzusetzen.

2. Inhalt
Der Brief kann als eine an Luthers Gegner gerichtete captatio benevolentiae Bucers
zugunsten des Wittenberger Reformators beschrieben werden.
Bucer richtet seinen Brief an die Leser seiner wohl als selbständiges Schriftstück1
verfaßten Abendmahlsartikel2 und mahnt sie zur christlichen Wachsamkeit und
Besonnenheit. Vor allem ruft er sie dazu auf, Gottes Wort zu gehorchen, auf seine
Diener demütig zu hören und als Christen eine einheitliche Gesinnung und ein ein-
heitliches Reden anzustreben.
Bucer schildert dann eindrücklich Luthers Rolle als die eines von Gott berufenen
Apostels der Gegenwart, der die Menschen tapfer zum reinen Wort Gottes zurück-
geführt habe. Es gelte, das von Luther Gesagte und Geschriebene mit Demut und
Dankbarkeit anzuerkennen [437]. Es sei Satans Art, die von Gott auserwählten Leh-
rer dadurch unfruchtbar zu machen, daß er ihr Ansehen bei den Christen verdächtig
mache und ihren Ruf schädige. So sei es auch Paulus bei den Korinthern und Gala-
tern ergangen. Doch ohne Gottes Diener und Werkzeuge blieben die Christen von
seiner heilsamen Lehre ausgeschlossen. Durch die List des Satans würden solche
orientierungslosen Christen zu Irrlehren verführt und zu solch furchtbaren Entglei-
sungen wie dem mißglückten Täuferreich zu Münster verleitet.
Bucer ruft die Churer deshalb auf, vorsichtig zu sein und den von Gott gesandten
Lehrern die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Es gehe ihm nicht darum, Men-
schen höher als das Wort Gottes zu achten, sondern die Churer davor zu bewahren,
sich durch den Satan von der heilsamen christlichen Lehre abbringen zu lassen
[438]. Die unvoreingenommene Lektüre der Schriften Luthers werde sie überzeu-
gen, daß der Wittenberger Reformator sich allein an die Heilige Schrift halte und al-
les Heil nur bei Christus suche. Speziell im Hinblick auf die Abendmahlsfrage wür-
den sie feststellen, daß Luther Christus weder im Brot räumlich einschließen wolle
noch aus ihm eine »Bauchspeise« mache. Luther lehre das, was auch Christus sage:
daß nämlich im Abendmahl nicht nur Brot und Wein, sondern auch der Leib und
das Blut des Herrn empfangen werden.
Bucer gesteht, Luthers Schriften früher im Sinne einer grob materienhaften Ein-
schließung Christi im Abendmahlsbrot falsch verstanden zu haben. Als er aber des-
sen Schriften erneut gelesen und den Wittenberger Reformator vor allem selber
gehört habe, sei er zu der Überzeugung gelangt, daß Luther schriftgemäß vom

1. In diesem Band als Nr. 10, S. 418-4 5 6 ediert.
2. Er schreibt »allen, die diß mein bericht vom h[eiligen] nachtmal Christi lesen werden« (vgl.
unten S. 404,2!.).
 
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